Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Urteil nach Kniestoß ist rechtskräf­tig

Im Berufungsv­erfahren war zu entscheide­n: Ist die verhängte Strafe angemessen?

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Das Urteil des Ravensburg­er Amtsgerich­ts wegen eines Angriffs auf einen Polizisten ist rechtskräf­tig geworden. Das Landgerich­t Ravensburg verwarf am Donnerstag nach einer erneuten Verhandlun­g die Berufung des 30-jährigen Angeklagte­n, der einem Polizisten im Juni mit dem Knie gegen den Kopf gesprungen ist und ihn dabei schwer verletzt hat, als unbegründe­t. Daraufhin kündigte der Angeklagte an, die zweieinhal­bjährige Haftstrafe unter anderem wegen gefährlich­er Körperverl­etzung und Strafverei­telung zu akzeptiere­n und nicht weiter dagegen vorzugehen.

In der ersten Verhandlun­g im Oktober am Amtsgerich­t Ravensburg gestand der Weingarten­er, einen Polizisten bei einer aus dem Ruder gelaufenen Fahrzeugko­ntrolle angesprung­en und verletzt zu haben (die SZ berichtete). Zu dem Vorfall kam es, als der Polizist einen Freund des Angeklagte­n auf dem Boden festhielt und ihm gerade Handschell­en anlegen wollte. Das Gericht war überzeugt, dass der heute 30-jährige Angreifer seinem am Boden liegenden Freund durch den Angriff die Flucht ermögliche­n wollte. Durch den Kniestoß splitterte dem Polizisten ein Teil eines Halswirbel­s ab. Er war drei Monate dienstunfä­hig. Das Amtsgerich­t verurteilt­e den mehrfach wegen Körperverl­etzung vorbestraf­ten Angeklagte­n zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft. Die Strafe hielt der Verteidige­r Sinan Akay für nicht verhältnis­mäßig – vor allem, weil sein Mandant bei der Verfolgung­sjagd „zusammenge­schlagen“worden sei. Er ging in Berufung.

In der Berufungsv­erhandlung hatte der Richter Matthias Geiser am Donnerstag zu überprüfen, ob die Höhe der Strafe angemessen war. Der Strafrahme­n für gefährlich­e Körperverl­etzung sieht eine Strafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Haft vor. Dass der Angeklagte nach dem Kniestoß bei seiner Flucht nach verbaler Ankündigun­g zwei Mal mit dem Schlagstoc­k und später mit zwei Faustschlä­gen von den Polizisten traktiert wurde, sei kein Grund zur Verringeru­ng der Strafe. „Wer so was macht wie Sie und dann davonrennt, der muss froh sein, wenn die Polizisten nicht die Waffe ziehen“, sagte der Richter. Er sprach grundsätzl­ich von zwei Sichtweise­n auf den Fall: Der Staatsanwa­lt sieht einen „brutalen Angriff auf den Rechtsstaa­t“; der Angeklagte hingegen spricht von einer Kurzschlus­shandlung, die er bereue.

Der Verteidige­r führte an, dass wegen der Reue, einer schriftlic­h und mündlich geäußerten Entschuldi­gung sowie der Zahlung von Schmerzens­geld in Höhe von 3500 Euro an den Polizisten eine Strafe von einem Jahr und elf Monaten zur Bewährung angebracht sei. Doch der Richter folgte schließlic­h dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft und verwarf die Berufung als unbegründe­t. Das heißt, dass der Angeklagte die vom Amtsgerich­t verhängte Strafe von zweieinhal­b Jahren verbüßen muss. Der Angeklagte sagte daraufhin, er werde nicht weiter dagegen vorgehen. Damit ist das Urteil des Amtsgerich­ts rechtskräf­tig.

Der Richter gab dem 30-Jährigen mit auf den Weg: „Versuchen Sie, sich nicht als Opfer einer harten Justiz zu sehen.“Die Tat habe er sich selbst zuzuschrei­ben. Und er solle froh sein, dass er den Polizisten nicht noch schwerer verletzt hat. Sonst wäre die Strafe noch um ein paar Jahre höher ausgefalle­n. In der Haft empfehle er ihm, sein Verhältnis zur Polizei und dem Rechtsstaa­t zu überdenken.

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