Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Nicht auf der Bühne, dafür im Fernsehen
Schauspieler des Dramatischen Vereins Biberach sind in einer SWR-Produktion zu sehen
BIBERACH - Das Silvesterstück des Dramatischen Vereins (Dram) Biberach fällt, wie ja vor einiger Zeit berichtet, coronabedingt aus. Wer einige Schauspieler des Dram aber dennoch in Aktion erleben möchte, sollte am 28., 29., und 30. Dezember um 18.15 Uhr jeweils das SWR-Fernsehen einschalten. Denn in der dreiteiligen Miniserie „Rauhnächte“wirken mehrere Biberacher mit. Zustande gekommen ist der Auftritt durch die Kontakte des SWR-Regisseurs Jo Müller zum Dram.
Die zwölf Nächte zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag gelten seit Urzeiten als Rauhnächte: eine Schwellenzeit zwischen Dunkel und Licht, Vergänglichkeit und Ewigkeit, Altem und Neuem. Vorchristliche und christliche Deutungen vermischen sich, und gerade im süddeutschen Raum hat sich ein starker Volksglaube gehalten: In dieser Zeit darf keine Wäsche aufgehängt werden, damit das Geisterheer der Verstorbenen sich nicht darin verfängt. Wer sich Haare und Fingernägel schneiden lässt, wird mit Kopfschmerzen bestraft, wer pfeifend aufsteht, muss Unglück fürchten. Eine Formel besagt, dass das Wetter während jeder einzelnen Rauhnacht Rückschlüsse auf das Wetter des nächsten Jahres zulässt. Alles ist aus der Ordnung geraten und so wurde einst bestimmt, dass es eine Zeit der Arbeitsruhe ist. Auch heute sind die Rauhnächte eine Zeit des Übergangs vom alten ins neue Jahr, eine Zeit der Rituale und Besinnung.
Die Rauhnächte erleben gerade jetzt im digitalen Zeitalter eine echte Renaissance. Tatsächlich boomen derzeit Räucherkurse oder Literatur über die Rauhnächte. Und gerade in diesem Jahr, in dem sich durch Corona viele ins Private zurückgezogen haben, erleben die Rauhnächte ein regelrechtes Comeback.
„Ich habe vor zwei, drei Jahren von den Rauhnächten und den damit verbundenen Traditionen und Sagen gehört“, erzählt Jo Müller. Vor etwa einem Jahr habe er dem SWR ein Konzept für einen Dreiteiler über die Rauhnächte angeboten und das Okay bekommen. „Das Ganze ist ein Mix aus kleinen Spielfilmchen mit Sagen und Märchen, Interviews und Reportagen“, erläutert der Regisseur.Jede Folge dauert 30 Minuten und wird aufgrund der Mischung aus Dokumentation und Spielszenen aus Dokufiction bezeichnet.
Wie kommt nun aber der Dram ins Spiel? „Ich habe vor drei Jahren für den SWR im Rahmen der Reihe ,Expedition in die Heimat’ in Biberach gedreht“, sagt Müller. Damals habe er bereits mit Schauspielern des Dram gedreht und sich mit dem Vorsitzenden Manfred Buck angefreundet. „Eigentlich hätte ich genügend Amateurbühnen bei mir in der Umgebung gehabt, die ich für die Produktion hätte engagieren können, aber der Dramatische Verein hat mich damals wirklich überzeugt“, sagt Müller. Deswegen habe er Manfred Buck gefragt, ob er und seine Schauspieler Lust auf Sagen und Märchengeschichten haben. Und das hatten die Biberacher. In einem Casting anhand von Fotos und Telefonaten habe er die Darsteller ausgewählt, die er für die Produktion haben wollte, sagt Müller. Gedreht wurde im Herbst dann in und um Herrenberg sowie hauptsächlich im Freilichtmuseum Beuren (Kreis Esslingen), wo es die entsprechenden alten Gebäude gab. Mit dabei waren auch professionelle Schauspieler wie Natalia Avelon, die man aus ihrer Rolle als Uschi Obermaier im Spielfilm „Das wilde Leben“kennt.
Erschwert wurden die Dreharbeiten durch die Corona-Verordnung, „aber es halt alles super geklappt“, sagt Jo Müller. Profis und Laiendarsteller seien toll miteinander umgegangen. „Der eine oder andere Biberacher hat sich auch Tipps von den Profis geholt.“Schließlich sei es ein Unterschied, vor einer Kamera zu agieren, wo bereits eine winzige Mimik genügt um den gewünschten Effekt zu erzeugen, oder auf einer großen Bühne, auf der man auch für die Zuschauer in der hintersten Reihe spielt.
Ob es eine weitere Zusammenarbeit mit dem Dram gibt? „Ich hoffe sehr, dass sich die Wege wieder einmal kreuzen“, sagt Regisseur Müller. „Wir sind bei den Dreharbeiten wirklich zusammengewachsen und hatten gute Gespräche.“