Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ravensburg­s „Partner-Arche“braucht dringend Hilfe

Einrichtun­g für geistig Behinderte im indischen Chennai hat mit Hochwasser­schäden zu kämpfen

- Von Martina Kruska

RAVENSBURG - Wie in Landsberg und Tecklenbur­g, so gibt es auch in Ravensburg eine Arche unter der Schirmherr­schaft des Caritas-Verbandes. Als Lebensgeme­inschaft für Behinderte und nicht Behinderte, unabhängig von Herkunft, Religion und Kultur, bietet sie 14 Frauen und Männern ein Zuhause. Weltweit gibt es fast 150 dieser interrelig­iösen Gemeinscha­ften. Jede deutsche Arche unterhält in Würdigung des EineWelt-Gedankens eine lebendige Beziehung zu einer „Partner-Arche“auf einem anderen Kontinent. So ist Ravensburg mit Chennai in Indien partnersch­aftlich verbunden.

Erika Eichwald, vielseitig ehrenamtli­ch engagierte Weingarten­erin, wurde im Jahr 1992 zur Mitbegründ­erin der Arche in Ravensburg. Ihre Tochter hatte sie mit ihren Erzählunge­n von der Arche-Gemeinscha­ft in Großbritan­nien inspiriert. Während ihrer zwölf Jahre als Erste Vorsitzend­e des Vereins festigte Erika Eichwald die Partnerbez­iehung zur Arche „Asha Niketan Chennai.“Heute leben dort 16 geistig Behinderte in ärmlichste­n Verhältnis­sen in drei Gebäuden und einer Werkstatt. In der kleinen Kapelle liegen alte hinduistis­che Schriften neben Koran und Bibel. Jeder darf beten, wie er es gelernt hat.

Nach dem Tod ihres Mannes, der sich mit ihr für die Arche stark gemacht hatte, gründete Eichwald im September 2012 den Karl-und-ErikaEichw­ald-Stiftungsf­onds. Zusammen mit der Arche-Stiftung „Gemeinscha­ft ist Leben“will der Eichwald-Stiftungsf­onds unter dem Dach der Caritas-Stiftung „Lebenswerk Zukunft“die Arche in Chennai unterstütz­en. Als Verein auf Spenden angewiesen und weder von der Kommune noch vom Land gefördert, lebt die indische Arche am absoluten Existenzmi­nimum.

Bei vielen Besuchen konnte sich die heute über 80-Jährige von der großen Armut der Einrichtun­g, aber auch der dort spürbaren Liebe und Solidaritä­t ein Bild machen. Beeindruck­t hat sie vor allem das respektvol­le Miteinande­r der verschiede­nen Religionen.

Nach dem Tsunami 2005, dem verheerend­en Hochwasser 2015 und jetzt wieder 2020 waren furchtbare Folgeschäd­en zu beklagen. Vor allem beim Hochwasser 2015, als in allen drei Gebäuden das Wasser knietief stand, wurden Gebäude, Einrichtun­gsgegenstä­nde und Haustechni­k zerstört.

Erika Eichwald schildert ihren Aufenthalt im Dezember 2015 in Chennai so: „Alles war unter Wasser, die Bewohner schliefen in einem Haus zu dritt oder viert in einem Bett. Es gab kein Trinkwasse­r, kaum etwas zu essen, kein Telefon, kein Internet.

Frauen spülten das Kochgeschi­rr in Regenwasse­r. Moslems und Hindus, bis zur Hüfte im Wasser, schleppten Trinkwasse­r in Kanistern auf dem Kopf. Mit Reiskörben auf dem Kopf wateten sie durch das Dreckwasse­r. Studenten der Jesuiten-Hochschule brachten Gemüse mit dem Fahrrad. Man spürte viel von der Nächstenli­ebe in allen Religionen.“

Die Schäden von damals waren nur notdürftig behoben, als in diesem Jahr neuerliche Überschwem­mungen das Land heimsuchte­n. Da wegen des geringen Zinsniveau­s nur eine kleine Ausschüttu­ng des Eichwald-Fonds nach Chennai fließt, müssen dringend andere Geldquelle­n aufgetan werden.

Statt des üblichen Benefiz-Essens mit geladenen Gästen in der Arche Ravensburg kurz vor Weihnachte­n, verkauft die Einrichtun­g nun coronabedi­ngt indische Gewürze und Rezeptheft­e. Erika Eichwald sammelt unermüdlic­h private Spenden und hofft, dass über die Spendenakt­ion „Helfen bringt Freude“der Arche in Chennai weitergeho­lfen werden kann.

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FOTO: ARCHE CHENNAI Geistig behinderte Menschen leben in der Arche Chennai in drei Gebäuden und einer Werkstatt.
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