Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kleine Schanze, große Chance
Agnes Reisch springt beim Weltcup-Auftakt in Ramsau
Andreas Bauer ist niemand, der Dinge ins Blaue hinein prognostiziert. Der Oberstdorfer hat einen reichen Erfahrungsschatz als Skispringer und Skisprungtrainer; mit dem deutschen Weltcup-Team der Frauen geht er in seinen zehnten Winter als verantwortlicher Coach. Zu hoher fachlicher Kompetenz gesellt sich bei ihm stets die Wertschätzung des Menschen hinter dem Sportler, der Sportlerin – Andreas Bauer schaut genau hin, ehe er urteilt.
So auch jetzt, da die Frage den Jungen gilt in dem Sextett, das beim Saisonauftakt an Donnerstag (Qualifikation 17 Uhr) und Freitag (erster Wertungsdurchgang 15.40 Uhr) in Ramsau am Dachstein den Deutschen Skiverband (DSV) vertritt: Anna Rupprecht, Luisa Görlich, Selina Freitag und Agnes Reisch. Die 21-Jährige vom WSV Isny, das hat der Bundestrainer bei den diversen Sprunglehrgängen unter Corona-Bedingungen seit Ende Juli beobachtet, „macht einen wesentlich gefestigteren Eindruck als im letzten Jahr“. In Weite manifestiert hat sich das bei den Deutschen Meisterschaften spät im Oktober, als die Allgäuerin mit Trainingsdomizil im Schwarzwald „mit ihrem dritten Platz toll aufgezeigt hat“. Andreas Bauer damals: „Ich bin für dieses Jahr ganz guter Dinge, weil Agnes auch als Persönlichkeit noch mal gereift ist. Sie macht einen sehr stabilen Eindruck, sie könnte auch jetzt schon eine feste Stütze werden im Weltcup-Team.“
Konstanz vorausgesetzt – die Agnes Reisch zumindest über Sommer und Herbst bewiesen hat. Beim DSVinternen Sichtungswettkampf sicherte sie sich den Startplatz für Ramsau endgültig, die Normalschanze dort (Hillsize 98 Meter) könnte der ideale Ort sein, um sich nachhaltig für weitere Weltcup-Aufgaben zu empfehlen. „Die Agnes“, sagte der Bundestrainer am Dienstag, „hat einen sehr, sehr kräftigen, starken Absprung, flugtechnisch gibt es noch das eine oder an- dere zu verbes- sern. Aber gerade auf den kleinen Schanzen wie in Ramsau hat sie ihre Möglichkeiten, gut in die Weltcup-Punkte zu springen.“
Eine, die dort regelmäßig vertreten ist, sieht das ähnlich: Katharina Althaus, derzeit die deutsche Skispringerin schlechthin, bestätigt den jüngeren Teamkolleginnen „richtig ’nen Schritt nach vorne“. Spannend werde nun, „zu sehen, ob sie das alles im Winter bringen können“. Zuletzt sei „gerade die Agnes schon sehr nah dran“gewesen.
Weltcup-Einsatz Nummer 27 dürfte einer der interessantesten werden für Agnes Reisch. Weiß sie. Sich weiß sie gut vorbereitet – „jetzt werden wir sehen, was dabei rauskommt“. (lin)