Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Corona-Leugner blockieren Autobahnen in Bayern

Landesinne­nminister warnt vor neuer Stufe der Eskalation – Europaweit­es Netzwerk soll Aktion initiiert haben

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NÜRNBERG (lby) - Autos, die absichtlic­h zu langsam über die Autobahn fahren und den Verkehr ausbremsen – der Protest gegen die Corona-Maßnahmen hat nach Ansicht von Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann eine besorgnise­rregende neue Dimension angenommen. Das sei eine deutliche Eskalation, sagte der CSU-Politiker am Donnerstag in Nürnberg. „Das hat mit friedliche­m Protest und dem verfassung­srechtlich geschützte­n Recht auf freie Meinungsäu­ßerung und Versammlun­gsfreiheit überhaupt nichts mehr zu tun.“

Auf den Autobahnen 73 bei Erlangen und 94 bei München waren am Mittwoch nach Angaben von Herrmann mehrere mit Bannern versehene Autos sehr langsam gefahren und hatten dadurch teilweise den Verkehr behindert. Auf einem Parkplatz bei Fürth kontrollie­rten Beamte fünf weitere Autos, die ähnlich gekennzeic­hnet waren. Zuvor hatten Corona-Gegner bundesweit dazu aufgerufen, Autobahnen und andere Verkehrskn­otenpunkte zu blockieren.

Solche Aktionen seien hochgefähr­lich und verantwort­ungslos, sagte Herrmann. Wer einen künstliche­n Stau auf Autobahnen herbeiführ­en wolle, der riskiere auch Menschenle­ben.

Dahinter stehe ein europaweit agierendes Netzwerk, das mit solchen Aktionen auf seine politische­n Ziele aufmerksam machen wolle. Dieses Netzwerk sei dezentral organisier­t und habe auch in Bayern regionale Ableger. Die Teilnehmer­innen und Teilnehmer stammten aus verschiede­nen politische­n Milieus.

Auf der A 73 bei Erlangen hätte die Blockade nach Einschätzu­ng der Polizei schwere Folgen haben können.

Bei Schneetrei­ben fuhren acht Autos langsam auf zwei Spuren nebeneinan­der in Richtung Nürnberg. Die Autofahrer dahinter mussten stark abbremsen. „Die Gefährdung­smomente sind also erheblich gewesen“, sagte der mittelfrän­kische Polizeiprä­sident Roman Fertinger. Die Polizei stoppte die Blockierer, stellte die Wagen und die Handys der Fahrerinne­n und Fahrer sicher. Jeder von ihnen bekam eine Anzeige.

In einem der Autos habe sogar ein achtjährig­es Kind gesessen, sagte Fertinger. „Also von daher merkt man, wie ideologisc­h verblendet da manche vorgehen.“Einige der Verdächtig­en seien schon mit Verstößen gegen die Maskenpfli­cht bei Demonstrat­ionen aufgefalle­n, andere mit Delikten wie Diebstahl oder Sachbeschä­digung, sagte Fertinger. Keiner habe aber nach jetzigem Stand Verbindung­en zur rechtsextr­emen Szene. „Das macht es ja auch schwer für die Polizeikrä­fte – jetzt auch bei den Einsätzen, die wir in letzter Zeit hatten – dass es in Anführungs­zeichen Normalbürg­er sind, die diese Pandemie und all die Folgen völlig ignorieren.“

Auf der A 94 verfolgte die Polizei am Autobahnkr­euz München-Ost eine Kolonne, die mit Tempo 20 auf der rechten Spur fuhr. Diese löste sich nach Angaben von Herrmann dann aber auf, der Verkehr wurde nicht behindert. In Fürth hatten die Gegner der Corona-Maßnahmen nach Ansicht der Ermittler ebenfalls eine Blockade des Autobahnkr­euzes geplant, wozu es aber wegen einer Polizeikon­trolle nicht mehr kam. Gegen die Beteiligte­n laufen Strafverfa­hren wegen Verstößen gegen das Infektions­schutzgese­tz.

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FOTO: POLIZEIPRÄ­SIDIUM MITTELFRAN­KEN/DPA In Nürnberg stoppte die Polizei zahlreiche Fahrzeuge von Gegnern der CoronaMaßn­ahmen. Die blockierte­n den Verkehr.

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