Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Tagestouristen sind von zentraler Bedeutung
Tourismusbetriebe in Oberschwaben-Allgäu machen von März bis Juni 215 Millionen Euro Verlust
WEINGARTEN (sz) - Die Tourismusregion Oberschwaben-Allgäu befindet sich laut Pressemitteilung der Oberschwaben-Tourismus GmbH (OTG) aktuell in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Mit dem leichten Lockdown ab November sei der positive Trend des Sommers erneut gestoppt worden.
Aktuell stünden die Beherbergungsbetriebe bundesweit durch die Corona-Krise massiv unter Druck, wird Bernhard Harrer, Vorstand des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr (dwif) der Universität München anlässlich der achten Fachtagung Tourismusforum Oberschwaben-Allgäu zitiert. Mehr als 50 Touristiker aus der Region zwischen Donau, Bodensee und Allgäu, hatten via Zoom an dem Jahrestreffen teilgenommen, die in Kooperation mit den Industrie- und Handelskammern (IHK) Bodensee-Oberschwaben und Ulm stattfand.
Die Umsatzausfälle im Tages- und Übernachtungstourismus im Tourismusgebiet Oberschwaben-Allgäu von März bis Juni 2020 bezifferte Harrer auf rund 215 Millionen Euro. Doch die Zunahme der regionalen Übernachtungen vor Corona signalisiere einen positiven Trend für die Region. Und auch die Tagestouristen seien von zentraler Bedeutung. „Setzen Sie weiterhin auf Tagesgäste – auch mit Angeboten unter der Woche", empfahl er. Es dürfe, ja müsse sogar künftig im Tourismus teurer werden, so Harrer. „Allerdings sollten Leistungen und Qualität dann stimmen.“
71 Prozent der deutschen Betriebe im Gastgewerbe seien laut einer Umfrage
des Dehoga – Stand November 2020 – von einer Insolvenz bedroht. Es gebe laut Harrer aber auch Zahlen, die Hoffnung machten: So lag die Zahl der privaten Tagestouristen im August und September dieses Jahres in Deutschland weitgehend über Normalniveau.
Auch bei der Übernachtungsentwicklung gab es im September bereits wieder Regionen mit einer positiven Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr.
Klar erkennbar werde, dass die Regionalität im Zuge der CoronaPandemie einen höheren Stellenwert einnehme und dass Digitalisierung ein unabdingbarer Schlüssel zum Erfolg
bleibe. Angebote und Abläufe müssten angepasst, Strukturen und Destination auch im kommenden Jahr zukunftsorientiert weiterentwickelt werden. „Der Tourismus bleibt ein bedeutender Wirtschaftsfaktor der Region", wird Eva-Maria Meschenmoser, Vorsitzende des Aufsichtsrats und der Gesellschafterversammlung der OTG, in der Mitteilung zitiert. Sie appellierte an die touristischen Akteure, Angebote, Netzwerke und Dienstleistungen der OTG zu nutzen und zuversichtlich zu bleiben.
Auch im Bereich Tourismus sei die Digitalisierung durch Corona verstärkt worden und in der Arbeitswelt
habe sich viel verändert, sagte Ralf Vogel, Digitalexperte und Vorstand der Land in Sicht AG. Dies bestätigten Andrea Nestle, General Managerin Center Parcs Park Allgäu, und Kurt Rimmele, Geschäftsführer der Sonnenhof-Therme Bad Saulgau GmbH und der Tourismusbetriebsgesellschaft Bad Saulgau mbH. „Wir mussten uns von einem Tag auf den anderen völlig neuen Voraussetzungen stellen", sagte Andrea Nestle.
Alle Bereiche seien durch den Lockdown betroffen, Veranstaltungen mussten abgesagt oder digitalisiert werden, so Rimmele. „Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen und Verordnungen mussten wir schnell neue Konzepte entwickeln, neue Strukturen aufbauen und zugleich das Personal motivieren und ermuntern", berichteten beide Tourismusvertreter. Die erste Zeit im Sommer sei für Center Parcs nach dem Lockdown super verlaufen, so Nestle.
Die Region Oberschwaben-Allgäu habe als attraktive Destination viel Potenzial. Dabei zeichne sich ab, dass die Themen Nachhaltigkeit und Regionalität im Tourismus an Bedeutung gewinnen. Auch habe der Anteil von Familien mit Kindern zugenommen, berichtete Rimmele. Die Zahl der Individualreisen sei eher rückläufig, die Nachfrage nach vorbereiteten Programmen hingegen steige, sagten beide Touristiker.
Vor allem das Thema Sicherheit habe bei den Gästen aktuell eine hohe Relevanz. „Wir müssen umdenken und uns ganz neuen Fragenprofile stellen". Einfache Erklärungen und Infos seien immens wichtig geworden, unterstrich Vogel.