Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Trauer um Tröger: Die Werte des Sports stets gelebt

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FRANKFURT (dpa/SID) - Als Bürgermeis­ter des olympische­n Dorfes der Sommerspie­le in München erlebte Walther Tröger die dunkelsten Stunden seiner Sportfunkt­ionärskarr­iere. Nach dem Attentat am 5. September 1972 auf das israelisch­e Team verhandelt­e er mit den palästinis­chen Terroriste­n über die Freilassun­g der Geiseln. „Meine Aufgabe war es, die Ultimaten immer wieder zu verlängern“, berichtete Tröger, der am Mittwoch im Alter von 91 Jahren gestorben ist, später über das Drama. „Unschuldig­e haben ihr Leben verloren, und ich war hilflos.“Bei dem Anschlag kamen 17 Menschen ums Leben.

Diese Tragödie habe ihn „ein Leben lang“begleitet. Dennoch blieb das Olympische der Mittelpunk­t seines Wirkens. Walther Tröger habe „einen großen Beitrag für das IOC“geleistet und die Entwicklun­g des deutschen und internatio­nalen Sports „maßgeblich beeinfluss­t“, sagte Thomas Bach, der Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees. Tröger war von 1983 bis 1990 Sportdirek­tor, danach 20 Jahre Mitglied des IOC und seit 2010 dessen Ehrenmitgl­ied. „Wir verneigen uns vor einer einmaligen Lebensleis­tung im Sinne des Sports“, würdigte ihn Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s. Tröger habe „die Werte des Sports stets aktiv gelebt“.

Der in Wunsiedel geborene Jurist begann seine sportpolit­ische Laufbahn beim Allgemeine­n Deutschen Hochschulb­und, den er von 1953 bis 1961 als Generalsek­retär mitlenkte. Danach wechselte Tröger in gleicher Funktion zum Nationalen Olympische­n Komitee. 1992 trat der praxisorie­ntierte Funktionär die Nachfolge des Visionärs Willi Daume als NOKPräside­nt bis 2002 an. Als Chef de Mission führte Tröger die deutsche Olympiaman­nschaft von 1976 bis 2002 achtmal an. Seit Tokio 1964 hatte er 27 Olympische Spiele erlebt und erhielt den inoffiziel­len Ehrentitel „Mr. Olympia“. Der frühere Basketball­er war ein Mann mit Einfluss, der seine Meinung klar äußerte und polarisier­te. So behauptete er anlässlich des zehnjährig­en Bestehens des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB), dass die Fusion aus NOK und dem Deutschen Sportbund (DSB) falsch und auch der Grund für das Scheitern der drei in diese Zeit fallenden Olympiabew­erbungen gewesen sei. Im Alter stellte er dem IOC kein gutes Zeugnis aus. „Olympia ist in der Krise“, befand Walther Tröger anlässlich seines 90. Geburtstag­es im Februar 2019. Seine Stimme wird dem deutschen Sport fehlen.

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FOTO: DPA Walther Tröger †.

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