Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Sie sind wachsam – Seien wir es auch!“

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Zum Artikel „Stadt will Aktivisten zum Aufgeben bewegen“(SZ vom 21. Dezember):

Junge Menschen harren ungeachtet frostiger Temperatur­en seit Tagen auf einem Baum in Ravensburg aus. Sie protestier­en mit allen Konsequenz­en dagegen, dass trotz all dem Wissen über die absehbaren tödlichen Folgen des Klimawande­ls politisch keinerlei ernsthafte Schritte für Veränderun­gen eingeleite­t wurden. Wir rasen unaufhörli­ch auf die Klimakatas­trophe zu und ein Kapitalism­us, zu dem es angeblich keine Alternativ­e geben soll, zerstört unsere natürliche­n Lebensgrun­dlagen und verschärft bestehende Ungerechti­gkeiten immer weiter. Sie schreiben auf ihrem Banner: „System change not climate change“. Warum? Weil sie begriffen haben, dass die kapitalist­ischen, marktwirts­chaftliche­n Gesetze die Grundlage für Ausbeutung und Profit sind, und eben nicht für Nachhaltig­keit, Gerechtigk­eit und (sozialen) Frieden stehen. Was sollen junge Menschen machen, denen bewusst wurde, dass gewählte Politiker, statt sich um ihre Zukunft zu kümmern, in lähmenden „Interessen­skonflikte­n“gefangen sind oder nach wie vor vom „Wohlstand durch Wachstum“fabulieren? Dass Ausstiegss­zenarien aus fossilen Brennstoff­en auf eine Zukunft verschoben werden, die angesichts des ökologisch­en und sozialen Kollapses so unwirklich erscheinen wie die 80 Milliarden Euro Steuergeld­er, die derzeit für den Ausbau von Militär und Rüstung geplant sind. Wie sollen sie sich verhalten gegenüber Politikern, die bereit waren, den Hambacher Forst der klimaschäd­lichsten Form der Energiegew­innung (dem Kohle-Tagebau) zu opfern oder der Abholzung des Dannenröde­r Waldes für eine Autobahn zustimmten?

Sie geben sich nicht mehr mit einem „Weiter so“zufrieden! Sie wollen keine Mauern an den Außengrenz­en unseres Wohlstande­s hochziehen, um uns vor den selbst erzeugten Widersprüc­hen zu schützen. Sie wollen keine Kosmetik, sondern echte Lösungen von der „großen“Politik, wie hier vor Ort. Der Ravensburg­er Gemeindera­t hatte am 28. Juli beschlosse­n, den CO2-Ausstoß jährlich um 13,3 Prozent zu reduzieren. Die Baumbesetz­er kritisiere­n die hierfür beschlosse­nen Maßnahmen als völlig unzureiche­nd. Sie sind wachsam – Seien wir es auch! Es geht um nicht weniger als unser aller Zukunft!

Ravensburg

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