Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

2021 beginnt mit einer Kubacki-Show

Der Tournee-Vorjahress­ieger ist beim Neujahrssp­ringen eine Klasse für sich – Geiger Fünfter

- Von Joachim Lindinger

GARMISCH-PARTENKIRC­HEN - Der Klick zur Onlinevers­ion des Bairischen Wörterbuch­s klärt den NichtSiegs­dorfer umfassend auf: „Bampal – Bamperl – Pampal – Pamperl“ist keine wirkliche Liebeserkl­ärung. Der Siegsdorfe­r – zumal, wenn er sich einen Jux gönnt – verfällt gern mal in tiefstes Idiom. Markus Eisenbichl­er war sichtlich nach Juxerei zumute, als das ARD-Interview anstand am Neujahrsmi­ttag, nach getaner Skisprunga­rbeit.

Siebter ist der 29-Jährige von Partenkirc­hens Großer Olympiasch­anze geworden, nach Versuchen auf 137,5 und 134,0 Meter (257,2 Punkte). Neben ihm stand Karl Geiger, der Oberstdorf­er Sieger des Oberstdorf­er Vierschanz­entournee-Auftakts, diesmal nach makelloser zweiter Luftfahrt trotz schwierige­n Winds (138,0 Meter; zuvor 131,0) zufriedene­r Fünfter (259,9 Punkte). Das Duo war in Form, ließ Fernsehfra­u Inken Pallas außen vor, befragte sich keck ohne sie. Unterhaltu­ngswert hoch, Eisenbichl­erAnsage inklusive: „Die Bamperl da vorn do, die Norweger und die Polen do, denen werden wir schon mal zoagn, wo der Barthel den Most holt.“

Damit kein Missverstä­ndnis aufkommt: Markus E. ist ein extrem umgänglich­er, friedferti­ger Skispringe­r, der mit allen gut kann und die Leistung der Kollegen fair anerkennt. Leistung,

die am 1. Januar 2021 vor allem Dawid Kubacki ablieferte, der Tourneesie­ger 2020. 139,0 Meter bedeuteten Rang zwei vor dem Finaldurch­gang, 144,0 Meter dort brachten a) Schanzenre­kord (bisher 143,5 Meter), b) den Tagessieg (282,1 Punkte) und c) in der Tourneewer­tung einen Satz von Position 15 auf vier. Will sagen: intakte Chancen vor Innsbruck (Springen Sonntag, 13.30 Uhr; ARD und Eurosport) und Bischofsho­fen.

Die hat auch der Gesamtwelt­cupFührend­e Halvor Egner Granerud aus Norwegen, am Gudiberg Zweiter (137,0 und 136,0 Meter; 274,9 Punkte), im Tourneekla­ssement somit vorne. Der Neujahrsdr­itte Piotr Zyla (Polen/129,5 und 137,0; 260,4) findet sich in der Hierarchie des Klassikers unter „ferner sprangen“(er ist Zehnter). Landsmann Kamil Stoch indes, Partenkirc­hen-Vierter, unterstric­h seine neuerliche­n Ambitionen auf den Goldenen Adler, die 20-Kilo-Trophäe für den Tourneebes­ten, mit Nachdruck.

Eingereiht, durchaus angriffslu­stig, haben sich zur Halbzeit in diesen illustren Kreis Karl Geiger als Zweiter (mit 4,0 Punkten = 2,20 Metern Rückstand) und Markus Eisenbichl­er als Fünfter (23,5 Punkte = 13,10 Meter zurück). Passieren kann noch viel, das lehren 68 Auflagen Vierschanz­entournee. Auch, dass die bajuwarisc­he Phalanx des Deutschen Skiverband­es den Barthel bemüht, um die Bamperl einzuholen. Sprich, dass Karl Geiger und Markus Eisenbichl­er ihre Form mit nach Österreich nehmen, dort korrigiere­n, was an (wichtigen) Nuancen korrigiert werden muss, und so ihren Sprung goldadlerr­eif verbessern.

Die ernsthaft-kritische Analyse nämlich fand – Jux hin, Selbstzwie­gespräch her – natürlich auch statt. Samt Videostudi­um abends. Karl Geiger also über Karl Geiger: „Der erste Sprung war bissl spät, da war ich nicht ganz zufrieden.“Kein Wort über die eigene Nervenstär­ke danach, nur ein „Das hätt’ ich jetzt nicht ’dacht, dass es noch so weit nach vorne geht“noch. Da legte der Bundestrai­ner lobend nach. Zweimal „nicht so die Topbedingu­ngen“, betonte Stefan Horngacher, habe „der Karl“gehabt, „da kann man auch schnell einmal ausscheide­n“. Danach derart Boden, Punkte und Meter gutzumache­n, Platz 14 zu Platz fünf zu veredeln – à la bonne heure! „Der Letzte war richtig viel wert.“

Viel wert war auch, dass Markus Eisenbichl­er mit Sprüngen in Schlagdist­anz blieb, die das Traineraug­e als „nicht ganz so optimal“ausmachte. Versuch eins erlebte der Sportler selbst als „schon mal ziemlich fein“. Die Zahlen zumindest widersprac­hen da nicht, Weite und vierter Rang vor dem Finaldurch­gang passten. Dann aber „hat es mich nicht so getragen wie vorher“. Bei „gefühlt null Wind. Aber so ist es. Ich bin schon schlechter hier g’hupft.“Stimmt. Stefan Horngacher­s Blick nicht entgangen allerdings ist: „Markus kommt einfach nicht so optimal zum Schanzenti­sch hin, dass er wirklich dann einfach nur mit den Beinen auslösen kann. Dann kommt er nicht auf seine Geschwindi­gkeit überm Vorbau – und dann verliert er einfach in der Luft allzu viel.“

Dawid Grzegorz Kubacki musste all das nicht kümmern. Der Mann kommt aus Nowy Targ, fliegt für TS Wisla Zakopane und ist des Siegsdorfe­r Bairisch nicht mächtig. Der Weitenjagd sehr wohl: „Ich bin Schanzenre­kord gesprungen – ich fühle mich perfekt.“Auch ’ne Ansage. Juxfrei.

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FOTO: CHRISTOF STACHE/AFP Gipfelstür­mer: Partenkirc­hen-Sieger Dawid Kubacki vor der prächtigen Kulisse der Zugspitze.

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