Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Stadt will Aktivisten zum Aufgeben bewegen
Klimaschützer besetzen Baum – Ravensburg soll Klimapolitik ändern
RAVENSBURG - Seit einer Woche halten Klimaaktivisten einen Baum in der Grünanlage in der Ravensburger Schussenstraße besetzt. Mit ihrem Camp in der Baumkrone wollen sie auf die Zerstörung der Natur und die aus ihrer Sicht falsch agierende Politik in der Klimakrise aufmerksam machen. Polizei und Stadt hielten sich bisher zurück. Die Verwaltung kündigte aber rechtliche Konsequenzen an.
„Der fünfte Jahrestag des Pariser Klimaabkommens ist verstrichen und wir befinden uns noch immer weit davon entfernt, Politik zu führen, die mit dem 1,5-Grad-Ziel übereinstimmt. Stattdessen werden Projekte finanziert, die schon lange nicht mehr zeitgemäß sind“, heißt es in einer Veröffentlichung der Aktivisten. „So wird im Moment in Hessen ein Jahrhunderte alter Mischwald
gefällt und wozu? Für eine Autobahn. Verkehrswende geht anders! Daher streiken wir. Im Dannenröder Wald und jetzt auch hier in Ravensburg!“
Die Aktivisten fragen: „Mit welchem Recht nimmt sich die Stadt Ravensburg heraus, ihr CO2-Restbudget um mehr als das Doppelte zu überschreiten?“Sie haben daher eine ganze Reihe (vorläufiger) Forderungen aufgestellt, unter anderem:
Damit Ravensburg seinen Anteil am Pariser Klimaabkommen einhalten kann, dürfe die Stadt nur noch 1,8 Millionen Tonnen CO2 emittieren. Die Stadt müsse daher verbindlich festschreiben, dieses Restbudget nicht zu überreizen, sich Jahreszwischenziele setzen und jährlich öffentlich über die Fortschritte Bericht erstatten.
Bis auf Liefer-, Taxi- und Anwohnerverkehr solle die Ravensburger Innenstadt zur autofreien Zone erklärt werden. Die dann nicht mehr benötigten Parkplätze sollen sinnvoll anders genutzt werden.
Es müsse mehr Radwege und Radschnellwege geben.
Die Bundesstraßen im Stadtgebiet sollen auf einspurig befahrbar zurückgebaut werden. Der öffentliche Nahverkehr müsse attraktiver werden.
Im Altdorfer Wald dürfe es keine Abholzung zugunsten des geplanten Kiesabbaus geben.
Nach Auskunft der Ravensburger Stadtverwaltung ist das Baumklimacamp nicht vorab angemeldet gewesen, wurde daher formal aufgelöst, besteht aber weiter. „Erster Bürgermeister Simon Blümcke, das Ordnungsamt und die Polizei waren dazu mehrfach im Kontakt mit den Demonstranten und haben versucht, sie zur Beendigung der Aktion zu bewegen“, sagt Alfred Oswald, Sprecher der Stadt Ravensburg. Leider seien die jungen Menschen bisher nicht darauf eingegangen. Oswald: „Rechtliche Konsequenzen sind deshalb unausweichlich.“Die Stadt bemühe sich weiterhin, die Aktivisten zu einer freiwilligen Beendigung der Aktion zu bewegen.
Ein von den Klimaaktivisten angekündigtes, großes Transparent quer über die Schussenstraße werde die Stadt aus Gründen der Verkehrssicherheit keinesfalls tolerieren, so der Pressesprecher.
Nicht zuletzt, so Alfred Oswald weiter, sei die Stadtverwaltung überrascht, dass diese Aktion gerade in Ravensburg stattfinde: „In der Stadt, die sich mit der Klimakommission und den im Herbst durch den Gemeinderat verabschiedeten Klimakonsens besonders ehrgeizige Ziele bei Klimaschutz und Nachhaltigkeit auferlegt hat.“In der Klimakommission seien auch Umweltverbände und Fridays for Future intensiv beteiligt gewesen.