Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Er begeistert sich für modernes Daumenkino
Ravensburger Peter Funk zeigt die Region im Zeitraffer – Für Aufnahmen braucht er Geduld
Corona hat Profiteure. Zum Beispiel die Tierwelt. Die armen, kleinen, kuschelig-haarigen, gefederten oder übel aus dem Maul stinkenden Wesen fürchten sich nämlich zu Tode in jeder Silvesternacht, wenn es überall kracht und funkt. An diesem stillen Jahreswechsel gehört die Stadt ihnen, um einmal in Ruhe Karneval der Tiere zu feiern. Leider gibt es Unverbesserliche, die sich selbst dort noch einmischen.
RAVENSBURG - Hunderte Bilder aneinandergereiht wie in einem Daumenkino: Mit Zeitrafferaufnahmen setzt der Ravensburger Hobbyfotograf Peter Funk die Natur und Landschaft der Region auf besondere Art ins Szene. Aussichtspunkte mit ihrem Blick in die Weite der Landschaft hat den ehemaligen Kriminalpolizisten schon während seines besonders fordernden Berufes begeistert und zugleich beruhigt. Aus dieser Leidenschaft ist jetzt ein besonderes Hobby entstanden.
Auf seinen Zeitraffervideos, die kein Film im eigentlichen Sinne sind, sondern aus einer Vielzahl von Einzelaufnahmen entstehen, ist zum Beispiel zu sehen, wie sich weiße Sommerwolken über dem Ravensburger Mehlsack kräuseln, wie sich ein Gewitter über der Weststadt zusammenbraut, wie Rauchsäulen über den Kaminen der weihnachtlich beleuchteten und verschneiten Altstadt tänzeln, oder auch mal wie der Ravensburger Einkaufstrubel vor dem Bredel-AdventskalenderHaus in der Bachstraße vorbeizieht. Vorwiegend macht er aber Landschaftsaufnahmen, oft auch am Bodensee-Ufer. Während man bei den Aufnahmen der Stadt das Gefühl hat, in eine Miniaturwelt zu blicken, macht der Zeitraffer Naturphänomene noch pompöser und beeindruckender.
Peter Funk (62) ist in Weingarten geboren, in Ravensburg aufgewachsen und liebt die Region. „Es gibt hier so viel zu entdecken“, sagt er. „Ich kenne alle Hügel auf unserer Bodenseeseite“, sagt er. Schon während seiner Berufslaufbahn – er war Kriminalpolizist – hat er den Blick in die
Weite als Ausgleich zur Arbeit gebraucht. Er hatte mit Mord und Totschlag, Raubüberfällen, „unschönen Dingen“zu tun, wie er sagt. So wie andere rennen müssen, um den Kopf freizukriegen, hat er an Aussichtspunkten die Natur bestaunt.
Das Fotografieren kam 2018 zu dieser Leidenschaft hinzu. Kurz vor der Pensionierung kaufte er sich eine Kamera mit Wechselobjektiv und schaute sich im Internet um, was sich andere Fotografen so vor die Linse nehmen. Er stieß auf die Zeitrafferfotografie. Funk fühlte sich an Naturfilme erinnert, Bilder von aufgehenden Knospen im Schnelldurchlauf, was ihn schon immer fasziniert hat, und dachte sich: „Das muss ich doch auch hinbekommen.“Er begann zu experimentieren. Seine Ausrüstung hat er so gewählt, dass er sie immer in einer Umhängetasche oder einem Rucksack dabeihaben kann. „Die beste Ausstattung ist die, die man dabeihat“, sagt Funk.
Die Schwierigkeit bei der Zeitrafferfotografie: Es braucht eine gewisse Dynamik im Bild, damit das Ergebnis spannend wird. Zum Beispiel ziehende Wolken. Auch der richtige Zeitpunkt ist entscheidend, damit zum Beispiel ein Sonnenauf- oder -untergang komplett in seinem Verlauf abgebildet werden kann. Dafür muss Funk manchmal los, wenn andere noch gemütlich im Bett liegen.
Und schließlich braucht er Geduld: Sein Fotoapparat macht alle paar Sekunden ein Bild, je nachdem, wie er ihn einstellt. Inzwischen hat er auch einen Rotator, der den Fotoapparat auf dem Stativ während der Reihenaufnahme in klitzekleinen Schritten dreht, sodass im Zeitraffer nachher ein Kameraschwenk zu sehen ist. Manchmal hat er noch ein zweites Stativ und eine zweite Kamera dabei, um unterschiedliche Perspektiven derselben Situation einzufangen. In einer Stunde kommen pro Kamera mindestens 800 bis 1000 Bilder
zusammen. Und jedes davon hat eine Dateigröße von rund 24 Megabyte. Auf seinem leistungsfähigen Computer, den er sich extra dafür angeschafft hat, bearbeitet er die Bilder in einem speziellen Computerprogramm – nicht jedes einzeln, sondern automatisiert. Das Programm stamme vom Zeitraffer-Profi Gunther Wegner, den er auf der Fotomesse „Wunderwelten“in Friedrichshafen kennengelernt habe. Ansonsten ist Funk Autodidakt.
Das Schönste an seinem neuen Hobby ist für ihn Verweilen. Er erzählt von einer Zeitrafferaufnahme auf der Veitsburg: Er sah, wie Besucher nur kurz auf die Stadt schauten und dann weitergingen. Nur ganz wenige Menschen blieben mal eine Viertelstunde stehen. Funk harrt dort eine Stunde oder länger aus. „Das hat was Meditatives“, sagt er. Auch wenn er seine Zeitraffer-Videos am Ende mit Musik unterlegt, achtet er auf getragene Melodien.
Inzwischen kann man sich etliche Ergebnisse seiner Arbeit auf der Videoplattform YouTube anschauen. Erste Filme habe er dort hochgeladen, nachdem er häufig angesprochen worden sei, was er denn genau fotografiere. Die Gesprächspartner wollten häufig wissen, ob man sich die Zeitraffer irgendwo anschauen könne. In erster Linie mache er die Aufnahmen aber weiterhin für sich selbst. Wenn nichts Spannendes im Fernsehen kommt, schalte er oft auf seinen YouTubekanal um und sehe sich noch mal eines seiner Videos an.