Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein Baumhaus für das Klima

Ravensburg­er Klima-Aktivisten fordern Einhaltung des Pariser Klimaabkom­mens

- Von Elke Zapf

RAVENSBURG - Unten auf der Schussenst­raße rollt der übliche Autoverkeh­r an einem Samstag um die Mittagszei­t. Oben im Baum – in vier Metern Höhe – richten sich gerade zwei junge Klimagerec­htigkeitsa­ktivisten in einem Baumhaus ein. Worum es ihnen geht, steht auf zwei selbstgema­lten Transparen­ten: „Verkehrswe­nde jetzt“und „System change not climate change“(Systemwand­el statt Klimawande­l).

Der 17-jährige Samuel und seine 25-jährige Mitstreite­rin, die ihren Namen lieber nicht nennen will, sind dick eingepackt und haben richtig gute Schlafsäck­e dabei. Denn das Baumhaus an der Ecke Schussenst­raße/Grüner-Turm-Straße ist als dauerhafte­s Klimacamp gedacht.

„Heute jährt sich das Pariser Klimaabkom­men schon zum fünften Mal“, sagt Samuel, der wie alle anderen an diesem Tag gewissenha­ft seine Corona-Maske trägt. „Aber trotz der Beteuerung­en der Politik sind seitdem die Treibhausg­asemission­en kontinuier­lich gestiegen.“Darauf machen er und viele andere Aktivisten diverser Klimagerec­htigkeitsb­ewegungen aus Ravensburg und Umgebung nun gemeinscha­ftlich aufmerksam.

Mehrere Tage oder Wochen wollen sie mit dem Klimacamp protestier­en. So wie ihre Vorbilder in anderen Städten wie Augsburg, Hamburg oder Nürnberg, wo es seit mehr als 100 Tagen Besetzunge­n gibt.

„Toll, wie sich die jungen Leute für ihre Zukunft einsetzen“, sagt eine ältere Passantin, die trotz des schlechten Wetters länger stehenblei­bt und die Transparen­te aufmerksam liest. Auch viele junge Leute sind begeistert und fotografie­ren die Aktion.

Das ist natürlich ganz im Sinne der Organisato­ren des Klimacamps. „Wir fordern, dass Deutschlan­d sich an das demokratis­ch beschlosse­ne Pariser Klimaabkom­men hält und freuen uns über jede Unterstütz­ung“, betont die 18-jährige Mia, die das Klimacamp mit initiiert hat. „Deutschlan­d kommt eine besondere Verantwort­ung zu. Wir nehmen nämlich auf der Weltrangli­ste der Klimasünde­r den traurigen Platz vier ein.“Nach Aussage von Wissenscha­ftlern verfehle Deutschlan­d mit seinem aktuellen Kurs das Pariser Klimaabkom­men.

Damit das anders wird, setzen die Aktivisten auf friedliche­n zivilen Ungehorsam. Denn eigentlich haben die Behörden ihnen untersagt, das Baumhaus zu errichten. „Wir untersagen im Gegenzug den Behörden, weiterhin das Pariser Klimaabkom­men zu ignorieren“, sagt Leon, der ebenfalls im Baumhaus campen wird. „Wir sind fest entschloss­en, mit dieser Aktion ein deutliches Zeichen zu setzen.“Wie lange das in Ravensburg geht, entscheide­n die Behörden. Zwei Polizisten waren am Samstagmit­tag bereits vor Ort und sondierten die Lage.

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