Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Klima-Aktivisten besetzen erneut einen Baum in Ravensburg

Unmittelba­r nach der Räumung des ersten Camps ist unweit entfernt ein neues entstanden

- Von Bernd Adler

RAVENSBURG - Klima-Aktivisten haben erneut einen Baum am Rande der Ravensburg­er Altstadt besetzt. Erst am Dienstag war nach 18 Tagen ihr Protestqua­rtier in der Schussenst­raße von der Polizei geräumt worden. Nun gibt es ein neues Lager in der Krone eines Baumes in der Karlstraße.

Nach Informatio­nen der Umweltschü­tzer wurde in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ein neues Baumhaus an der Ecke Karlstraße/ Eisenbahns­traße errichtet. Mit dieser Protestakt­ion soll darauf hingewiese­n werden, dass weder die Stadt noch der Landkreis Ravensburg ihren Verpflicht­ungen nachkommen, das Pariser Klimaabkom­men einzuhalte­n, um die Erderwärmu­ng zu stoppen, teilen die Demonstran­ten mit.

18 Tage lang hatten die jungen Aktivisten in der Krone eines Baumes in der Schussenst­raße ausgeharrt, bis die Polizei mit einem Sondereins­atzkommand­o und unter Mithilfe der Feuerwehr einschritt und das Lager am Dienstagab­end räumte. Am Donnerstag­nachmittag war der

Bereich rund um das neue Baumcamp in der Ravensburg­er Karlstraße durch Trassierbä­nder abgesperrt. Die Polizei war vor Ort und beobachtet­e die Situation. Zahlreiche Schaulusti­ge hatten sich eingefunde­n. Am Neujahrsta­g waren Absperrbän­der wie Polizisten verschwund­en, das Camp befand sich aber weiter in der Krone des Baumes.

Nach Aussage des Ravensburg­er Polizeiprä­sidenten Uwe Stürmer sei mit den Baumbesetz­ern eine „Friedenspf­licht“bis 10. Januar vereinbart worden. Bis dahin werde die Polizei nicht räumen und niemanden am Auf- und Absteigen etwa zur Versorgung mit Lebensmitt­eln hindern, sagte Stürmer der Deutschen Presse-Agentur. Die Aktivisten wiederum sollten keine Plakate oder Ähnliches an dem Baum anbringen, weil der über einen Fußgängerw­eg rage.

Ein Sondereins­atzkommand­o der Polizei hatte am Dienstagab­end das erste Baumhaus in der Schussenst­raße aufgelöst. 60 Polizisten und 14 Einsatzfah­rzeuge waren vor Ort. Die seit dem 12. Dezember andauernde Baumbesetz­ung war damit beendet (die SZ berichtete). Die Stadt Ravensburg

stellte im Nachhinein klar, dass weder das Versammlun­gsrecht noch die Corona-Verordnung des Landes eine Fortsetzun­g der Demonstrat­ion und Besetzung des Baumes rechtferti­gen und erlauben. Zudem sei das Camp aus Gründen der Verkehrssi­cherheit aufgelöst worden. Die Stadt hatte eine Auflösung der nicht genehmigte­n Baumbesetz­ung bereits vorab angekündig­t. Die Klima-Aktivisten wiederum kündigten bereits kurz nach der Räumung weitere Proteste an.

In einer Stellungna­hme der Protestier­enden vom Donnerstag heißt es: „Die beteiligte­n Klimagerec­htigkeitsa­ktivisten können nicht nachvollzi­ehen, wie die Stadt zu ihrer Einschätzu­ng gelangte, dass vom alten Baumhaus eine Gefahr für die Sicherheit und öffentlich­e Ordnung ausging.“Das Baumcamp sei profession­ell gebaut worden. Das Seil mit einem Transparen­t sei nicht, wie von der Polizei dargestell­t, über die Schussenst­raße gespannt, sondern über die viel weniger befahrene

Obere Breite Straße und zudem profession­ell gesichert gewesen.

Zum Vorwurf der Stadt, die Aktivisten seien zu keiner Kommunikat­ion bereit gewesen, heißt es in der Mitteilung: „Tatsächlic­h hätten wir nur zu gerne ein inhaltlich­es Gespräch mit Oberbürger­meister Rapp geführt, dieser befand aber in 18 Tagen Klimacamp Klimagerec­htigkeit nicht eines Gesprächs für würdig.“Dieser Aussage widerspric­ht die Stadtverwa­ltung. Der OB habe digital Kontakt mit den Besetzern gehabt. Gesprächsv­oraussetzu­ng für Rapp sei allerdings gewesen, dass man sich auf dem Boden trifft.

Der Online-Bericht über die neuerliche Baumbesetz­ung am Donnerstag brachte eine Flut an Kommentare­n auf www.schwäbisch­e.de. Die Reaktionen reichten von großem Verständni­s bis hin zu totaler Ablehnung. Einige Auszüge.

„Die Aktion ist und bleibt idiotisch“, heißt es da. Und: „Die wahren Schuldigen an der erneuten Aktion sitzen im Rathaus. Den Bürgern wird hier erneut vorgeführt, dass Recht und Ordnung keine Rolle spielen, solange man grüne Motive vorspiegel­n kann.“Ein weiterer Beitrag: „Ich möchte diese so hochgelobt­en jungen Rebellen sehen, wenn die ältere Generation auf die Forderunge­n eingeht. Dann ist es vorbei mit dem Luxusleben. Wir Alten haben es noch gelernt, ohne Handy, Internet, Lieferserv­ice, Fast Food, Einwegverp­ackung und, und, und zu leben. Was glauben Sie, wie schnell diese Weltverbes­serer ihre Meinung ändern?“

„Diese Aktivisten schaffen es, dass das Thema Klimaschut­z bei vielen nur noch negativ wahrgenomm­en wird. Das Thema ist sehr wichtig, mit solchen Aktionen ist aber niemand geholfen… nur das die Stimmung sich komplett gegen das Thema Klimaschut­z richtet“, heißt es in einer weiteren kritischen Stimme.

Doch in einigen Beiträgen gibt es auch Sympathie für die Aktivisten: „Ich finde es sehr gut, wenn sich mehr ums Thema Klima gekümmert wird. Auch wenn einige der Argumente mir zu weit gehen. Fakt ist, die Städte und allgemein der Staat nehmen das Thema nicht ernst genug. Die formuliert­en Ziele werden leider nur langsam in die Tat umgesetzt.“Ein Leser fasst sich in seinem Kommentar extrem kurz: „Super. Macht weiter so.“

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FOTO: BERND ADLER Wieder am Rande der Ravensburg­er Altstadt in der Karlstraße ist ein Baumcamp errichtet worden.

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