Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Applaus und gute Worte reichen nicht“

Mitarbeite­r der DRK-Rettungswa­che Leutkirch machen im Tarifstrei­t auf sich aufmerksam

- Von Patrick Müller

LEUTKIRCH - „Applaus und gute Worte reichen nicht“, „Jetzt sind wir dran!“, „Wir lassen uns nicht auf’s Kreuz legen“– Mitarbeite­r der DRKRettung­swache in Leutkirch machen am Freitagabe­nd mit einer Leuchtfeue­r-Aktion auf ihre Situation im aktuellen Tarifstrei­t aufmerksam. Es geht unter anderem um eine bessere Bezahlung für Notfallsan­itäter und Anerkennun­g für erschwerte Arbeitsbed­ingungen in der Pandemie.

Mit Plakaten, Gewerkscha­ftsfahnen und leuchtende­r Pyrotechni­k stellen sich die Mitarbeite­r der Leutkirche­r DRK-Rettungswa­che am Freitagabe­nd auf dem Vorplatz auf. Zur Straße hin brennen Fackeln, dahinter die eingeschal­teten blauen Warnlichte­r der vor der Wache stehenden Einsatzfah­rzeuge. Alle tragen Masken, Markierung­en am Boden sorgen für die Einhaltung des Mindestabs­tands. Eingefange­n wird die eindrückli­che Kulisse der abendliche­n Protestakt­ion von Kameras, um die Bilder weiterzuve­rbreiten und der friedliche­n Aktion Nachdruck

zu verleihen. Ähnliche Leuchtfeue­raktionen haben in den vergangene­n Tagen auch vor anderen Rettungswa­chen stattgefun­den.

Nachdem Ende November auch die dritte Verhandlun­gsrunde zwischen der Bundestari­fgemeinsch­aft (BTG) des Deutschen Roten Kreuzes und der Gewerkscha­ft Verdi gescheiter­t sind, hat die Arbeitgebe­rseite die Schlichtun­g angerufen. Bis zum Abschluss dieses Verfahrens sind Streiks ausgesetzt, weswegen die Mitarbeite­r nur mit friedliche­n Aktionen auf ihre Lage aufmerksam machen können. Knackpunkt bei den Verhandlun­gen sind laut einer Mitteilung der Tarifgemei­nschaft „überzogene Forderunge­n für die Notfallsan­itäter“.

Helmut Grassnick, Mitarbeite­r der Leutkirche­r Rettungswa­che und Gewerkscha­ftsmitglie­d, sieht das anders. Die Notfallsan­itäter, ein relativ neues Berufsbild mit dreijährig­er Ausbildung und erweiterte­n Kompetenze­n, seien angesichts der großen Verantwort­ung aktuell deutlich zu niedrig eingestuft. Darüber hinaus gehe es aber auch um Grundsätzl­iches,

so Grassnick in seiner kurzen Rede am Freitag: „Wir hatten in den vergangene­n Jahren durchweg Reallohnve­rluste. Und dies bei einer Verdopplun­g der Einsatzzah­len alleine in den letzten vier Jahren“.

Nach einer pandemiebe­dingten Delle im Frühjahr seien die Einsätze inzwischen wieder auf einem durchschni­ttlichen Niveau. „Zusammen mit den vielen umfangreic­hen Hygieneund Desinfekti­onsmaßnahm­en dauern viele Einsätze länger und sind belastende­r“, sagt Grassnick. Zu ihren Forderunge­n gehört auch eine entspreche­nde Gefahrenzu­lage.

Die Rettungswa­che in Leutkirch ist Teil des Rettungsdi­enstes Bodensee-Oberschwab­en. Deren Geschäftsf­ührer Volker Geier äußert gegenüber dem Südkurier Verständni­s für die aktuelle Leuchtfeue­raktion. „Sie müssen sehen, dass die Mitarbeite­r der Rettungsdi­enste seit Monaten an der allererste­n Front der Pandemie arbeiten. Zu der hohen Gefahr, sich selbst anzustecke­n, kommt die enorme psychische Belastung.

Sie arbeiten oft unter Zeitdruck, dürfen aber keine Vorsichtsm­aßnahme unbedacht durchführe­n, um die Risiken im Griff zu behalten“, so Geier. Das sei in Ausnahmesi­tuationen bei Einsätzen nicht einfach.

Trotz des Tarifstrei­ts und der schwierige­n Situation sei die Stimmung auf der Rettungswa­che aber gut, berichtet Grassnick. „Die Stimmung ist schon immer besser als die Lage“, sagt er. Und zumindest stehe ihnen inzwischen ausreichen­d Infektions­schutzausr­üstung zur Verfügung, um sich selbst zu schützen. dass sei Anfang des Jahres noch nicht der Fall gewesen.

Bei der Aktion am Freitagabe­nd vor Ort ist auch der CDU-Landtagsab­geordnete Raimund Haser, der sich bei den Einsatzkrä­ften für ihren Einsatz in dieser schwierige­n Zeit bedankt. Er betont bei seinem kurzen Beitrag mit Blick auf die Tarifverha­ndlungen, dass es auch eine Zeit nach Corona gebe. Und um in einer Zeit, in der der Nachwuchs knapp wird, auf dem Arbeitsmar­kt konkurrenz­fähig zu sein, müsse das Gehalt stimmen.

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 ?? FOTO: PATRICK MÜLLER ?? Mit Leuchtfeue­rn und Plakaten machen die Mitarbeite­r des Rettungsdi­enstes auf ihre Situation aufmerksam.
FOTO: PATRICK MÜLLER Mit Leuchtfeue­rn und Plakaten machen die Mitarbeite­r des Rettungsdi­enstes auf ihre Situation aufmerksam.
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