Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Corona-Impfungen voraussichtlich noch vor Weihnachten
EU-Zulassung wohl am 21. Dezember – Stiko-Chef Mertens lobt das Vorgehen
BERLIN/AMSTERDAM/ULM - Zu Beginn des verschärften Corona-Lockdowns in Deutschland wächst die Hoffnung, dass der EU noch vor Weihnachten ein Corona-Impfstoff zur Verfügung steht. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) kündigte am Dienstag in Amsterdam an, sie werde am 21. Dezember ihr Gutachten über die Zulassung des Impfstoffs von Pfizer und Biontech vorlegen – acht Tage früher als geplant. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sprach in Berlin von einer „guten Nachricht“für die EU. In Großbritannien, den USA und Kanada ist das Vakzin schon mit Notzulassungen auf dem Markt. „Wir arbeiten rund um die Uhr für die Zulassung des ersten Covid-19-Impfstoffes“, sagte EMA-Direktorin Emer Cooke nun am Dienstag.
Zuvor hatte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, betont: „Die Lage ist so ernst, wie sie noch nie war in dieser Pandemie.“Die Infektionszahlen in Deutschland verharren auf hohem Niveau. Dass sich im Moment so viele Menschen infizieren ist nach Wielers Worten das „Ergebnis von Sorglosigkeit einiger Menschen“. Über alle Altersgruppen hinweg beobachtet das RKI die Entwicklung mit Sorge: Mit 12 000 bis 29 000 Neuinfektionen pro Tag lägen die Fallzahlen im Dezember deutlich höher als im November, führte Wieler aus.
Spahn setzt derweil auf baldige Impfungen, die aber mit wachsenden Mengen an Impfstoffen erst schrittweise ausgeweitet werden könnten. Ziel sei, eine Impfstoff-Zulassung vor Weihnachten zu erreichen und noch vor dem Jahreswechsel mit dem Impfen zu beginnen, sagte er in Berlin – vor der Mitteilung der EMA. Er verteidigte es, keine Notfallzulassung zu machen, sondern ein reguläres Verfahren zu absolvieren. Dies sei wichtig für das Vertrauen in die Impfstoffe. In der EU habe man ein gemeinsames Vorgehen vereinbart.
Unterstützung erhielt er von Thomas Mertens, dem Vorsitzenden der Ständigen Impfkommission (Stiko). „Angesichts der vielfältigen Kritik an der Impfung, einer zu schellen Zulassung in Deutschland und den Ängsten in der Bevölkerung ist es nur schwer verständlich, dass jetzt auf eine Notfallzulassung gedrängt wird“, sagte der Ulmer Virologe der „Schwäbischen Zeitung“. Die Zulassung sollte den normalen Prüfkriterien entsprechen. „Ich halte es für einen großen Erfolg der Politik, dass zunächst die Impfstoffbeschaffung und Verteilung in der EU gemeinsam organisiert wurde“, erklärte Mertens. Niemand könne sich „ernsthaft wünschen, dass innerhalb der EU noch Konkurrenzsituationen entstehen“.