Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Neujahrsempfänge in den Gemeinden fallen aus
Doch es gibt Alternativen: von Sonderschriften in Baienfurt bis zur Online-Veranstaltung in Schlier
KREIS RAVENSBURG - Wegen der Corona-Pandemie werden auch die traditionellen Neujahrsempfänge auf den Landgemeinden ausfallen müssen. Die Veranstaltungen wurden in den vergangenen Wochen abgesagt. Sie zählen zu den gesellschaftlichen Höhepunkten der Gemeinden im Jahr. Bei diesen Terminen treffen sich sonst die Akteure der Gemeinde, Politiker, Vereine, es gibt Ehrungen verdienter Bürger. Doch auf all das muss wegen der derzeit kritischen Infektionslage verzichtet werden. Das ist bitter. Manche Gemeinden haben sich aber interessante Alternativen überlegt.
Einer der größten Neujahrsempfänge im Landkreis Ravensburg ist der Baienfurter. Im vergangenen Jahr waren mehr als 500 Gäste gekommen, darunter auch immer viel Lokalprominenz. „Wir machen das jedes Jahr direkt am 1. Januar um 16 Uhr und trotzdem ist die Resonanz immer riesig. Es ist ein schöner Rahmen, das Jahr in der Gemeinde gemeinsam zu beginnen“, sagt Bürgermeister Günter A. Binder. Zwar tue es weh, dass der Empfang wegfällt, das sei aber im Angesicht der pandemischen Lage das einzig Richtige. Üblicherweise wird in diesem Rahmen auch die Baienfurter Gemeindemedaille verliehen.
Stattdessen hat sich Binder eine Alternative überlegt. Er hat eine 28seitige Sonderausgabe des Mitteilungsblattes mit Texten und Bildern über die Ereignisse im Jahr geschrieben und produziert, die allen Beziehern des Mitteilungsblattes zugehen. Aber auch alle Interessenten können sich ein Exemplar unter anderem im Rathaus abholen. Eine Online-Veranstaltung sei für ihn nicht infrage gekommen. „Ich denke, dass sich viele nicht einklicken werden. Mit der Sonderausgabe kann ich mehr Leute erreichen. Da kann man reinlesen, wenn man Zeit hat“, sagt Binder. Außerdem gehe es ja beim Neujahrsempfang vor allem um die Atmosphäre und das Zusammentreffen mit anderen Menschen, das komme online nicht rüber.
In Schlier sieht man das anders. Bürgermeisterin Katja Liebmann ist der Neujahrsempfang, den sie selbst eingeführt hat, wichtig. Deswegen wird es einen Online-Neujahrsempfang aus Schlier im Live-Stream geben. Jeder, der Interesse hat, kann sich am Sonntag, 3. Januar, um 17 Uhr über einen Link, der auf der Gemeinde-Homepage www.schlier.de zu finden sein wird, einwählen. „Ich dachte, wir versuchen mal was Neues, damit wir den
Empfang nicht ganz ausfallen lassen müssen“, sagt Liebmann. „Ich werde vor dem Christbaum im Rathaus stehen und einen Rückblick aufs vergangene Jahr und einen Ausblick aufs kommende Jahr halten“, erklärt die Bürgermeisterin. So habe man in einer Zeit ohne Veranstaltungen eine Veranstaltung für die Gemeinde geschaffen.
Oben drauf hat sie die Vereine gebeten, kurze Videobotschaften zu produzieren. Die werden dann in den Live-Stream eingebettet. Insgesamt soll der digitale Neujahrsempfang etwa 45 Minuten dauern. Produziert wird das ganze von Thomas Fuchs aus Waldburg. Zudem wird es eine Chatfunktion für diejenigen geben, die sich in den digitalen Neujahrsempfang einwählen. So können die Bürgerinnen und Bürger Fragen stellen, die Liebmann dann live beantwortet.
Ähnlich, bloß nicht live und noch vor Weihnachten wird in Amtzell ein Weihnachts- und Neujahrsgruß produziert. „Wir haben alle Vereine gebeten, Videos einzuschicken. Wir haben auch Grußbotschaften von Bundestags- und Landtagsabgeordneten erhalten, die wir in ein Video schneiden“, sagt Bürgermeister Clemens Moll. Vor Weihnachten soll das etwa 25-minütige Video noch online gehen. „Normalerweise findet bei uns die Neujahrsbegrüßung im Freien vor dem alten Schloss mit Punsch und Glühwein statt. Ich denke, dass die digitale Variante gut tut, um in dieser Zeit das Gemeinschaftsgefühl zu stärken“, so Moll.
In Horgenzell hat man sich zuerst auch überlegt, einen digitalen Neujahrsempfang zu produzieren, berichtet Bürgermeister Volker Restle. Aber vor ein paar Wochen habe man auch diese Idee wegen der Infektionslage verworfen. „Wir hatten uns eine Live-Schaltung überlegt, bei der auch ein paar Musiker und die Sternsinger aufgetreten wären. Aber das war uns dann zu heiß“, so Restle. Eventuell könne man im Februar einen Anlauf wagen. Konkrete Gedanken dazu gebe es aber noch nicht.
In Bodnegg und Fronreute wird der Empfang gestrichen. In beiden Gemeinden will man einen Jahresrückblick und einen Ausblick auf 2021 in den Mitteilungsblättern veröffentlichen. „Ein Neujahrsempfang im Sommer macht keinem Sinn“, sagt Bodneggs Bürgermeister Christof Frick. In Fronreute könnte man sich einen Ersatztermin schon vorstellen. „Vielleicht probieren wir es im Frühjahr mit einem Bürgerempfang, wenn es die Lage zulassen sollte. Es kommt darauf an, wie sich die Pandemie entwickelt“, sagt Fronreutes Bürgermeister Oliver Spieß.