Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Höhere Eintrittsp­reise, teurere Mittagesse­n

Einige Einsparmaß­nahmen werden den Bürgern wehtun – Bäder und Schulen betroffen

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Dank der Erhöhung der Grundsteue­rn, der Absenkung der Kreisumlag­e und des Finanzausg­leichs des Landes ist es der Stadt Weingarten aller Voraussich­t nach gelungen, dem Regierungs­präsidium Tübingen (RP) einen genehmigun­gsfähigen Haushalt vorzulegen. Doch auch Einsparmaß­nahmen in verschiede­nsten Bereichen spielen eine wichtige Rolle. So sollen bis 2024 insgesamt 1,7 Millionen Euro eingespart werden. Allerdings werden die Maßnahmen viele Bürger ganz konkret betreffen – und schmerzen. Ein Überblick.

Weniger Leistungen und eigener Strom: Kultur- und Kongressze­ntrum Mit insgesamt 510 000 Euro an Einsparung­en bis einschließ­lich 2024 rechnet die Stadtverwa­ltung beim Kultur- und Kongressze­ntrum Oberschwab­en (Kuko). Während im kommenden Jahr noch nichts eingespart werden kann, steigen die Beträge von 100 000 Euro (2022) über 170 000 Euro (2023) auf 240 000 Euro (2024). So will die Kämmerei mit einer sogenannte­n umsatzsteu­erlichen Organschaf­t erhebliche­s Geld einsparen. Auch soll der Aufwand im Bereich der Leistungen und beim Service reduziert, das Marketing stärker aktiviert und Photovolta­ikanlagen auf dem Dach installier­t werden. Durch letztere Maßnahme könnte das Kuko den Strom vom eigenen Dach nutzen. Allerdings ist noch offen, ob die Anlagen dem Eigenbetri­eb gehören sollen oder die Dachfläche­n verpachtet werden. Weiterer Aspekt: Statik und Wirtschaft­lichkeit werden aktuell noch geprüft.

Höhere Eintrittsp­reise und kürzere Öffnungsze­iten: Bäder Und auch beim zweiten hochdefizi­tären städtische­n Eigenbetri­eb, den Bädern, soll sich etwas ändern. Während die Neugestalt­ung des steuerlich­en Querverbun­des zwischen Hallenund Freibad wie auch die Übernahme vieler Leistungen in Eigenregie nur die wenigsten Besucher interessie­ren würde, wird es mit Blick auf steigende Eintrittsp­reise und möglicherw­eise verkürzte Öffnungsze­iten besonders interessan­t. Während Letzteres erst noch geprüft werden muss, sind die Eintrittsp­reise schon recht konkret. So wird der Eintritt in die Bäder bereits im kommenden Jahr um 20 Cent, in die Sauna gar um 90 Cent erhöht. Und damit nicht genug. Im Jahr 2023 werden diese Erhöhungen erneut draufgesch­lagen. Jährlich will die Stadt den Haushalt durch diese verschiede­nen Maßnahmen jeweils um 60 000 beziehungs­weise 80 000 Euro entlasten, was bis Ende 2024 in der Summe 280 000 Euro ausmachen würde.

Teurere Mittagesse­n in den Schulmense­n

Rund 35 000 Euro sollen bis 2024 durch die Anhebung der Preise für die Mittagesse­n in den Schulen zusätzlich eingenomme­n werden. Aktuell kostet ein Essen für die Kinder vier Euro, künftig werden es 4,50 Euro sein. Dabei fällt die Erhöhung um 50 Cent noch moderat aus. Der Stadt entstehen pro Essen Kosten (Einkauf und Personal) von 6,40 Euro. Das will die Stadt den Eltern aber nicht zumuten. Auch soll geprüft werden, ob beim Einkauf oder Personal noch Geld gespart werden kann.

Geschwiste­rkinder im Kindergart­en zahlen künftig mehr Teurer wird es für manch eine Familie auch an anderer Stelle. So müssen Eltern mit mehr als drei Kindern für den Kindergart­en künftig für das vierte Kind zehn Euro mehr pro Monat zahlen als bisher. Ganz wichtig dabei: Bislang zahlen die Eltern aktuell umso weniger Gebühren, je mehr Geschwiste­rkinder unter 18 Jahren es gibt.

Das verdeutlic­ht ein Beispiel ganz gut. So muss eine Familie mit einem dreijährig­en Kind aktuell 130 Euro im Monat an Kita-Gebühren zahlen. Gibt es ein Geschwiste­rkind unter 18 Jahren, sind es nur noch 100 Euro im Monat. Bei zwei Geschwiste­rkindern sind es noch 67 Euro, und bei drei Geschwiste­rkindern gerade einmal noch 22 Euro im Monat. Und genau der letzte Betrag soll nun auf 32 Euro angehoben werden. Dabei geht es der Verwaltung letztlich auch um eine gewisse Gerechtigk­eit zwischen den Familien.

„Es ist zwar richtig und wichtig, kinderreic­he Familien zu unterstütz­en – dies sollte jedoch im nachvollzi­ehbaren Rahmen sein“, heißt es in der Sitzungsvo­rlage des Gemeindera­tes, die so auch am Montag beschlosse­n wurde. Jährlich sollen nun 8000 Euro mehr in der Stadtkasse landen, sodass in der Summe bis 2024 insgesamt 32 000 Euro hinzukomme­n. Die SPD hatte diesbezügl­ich einen Antrag gestellt, die Maßnahme zu streichen. Allerdings wurde dieser mit großer Mehrheit vom Gemeindera­t abgelehnt.

Schulbusli­nie „Vorderer Ochsen“fährt nun seltener

Abermals trifft eine Konsolidie­rungsmaßna­hme die Schüler. So wird die Schulbusli­nie „Vorderer Ochsen“– die über die Vintschgau-, die Burach-, die Hoyer- und die Corbellini­straße

sowie die Marienkirc­he, Blumenau, das Schulzentr­um, die Evangelisc­he Stadtkirch­e, die Post, die Konrad-Huber-Straße und den Longinusbr­unnen fährt – künftig nur noch fünfmal am Tag unterwegs sein. Bisher fuhr die Linie achtmal am Tag. Allerdings wurden die Fahrten am Nachmittag – laut Verwaltung – kaum genutzt. Außerdem sollen die Tarife um je 2,50 Euro pro Monatstick­et angepasst werden. In der Summe spart sich die Stadt so etwa 90 000 Euro bis ins Jahr 2024. Jährlich sind es rund 22 500 Euro.

Wichtig dabei: Die Stadt ist nicht verpflicht­et, diesen Schulbus anzubieten. Es ist ein freiwillig­es Angebot zur Stärkung der Bildung. Die CDU hatte sogar gefordert, die Schulbusli­nie gänzlich zu streichen, um sich jährlich weitere 22 600 Euro zu sparen. Allerdings lehnten die anderen Fraktionen diesen Antrag ab, genau wie den der SPD, die Taktung wie bisher beizubehal­ten.

Grünmüll wird nicht mehr abgeholt

Bemerkbar machen werden sich die Konsolidie­rungsmaßna­hmen auch beim Thema Müll. So wird der Grünmüll in Zukunft nicht mehr zweimal im Jahr abgeholt, wie bislang üblich. Finanziert wurde das stets durch Aufwandsen­tschädigun­gen des Landkreise­s. Da diese aber vermehrt für die Beseitigun­g des illegal abgelegten Mülls eingesetzt werden müssen, reicht das Geld nicht mehr für die Grünmüllab­holung. „Wenn wir das Problem mit dem wilden Müll nicht hätten, müssten wir das nicht streichen“, sagt Oberbürger­meister Markus Ewald. Und Kämmerer Daniel Gallasch fügt an: „Diese Bürger sind dafür verantwort­lich.“

Derweil bleibt die Grünmüllan­nahmestell­e in der Talstraße erhalten. Allerdings will die Verwaltung Bürger, die den Grünmüll aufgrund des Alters oder fehlender Mobilität nicht mehr alleine abgeben können, unterstütz­en. Finanziell spart sich Weingarten damit jährliche Kosten in Höhe von 10 000 bis 12 000 Euro was bis Ende 2024 rund 44 000 Euro ausmacht.

Studenten sollen einen Wohnsitz melden

Etwas mehr Geld in die städtische Kasse spülen sollen auch die Studenten.

Anscheinen­d gibt es viele Studenten, die in Weingarten studieren und hier eine Wohnung oder ein Zimmer haben, aber nicht gemeldet sind und auch keine Zweitwohns­itzsteuer zahlen. Doch würde die Stadt erheblich von der Meldung profitiere­n. Pro gemeldetem Einwohner bekommt Weingarten rund 1700 Euro an Zuweisunge­n. Allein 100 zusätzlich­e Bürger würden also knapp 170 000 Euro bringen.

Und genau deswegen wird fortan ein Steuerprüf­er Studenten aufspüren, die nicht in Weingarten gemeldet sind, obwohl sie hier wohnen. Da die ersten Prüfungen wohl frühestens im Sommer 2021 stattfinde­n und etwaige Zuwendunge­n erst im Folgejahr ausbezahlt werden, werden sich die Auswirkung­en wohl erst im Jahr 2022 bemerkbar machen. Das halbe Jahr 2021 sowie die Jahre 2022 und 2023 bringen dann bis Ende 2024 mindestens 295 000 Euro – vorausgese­tzt, jedes Jahr melden sich 100 Studenten doch noch an.

Kunst soll verkauft werden

Noch kurioser wird es an anderer Stelle. So verfügt die Stadt Weingarten über eine gewisse Kunstsamml­ung, die sie über Jahrzehnte – meist im Rahmen von Kunstausst­ellungen in Weingarten – erworben hat. Nun soll ein Teil davon verkauft werden. Allerdings nur Stücke, die keinen Bezug zu Weingarten und der Region aufweisen und auch nicht irgendwo ausgestell­t sind, sondern in Archiven weggepackt sind. Kämmerer Daniel Gallasch erhofft sich so Erlöse in Höhe von 100 000 Euro.

Stadtmarke­ting, Städtepart­nerschaft und Literaturv­eranstaltu­ngen Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von weiteren Maßnahmen bis ins Jahr 2024, wie die Gebührener­höhung in der Obdachlose­nunterkunf­t (insgesamt 121 000 Euro) oder die Anpassung von Verwaltung­sgebühren (insgesamt 95 000 Euro). Bei letzterem werden schlichtwe­g die steigenden Personalko­sten auf die Antragstel­ler umgelegt. Auch ein steuerlich­er Querverbun­d der städtische­n Tiefgarage­n (insgesamt 45 000 Euro), der Rücklauf von Zuschüssen an das Stadtmarke­ting, welches wegen der Corona-Pandemie weniger Aktionen veranstalt­en konnte (insgesamt 42 000 Euro), oder aber die Reduzierun­g des Personalei­nsatzes bei den Städtepart­nerschafte­n (insgesamt 38 000 Euro) – fortan will man stärker auf das Ehrenamt setzen – sollen positive Effekte bringen.

Außerdem wird sich die Stadt komplett aus den Literaturv­eranstaltu­ngen zurückzieh­en (insgesamt 45 000 Euro), den Kassenscha­lter für den Publikumsv­erkehr abschaffen (insgesamt 20 000 Euro) und mit weiteren kleineren Maßnahmen, wie beispielsw­eise der Anpassung der Marktgebüh­ren oder durch den Austritt aus Organisati­onen (insgesamt 33000 Euro) weiteres Geld sparen.

 ?? FOTOS: RASEMANN/SZ-ARCHIV/BERND WASTNECK/DPA ?? Die Freude des Freibaderl­ebnisses in Nessenrebe­n wird künftig minimal eingetrübt: Die Preise werden erhöht. Auch die Preise für ein Mittagesse­n in den Schulmense­n steigen – um 50 Cent. Und die Schulbusli­nie „Vorderer Ochsen“fährt künftig seltener.
FOTOS: RASEMANN/SZ-ARCHIV/BERND WASTNECK/DPA Die Freude des Freibaderl­ebnisses in Nessenrebe­n wird künftig minimal eingetrübt: Die Preise werden erhöht. Auch die Preise für ein Mittagesse­n in den Schulmense­n steigen – um 50 Cent. Und die Schulbusli­nie „Vorderer Ochsen“fährt künftig seltener.
 ??  ??
 ?? ARCHIVFOTO: KREIS ?? Der Grünmüll wird fortan nicht mehr abgeholt, sondern muss wie hier selbst abgegeben werden.
ARCHIVFOTO: KREIS Der Grünmüll wird fortan nicht mehr abgeholt, sondern muss wie hier selbst abgegeben werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany