Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
TWS verzweifeln fast an Modernisierung eines Windparks
Seit acht Jahren will der kommunale Energieversorger vier Windräder durch zwei ersetzen
RAVENSBURG - Alle reden von der Energiewende, aber bei der Umsetzung hapert’s. Diese Erfahrung machen gerade die Technischen Werke Schussental (TWS). Der kommunale Energieversorger aus Ravensburg bemüht sich bereits seit acht Jahren, einen Windpark in Lonsee (Alb-Donau-Kreis) zu modernisieren und vier kleinere Windräder durch zwei große zu ersetzen. Erst war der Deutsche Wetterdienst dagegen, dann machte der Rotmilan Probleme, und jetzt hat der dortige Gemeinderat das Vorhaben abgelehnt.
Drei Tage vor Heiligabend war das Kommunalparlament der 5000Einwohner-Gemeinde auf der Schwäbischen Alb noch einmal zusammengekommen. Wie die „Südwestpresse Ulm“berichtet, sei die Sitzung trotz der Corona-Pandemie ungewöhnlich gut besucht gewesen – TWS-Netz-Geschäftsführer Helmut Hertle war per Video zugeschaltet, um Fragen zu beantworten.
Im Zuge der Modernisierung sollen vier ältere, 100 Meter hohe Windräder durch zwei 207 Meter hohe Anlagen ersetzt werden. Die Rotoren der neuen Windräder haben allein einen Durchmesser von 116 Metern. Wie Hertle im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“erläuterte, würde die Energieproduktion durch das „Repowering“vervierfacht.
Aber bereits der Ortschaftsrat von Ettlenschieß, einem Teilort Lonsees, hatte sein Einvernehmen zur Modernisierung des Windparks verweigert. Und der Gemeinderat schloss sich dem in geheimer Abstimmung mit 16:6 Stimmen an. Laut „Südwestpresse“hätte ein Projektgegner aus Reihen der CDU, der zugleich im Ortschaftsrat sitzt, moniert, dass die Windräder den Wohnhäusern am Ortsrand sehr nahe kommen würden – gerade noch an der Grenze des Erlaubten. Schon jetzt litten die Bewohner unter dem Lärm der kleineren Windräder. Zudem hätten einige Kommunalpolitiker Hertle nicht geglaubt, dass die Lärmbelastung laut Gutachten nur bei 40
Dezibel liege – und damit unter den gesetzlichen Grenzwerten. Lediglich die Grünen hätten sich für die Modernisierung ausgesprochen, seien aber an der Mehrheit gescheitert.
„Von Anfang an hatten wir mit diesem Projekt enorme Probleme“, so Hertle im SZ-Gespräch. Nach Bekanntwerden der Pläne im Jahr 2012 hatte erst der Deutsche Wetterdienst (DWD) Bedenken angemeldet, der etwa zehn Kilometer entfernt eine Wetterradarstation betreibt. Diese sendet Impulse, die von den Rotorblättern reflektiert werden können. Das wiederum könnte die Unwettervorhersage von Starkregenereignissen behindern, so das Argument des DWD. Es war erst ein umfangreiches Gutachten notwendig, um die Bedenken aus dem Weg zu räumen.
Nicht ganz einfach stellt sich in dem Gebiet auch der Artenschutz dar. Da es immer wieder vorkommt, dass unter Naturschutz stehende Rotmilane von Windrädern zerhäckselt werden, mussten die TWS zunächst ein „umfangreiches Ablenkungsmanagement“aufbauen, so Hertle. Dazu wird woanders, aber nicht zu weit weg, täglich eine Wiese gemäht, damit der Rotmilan lernt, dass er dort immer etwas zu fressen bekommt und quasi freiwillig umzieht – Rotmilane jagen Mäuse und andere kleine Nagetiere auf Feldern und Wiesen in der Nähe von Wäldern. Nachdem auch dieses Problem gelöst schien, wurden die Bedenken der Anwohner laut, vertreten von den Lonseer Kommunalpolitikern.
Verhindern wird der Gemeinderatsbeschluss das Projekt wohl nicht, da letztlich das Landratsamt des AlbDonau-Kreises dem privilegierten Vorhaben, das in einem sogenannten Windkraft-Vorranggebiet liegt, zustimmen muss und so das Votum des Gemeinderats voraussichtlich kippt. „Ich schätze, dass sich das Ganze noch mal um zwei bis drei Monate verzögert“, sagt Hertle. Und sein Kollege Andreas Thiel-Böhm, Geschäftsführer der TWS, ergänzt leicht resigniert: „Das spielt bei acht Jahren fast keine Rolle mehr.“