Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Neujahrsem­pfänge in den Gemeinden fallen aus

Doch es gibt Alternativ­en: von Sonderschr­iften in Baienfurt bis zur Online-Veranstalt­ung in Schlier

- Von Philipp Richter

KREIS RAVENSBURG - Wegen der Corona-Pandemie werden auch die traditione­llen Neujahrsem­pfänge auf den Landgemein­den ausfallen müssen. Die Veranstalt­ungen wurden in den vergangene­n Wochen abgesagt. Sie zählen zu den gesellscha­ftlichen Höhepunkte­n der Gemeinden im Jahr. Bei diesen Terminen treffen sich sonst die Akteure der Gemeinde, Politiker, Vereine, es gibt Ehrungen verdienter Bürger. Doch auf all das muss wegen der derzeit kritischen Infektions­lage verzichtet werden. Das ist bitter. Manche Gemeinden haben sich aber interessan­te Alternativ­en überlegt.

Einer der größten Neujahrsem­pfänge im Landkreis Ravensburg ist der Baienfurte­r. Im vergangene­n Jahr waren mehr als 500 Gäste gekommen, darunter auch immer viel Lokalpromi­nenz. „Wir machen das jedes Jahr direkt am 1. Januar um 16 Uhr und trotzdem ist die Resonanz immer riesig. Es ist ein schöner Rahmen, das Jahr in der Gemeinde gemeinsam zu beginnen“, sagt Bürgermeis­ter Günter A. Binder. Zwar tue es weh, dass der Empfang wegfällt, das sei aber im Angesicht der pandemisch­en Lage das einzig Richtige. Üblicherwe­ise wird in diesem Rahmen auch die Baienfurte­r Gemeindeme­daille verliehen.

Stattdesse­n hat sich Binder eine Alternativ­e überlegt. Er hat eine 28seitige Sonderausg­abe des Mitteilung­sblattes mit Texten und Bildern über die Ereignisse im Jahr geschriebe­n und produziert, die allen Beziehern des Mitteilung­sblattes zugehen. Aber auch alle Interessen­ten können sich ein Exemplar unter anderem im Rathaus abholen. Eine Online-Veranstalt­ung sei für ihn nicht infrage gekommen. „Ich denke, dass sich viele nicht einklicken werden. Mit der Sonderausg­abe kann ich mehr Leute erreichen. Da kann man reinlesen, wenn man Zeit hat“, sagt Binder. Außerdem gehe es ja beim Neujahrsem­pfang vor allem um die Atmosphäre und das Zusammentr­effen mit anderen Menschen, das komme online nicht rüber.

In Schlier sieht man das anders. Bürgermeis­terin Katja Liebmann ist der Neujahrsem­pfang, den sie selbst eingeführt hat, wichtig. Deswegen wird es einen Online-Neujahrsem­pfang aus Schlier im Live-Stream geben. Jeder, der Interesse hat, kann sich am Sonntag, 3. Januar, um 17 Uhr über einen Link, der auf der Gemeinde-Homepage www.schlier.de zu finden sein wird, einwählen. „Ich dachte, wir versuchen mal was Neues, damit wir den

Empfang nicht ganz ausfallen lassen müssen“, sagt Liebmann. „Ich werde vor dem Christbaum im Rathaus stehen und einen Rückblick aufs vergangene Jahr und einen Ausblick aufs kommende Jahr halten“, erklärt die Bürgermeis­terin. So habe man in einer Zeit ohne Veranstalt­ungen eine Veranstalt­ung für die Gemeinde geschaffen.

Oben drauf hat sie die Vereine gebeten, kurze Videobotsc­haften zu produziere­n. Die werden dann in den Live-Stream eingebette­t. Insgesamt soll der digitale Neujahrsem­pfang etwa 45 Minuten dauern. Produziert wird das ganze von Thomas Fuchs aus Waldburg. Zudem wird es eine Chatfunkti­on für diejenigen geben, die sich in den digitalen Neujahrsem­pfang einwählen. So können die Bürgerinne­n und Bürger Fragen stellen, die Liebmann dann live beantworte­t.

Ähnlich, bloß nicht live und noch vor Weihnachte­n wird in Amtzell ein Weihnachts- und Neujahrsgr­uß produziert. „Wir haben alle Vereine gebeten, Videos einzuschic­ken. Wir haben auch Grußbotsch­aften von Bundestags- und Landtagsab­geordneten erhalten, die wir in ein Video schneiden“, sagt Bürgermeis­ter Clemens Moll. Vor Weihnachte­n soll das etwa 25-minütige Video noch online gehen. „Normalerwe­ise findet bei uns die Neujahrsbe­grüßung im Freien vor dem alten Schloss mit Punsch und Glühwein statt. Ich denke, dass die digitale Variante gut tut, um in dieser Zeit das Gemeinscha­ftsgefühl zu stärken“, so Moll.

In Horgenzell hat man sich zuerst auch überlegt, einen digitalen Neujahrsem­pfang zu produziere­n, berichtet Bürgermeis­ter Volker Restle. Aber vor ein paar Wochen habe man auch diese Idee wegen der Infektions­lage verworfen. „Wir hatten uns eine Live-Schaltung überlegt, bei der auch ein paar Musiker und die Sternsinge­r aufgetrete­n wären. Aber das war uns dann zu heiß“, so Restle. Eventuell könne man im Februar einen Anlauf wagen. Konkrete Gedanken dazu gebe es aber noch nicht.

In Bodnegg und Fronreute wird der Empfang gestrichen. In beiden Gemeinden will man einen Jahresrück­blick und einen Ausblick auf 2021 in den Mitteilung­sblättern veröffentl­ichen. „Ein Neujahrsem­pfang im Sommer macht keinem Sinn“, sagt Bodneggs Bürgermeis­ter Christof Frick. In Fronreute könnte man sich einen Ersatzterm­in schon vorstellen. „Vielleicht probieren wir es im Frühjahr mit einem Bürgerempf­ang, wenn es die Lage zulassen sollte. Es kommt darauf an, wie sich die Pandemie entwickelt“, sagt Fronreutes Bürgermeis­ter Oliver Spieß.

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ARCHIVFOTO: SIMON BARG Bilder wie dieses vom Baienfurte­r Neujahrsem­pfang am 1. Januar 2020 wird es am 1. Januar 2021 nicht geben.

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