Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Tüftelei“weckt die Lust am Schaffen
Zwei Bastel-Werkstätten geben Kindern Raum, sich frei zu entfalten
RAVENSBURG - Im Jahr 2019 hatten 257 Kinder und Jugendliche an den „Tüftelei“-Aktionen der Kinderstiftung Ravensburg in zwei BastelWerkstätten teilgenommen. Künstler, Handwerker oder im Werken, Basteln und Tüfteln Erfahrene betreuten die Angebote. Aktuell bietet Anita Lang der „Tüftelei“im Integrations- und Familientreff Hofgarten in Aulendorf unter Corona-Auflagen jeden Freitagnachmittag interessierten Kindern spannendes Material. Die zweite Kreativwerkstatt beim Integrationszentrum Weingarten fällt zurzeit situationsbedingt dagegen aus.
In der Tüftelei Aulendorf finden sich freitags knapp zehn Kinder unterschiedlicher Herkunft ein. Anita Lang, von Beruf Grafikdesignerin, schwärmt davon, wie gut der geschützte Freiraum den Kindern tut. „Manche kommen in Begleitung ihrer Geschwister, andere sind schüchtern, misstrauisch und sprechen erst gar nicht. Dann tauen sie auf“, beobachtete sie. Wenn die Kleinen das zur Verfügung stehende Material sehen, herrscht meist großes Staunen. „Unser Bastelmaterial, Pfeifenputzer etwa, kennen sie oft gar nicht“, bemerkte die Betreuerin. Beim kreativen Schaffen setzt sie auch gern auf Wiederverwertung. Von Milchtüten über Klopapierrollen bis zu Holzresten ist alles dabei. „Natürlich brauchen wir auch Farben und andere Dinge, die Geld kosten“, sagte sie.
Roswitha Kloidt, die das Projekt Kinderstiftung unter dem Dach der Caritas leitet, erklärte das Konzept: „Die Kreativwerkstatt will Erfindergeist wecken, freies Werken ermöglichen sowie das Ausleben der Leidenschaft fürs eigene Schaffen.“Papier, Holz, Glas, Draht, Stoffe, Ytong-Steine, Farben und Werkzeuge wie Hammer, Säge und Zange stehen in der „Tüftelei“zur Verfügung. Damit können Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren etwas ausprobieren, schaffen, bauen und malen. Sie erfahren dabei ihre geistigen und handwerklichen Fähigkeiten und entfalten sie. Begleitet und angeleitet werden die jungen Menschen von einer Fachkraft und am Thema interessierten Ehrenamtlichen.
„Ein sechsjähriger Junge arbeitete zur Überraschung seiner Eltern regelmäßig konzentriert an seinem Werk, obwohl er sonst unter einem Aufmerksamkeitsproblem litt“, erzählte Betreuerin Anita Lang. Bei einem Achtjährigen fiel ihr auf, wie kraftvoll er sich mit seinen Händen ausdrückte. Bei einem anderen war die feinmotorische Begabung erstaunlich. „In den Ferien fanden regelmäßig die „Naturchecker“statt, bei der die Kinder den nahe gelegenen Wald erkundeten und für ihr Schaffen Brauchbares sammelten“, ergänzte Roswitha Kloidt. Die Tüftler entwickeln eigene
Ideen und setzen sie mit ihren Händen um.
Neben der Förderung der motorischen und kognitiven Fähigkeiten erleben die Kinder und Jugendlichen Gemeinschaft. Projektleiterin Kloidt betonte, dass die Begegnung zwischen den Kulturen mit ein Ziel der „Tüftelei“sei. „Das gemeinsame handwerkliche Tun hilft dabei,
Sprachbarrieren zu überwinden“, erklärte sie. „Die Kinder sprechen zwar untereinander manchmal in ihrer Muttersprache, wir sprechen aber Deutsch miteinander“, merkte Anita Lang an. „Wir packen auch Pakete für die Kinder“, betonte Roswitha Kloidt. „Damit wir in Kontakt bleiben und die Kinder auch zu Hause basteln können.“