Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Höhere Eintrittspreise, teurere Mittagessen
Einige Einsparmaßnahmen werden den Bürgern wehtun – Bäder und Schulen betroffen
WEINGARTEN - Dank der Erhöhung der Grundsteuern, der Absenkung der Kreisumlage und des Finanzausgleichs des Landes ist es der Stadt Weingarten aller Voraussicht nach gelungen, dem Regierungspräsidium Tübingen (RP) einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen. Doch auch Einsparmaßnahmen in verschiedensten Bereichen spielen eine wichtige Rolle. So sollen bis 2024 insgesamt 1,7 Millionen Euro eingespart werden. Allerdings werden die Maßnahmen viele Bürger ganz konkret betreffen – und schmerzen. Ein Überblick.
Weniger Leistungen und eigener Strom: Kultur- und Kongresszentrum Mit insgesamt 510 000 Euro an Einsparungen bis einschließlich 2024 rechnet die Stadtverwaltung beim Kultur- und Kongresszentrum Oberschwaben (Kuko). Während im kommenden Jahr noch nichts eingespart werden kann, steigen die Beträge von 100 000 Euro (2022) über 170 000 Euro (2023) auf 240 000 Euro (2024). So will die Kämmerei mit einer sogenannten umsatzsteuerlichen Organschaft erhebliches Geld einsparen. Auch soll der Aufwand im Bereich der Leistungen und beim Service reduziert, das Marketing stärker aktiviert und Photovoltaikanlagen auf dem Dach installiert werden. Durch letztere Maßnahme könnte das Kuko den Strom vom eigenen Dach nutzen. Allerdings ist noch offen, ob die Anlagen dem Eigenbetrieb gehören sollen oder die Dachflächen verpachtet werden. Weiterer Aspekt: Statik und Wirtschaftlichkeit werden aktuell noch geprüft.
Höhere Eintrittspreise und kürzere Öffnungszeiten: Bäder Und auch beim zweiten hochdefizitären städtischen Eigenbetrieb, den Bädern, soll sich etwas ändern. Während die Neugestaltung des steuerlichen Querverbundes zwischen Hallenund Freibad wie auch die Übernahme vieler Leistungen in Eigenregie nur die wenigsten Besucher interessieren würde, wird es mit Blick auf steigende Eintrittspreise und möglicherweise verkürzte Öffnungszeiten besonders interessant. Während Letzteres erst noch geprüft werden muss, sind die Eintrittspreise schon recht konkret. So wird der Eintritt in die Bäder bereits im kommenden Jahr um 20 Cent, in die Sauna gar um 90 Cent erhöht. Und damit nicht genug. Im Jahr 2023 werden diese Erhöhungen erneut draufgeschlagen. Jährlich will die Stadt den Haushalt durch diese verschiedenen Maßnahmen jeweils um 60 000 beziehungsweise 80 000 Euro entlasten, was bis Ende 2024 in der Summe 280 000 Euro ausmachen würde.
Teurere Mittagessen in den Schulmensen
Rund 35 000 Euro sollen bis 2024 durch die Anhebung der Preise für die Mittagessen in den Schulen zusätzlich eingenommen werden. Aktuell kostet ein Essen für die Kinder vier Euro, künftig werden es 4,50 Euro sein. Dabei fällt die Erhöhung um 50 Cent noch moderat aus. Der Stadt entstehen pro Essen Kosten (Einkauf und Personal) von 6,40 Euro. Das will die Stadt den Eltern aber nicht zumuten. Auch soll geprüft werden, ob beim Einkauf oder Personal noch Geld gespart werden kann.
Geschwisterkinder im Kindergarten zahlen künftig mehr Teurer wird es für manch eine Familie auch an anderer Stelle. So müssen Eltern mit mehr als drei Kindern für den Kindergarten künftig für das vierte Kind zehn Euro mehr pro Monat zahlen als bisher. Ganz wichtig dabei: Bislang zahlen die Eltern aktuell umso weniger Gebühren, je mehr Geschwisterkinder unter 18 Jahren es gibt.
Das verdeutlicht ein Beispiel ganz gut. So muss eine Familie mit einem dreijährigen Kind aktuell 130 Euro im Monat an Kita-Gebühren zahlen. Gibt es ein Geschwisterkind unter 18 Jahren, sind es nur noch 100 Euro im Monat. Bei zwei Geschwisterkindern sind es noch 67 Euro, und bei drei Geschwisterkindern gerade einmal noch 22 Euro im Monat. Und genau der letzte Betrag soll nun auf 32 Euro angehoben werden. Dabei geht es der Verwaltung letztlich auch um eine gewisse Gerechtigkeit zwischen den Familien.
„Es ist zwar richtig und wichtig, kinderreiche Familien zu unterstützen – dies sollte jedoch im nachvollziehbaren Rahmen sein“, heißt es in der Sitzungsvorlage des Gemeinderates, die so auch am Montag beschlossen wurde. Jährlich sollen nun 8000 Euro mehr in der Stadtkasse landen, sodass in der Summe bis 2024 insgesamt 32 000 Euro hinzukommen. Die SPD hatte diesbezüglich einen Antrag gestellt, die Maßnahme zu streichen. Allerdings wurde dieser mit großer Mehrheit vom Gemeinderat abgelehnt.
Schulbuslinie „Vorderer Ochsen“fährt nun seltener
Abermals trifft eine Konsolidierungsmaßnahme die Schüler. So wird die Schulbuslinie „Vorderer Ochsen“– die über die Vintschgau-, die Burach-, die Hoyer- und die Corbellinistraße
sowie die Marienkirche, Blumenau, das Schulzentrum, die Evangelische Stadtkirche, die Post, die Konrad-Huber-Straße und den Longinusbrunnen fährt – künftig nur noch fünfmal am Tag unterwegs sein. Bisher fuhr die Linie achtmal am Tag. Allerdings wurden die Fahrten am Nachmittag – laut Verwaltung – kaum genutzt. Außerdem sollen die Tarife um je 2,50 Euro pro Monatsticket angepasst werden. In der Summe spart sich die Stadt so etwa 90 000 Euro bis ins Jahr 2024. Jährlich sind es rund 22 500 Euro.
Wichtig dabei: Die Stadt ist nicht verpflichtet, diesen Schulbus anzubieten. Es ist ein freiwilliges Angebot zur Stärkung der Bildung. Die CDU hatte sogar gefordert, die Schulbuslinie gänzlich zu streichen, um sich jährlich weitere 22 600 Euro zu sparen. Allerdings lehnten die anderen Fraktionen diesen Antrag ab, genau wie den der SPD, die Taktung wie bisher beizubehalten.
Grünmüll wird nicht mehr abgeholt
Bemerkbar machen werden sich die Konsolidierungsmaßnahmen auch beim Thema Müll. So wird der Grünmüll in Zukunft nicht mehr zweimal im Jahr abgeholt, wie bislang üblich. Finanziert wurde das stets durch Aufwandsentschädigungen des Landkreises. Da diese aber vermehrt für die Beseitigung des illegal abgelegten Mülls eingesetzt werden müssen, reicht das Geld nicht mehr für die Grünmüllabholung. „Wenn wir das Problem mit dem wilden Müll nicht hätten, müssten wir das nicht streichen“, sagt Oberbürgermeister Markus Ewald. Und Kämmerer Daniel Gallasch fügt an: „Diese Bürger sind dafür verantwortlich.“
Derweil bleibt die Grünmüllannahmestelle in der Talstraße erhalten. Allerdings will die Verwaltung Bürger, die den Grünmüll aufgrund des Alters oder fehlender Mobilität nicht mehr alleine abgeben können, unterstützen. Finanziell spart sich Weingarten damit jährliche Kosten in Höhe von 10 000 bis 12 000 Euro was bis Ende 2024 rund 44 000 Euro ausmacht.
Studenten sollen einen Wohnsitz melden
Etwas mehr Geld in die städtische Kasse spülen sollen auch die Studenten.
Anscheinend gibt es viele Studenten, die in Weingarten studieren und hier eine Wohnung oder ein Zimmer haben, aber nicht gemeldet sind und auch keine Zweitwohnsitzsteuer zahlen. Doch würde die Stadt erheblich von der Meldung profitieren. Pro gemeldetem Einwohner bekommt Weingarten rund 1700 Euro an Zuweisungen. Allein 100 zusätzliche Bürger würden also knapp 170 000 Euro bringen.
Und genau deswegen wird fortan ein Steuerprüfer Studenten aufspüren, die nicht in Weingarten gemeldet sind, obwohl sie hier wohnen. Da die ersten Prüfungen wohl frühestens im Sommer 2021 stattfinden und etwaige Zuwendungen erst im Folgejahr ausbezahlt werden, werden sich die Auswirkungen wohl erst im Jahr 2022 bemerkbar machen. Das halbe Jahr 2021 sowie die Jahre 2022 und 2023 bringen dann bis Ende 2024 mindestens 295 000 Euro – vorausgesetzt, jedes Jahr melden sich 100 Studenten doch noch an.
Kunst soll verkauft werden
Noch kurioser wird es an anderer Stelle. So verfügt die Stadt Weingarten über eine gewisse Kunstsammlung, die sie über Jahrzehnte – meist im Rahmen von Kunstausstellungen in Weingarten – erworben hat. Nun soll ein Teil davon verkauft werden. Allerdings nur Stücke, die keinen Bezug zu Weingarten und der Region aufweisen und auch nicht irgendwo ausgestellt sind, sondern in Archiven weggepackt sind. Kämmerer Daniel Gallasch erhofft sich so Erlöse in Höhe von 100 000 Euro.
Stadtmarketing, Städtepartnerschaft und Literaturveranstaltungen Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von weiteren Maßnahmen bis ins Jahr 2024, wie die Gebührenerhöhung in der Obdachlosenunterkunft (insgesamt 121 000 Euro) oder die Anpassung von Verwaltungsgebühren (insgesamt 95 000 Euro). Bei letzterem werden schlichtweg die steigenden Personalkosten auf die Antragsteller umgelegt. Auch ein steuerlicher Querverbund der städtischen Tiefgaragen (insgesamt 45 000 Euro), der Rücklauf von Zuschüssen an das Stadtmarketing, welches wegen der Corona-Pandemie weniger Aktionen veranstalten konnte (insgesamt 42 000 Euro), oder aber die Reduzierung des Personaleinsatzes bei den Städtepartnerschaften (insgesamt 38 000 Euro) – fortan will man stärker auf das Ehrenamt setzen – sollen positive Effekte bringen.
Außerdem wird sich die Stadt komplett aus den Literaturveranstaltungen zurückziehen (insgesamt 45 000 Euro), den Kassenschalter für den Publikumsverkehr abschaffen (insgesamt 20 000 Euro) und mit weiteren kleineren Maßnahmen, wie beispielsweise der Anpassung der Marktgebühren oder durch den Austritt aus Organisationen (insgesamt 33000 Euro) weiteres Geld sparen.