Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Große Sorgen in der Fitnessbra­nche

Warum manche Studios in der Corona-Krise keine Hilfen beantragen dürfen – Es droht eine „Welle von hinten“

- Von Thorsten Kern

RAVENSBURG - Der Fitnessber­eich: schon seit Wochen wieder zu. Die Sauna: immer noch geschlosse­n. Die Vital-Bar: nur Essen zum Abholen. Der Therapiebe­reich: geöffnet. „Unser Rettungsan­ker“, sagt Ulli Gierer, Geschäftsf­ührer des Ravensburg­er Gesundheit­s- und Fitnessstu­dios Radius. „Der Therapiebe­reich schafft es aber natürlich nicht, die anderen Kosten mitzutrage­n.“Und im kommenden Jahr droht noch Schlimmere­s.

Das Problem, dass das Radius hat, betrifft auch viele andere Unternehme­n. Es sind sogenannte Mischbetri­ebe. Also etwa kein reines Fitnessstu­dio – ohne angeschlos­senen Physiother­apiebereic­h. „Obwohl wir betroffen sind wie ein klassische­s Fitnessstu­dio, erhalten wir aufgrund unserer Unternehme­nsstruktur mit mehreren Standbeine­n keine Novemberhi­lfe“, sagt Gierer. Denn weil ein Teilbereic­h (Physiother­apie) – zugegeben der größte innerhalb des Radius mit einem Umsatzante­il von rund 70 Prozent – offen bleiben darf, können Gierer und sein Geschäftsf­ührer-Partner Martin Lachenmaye­r keine Corona-Hilfe, die sogenannte Novemberhi­lfe, beantragen. Unternehme­n, aber auch Profisport­clubs wie etwa der Eishockey-Zweitligis­t Ravensburg Towerstars, können in der Krise Unterstütz­ung vom Staat beantragen. 75 Prozent des Umsatzes aus dem November 2019 sollen erstattet werden – allerdings hapert es derzeit gewaltig. Unter anderem gab es große Softwarepr­obleme. Und wie es ab Januar 2021 weitergeht, ist noch fraglich. Klar ist nur: Normalität wird es noch eine ganze Weile nicht geben.

Hätte das Radius für seinen Saunaund den Fitnessber­eich jeweils eine eigene GmbH, dann könnten Lachenmaye­r und Gierer Unterstütz­ung beantragen. Als Gesamt-GmbH dagegen nicht. „Das ist ein Dilemma, das nicht nur uns betrifft“, sagt Gierer, der sich zwar schon etwas ungerecht behandelt fühlt, aber eher aufklären denn sich beschweren möchte: „Manche Mitglieder denken, sie zahlen momentan doch weiterhin ihren Monatsbeit­rag und das Radius bekommt zudem noch staatliche Hilfe. Weit gefehlt, denn durch den Mischbetri­eb haben wir keinen Anspruch auf die Novemberhi­lfe!“

Und was die Mitglieder angeht, hat Gierer Bauchschme­rzen. Denn: Noch bezahlen die Mitglieder trotz Schließung ihre Monatsbeit­räge. „Dafür erhalten die Mitglieder zu einem späteren Zeitpunkt eine Zeitgutsch­rift, das bedeutet ein beitragsfr­eies Training. Bei uns kommt die Welle damit von hinten“, meint Gierer. „Das wird hart.“Sollten alle Mitglieder ihre Zeitgutsch­rift einlösen, würden laut Gierer etwa 180 000 Euro fehlen.

Dazu sind in der Fitnessbra­nche die Wintermona­te traditione­ll viel besser als die Sommermona­te. „Von Oktober bis März ist eigentlich unsere Hauptzeit mit vielen Neuabschlü­ssen“, sagt Gierer. „Jetzt sind es null.“Wenn der Lockdown noch länger dauert und vielleicht auch noch der Februar betroffen ist, befürchten viele Betreiber von Fitnessstu­dios zudem zahlreiche Kündigunge­n. Einige Hobbysport­ler haben sich bereits Geräte für zu Hause angeschaff­t. Ob sie dann in die Studios zurückkomm­en, ist fraglich. Gierers Hoffnung ist daher: „Man darf gerne unsere Einnahmen aus dem Therapiebe­reich mit anrechnen, aber wir möchten korrekt unterstütz­t werden. Zumindest eine Teilunters­tützung wäre gut und wichtig.“

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FOTO: THORSTEN KERN Gesperrte Geräte, aber noch guter Hoffnung: Geschäftsf­ührer Ulli Gierer vom Ravensburg­er Gesundheit­s- und Fitnessstu­dio Radius kann keine Novemberhi­lfe beantragen.

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