Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Streit um Förderung für Ganztagsschule bewegt Ravensburger Eltern
Agendagruppe „Schule neu denken“meldet sich zu Wort und schildert ein Beispiel aus der Weststadt
RAVENSBURG (sz/len) - Zum landespolitischen Streit um die Förderung der Ganztagsschulen in BadenWürttemberg hat sich die Ravensburger Agendagruppe „Schule neu denken“positioniert. Sie kritisiert Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) für ihre fehlende Zustimmung zu einer entsprechenden Bund-Länder-Vereinbarung (die SZ berichtete). Die Gruppe wünscht sich, dass Eisenmann einen Kompromiss findet und die derzeit zurückgehaltene Bundesförderung ins Land fließen kann, damit langfristig alle Schüler nicht nur betreut, sondern auch am Nachmittag unterrichtet oder beim Lernen unterstützt werden können. Das sei wichtig, um die Leistungen der Kinder zu verbessern, so die Agendagruppe.
15 Länder warten, dass Fördermittel von insgesamt 750 Millionen Euro an die Länder ausbezahlt werden. Bisher fließt das Geld nicht, weil sich Baden-Württemberg weigerte, die Bund-Länder-Vereinbarung zu dem Thema zu unterschreiben. Anlass für den geschilderten Streit: Die meisten Ganztagsangebote in Baden-Württemberg werden von den Kommunen organisiert – diese Besonderheit im Ländervergleich wird aber vom Bund nicht anerkannt und könnte deshalb nicht von den Bundesmitteln profitieren. Der Bund sorgt sich um die Qualität der kommunalen Betreuungsangebote, von denen wiederum Eisenmann die Bundespolitik überzeugen will. Inzwischen zeichnet sich allerdings eine Lösung ab.
Die Ravensburger Agendagruppe warf der Kultusministerin bisher vor, zu blockieren, „statt sich um die bestmögliche Betreuung und Bildung für die Schulkinder zu kümmern“. Die Gruppe plädiert für flächendeckenden Ganztagsunterricht. Die Ministerin vernachlässige Studien, die bewiesen, dass Ganztagsunterricht für alle Schülerinnen und Schüler die bestmögliche Chancengleichheit biete, so die Agendagruppe.
In einer Stellungnahme der Gruppe, die der SZ vorliegt, heißt es: „Frau Eisenmann bevorzugt die meist von kommunalen Trägern angebotenen Horte, die freiwillig und flexibel besucht werden können. Hauptaufgabe der Horte ist die Betreuung der anvertrauten Kinder und nicht die Bildungsvermittlung. Gemeinsame Qualitätsstandards
gibt es da nicht, wenn auch sicherlich Träger und Mitarbeitende ihr Bestes geben.“
Bezüglich des mangelnden Leistungsstandes beziehen sich die Verfasserinnen der Stellungnahme auf die sogenannte TIMMS-Studie, die das mathematische und naturwissenschaftliche Grundverständnis von Schülern erfasst. Ein Viertel der deutschen Schülerinnen und Schüler verfüge demnach allenfalls über elementares mathematisches Wissen, so die Agendagruppe: „Das nationale deutsche Konsortium der Studie fordert deshalb eine gezielte Unterstützung und Förderung der leistungsschwächsten, aber auch der leistungsstärksten Schülerinnen und Schüler.“
An der Weststadtschule in Ravensburg haben demnach Eltern die Wahl zwischen Halbtags- oder Ganztagsunterricht. „Aktuell gibt es eine Klasse, die im Halbtag unterrichtet wird, und zehn Klassen, die den Ganztagsunterricht wahrnehmen“, argumentiert die Gruppe. „Ganztagsunterricht kostet für die Eltern nichts, Hortbetreuung muss bezahlt werden. Auch das ist eine Benachteiligung für Kinder aus weniger wohlhabenden Familien.“