Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein Hoch auf das Festessen

- Von Roland Roth

Mit Essen spielt man nicht? Dies gilt wohl nicht für diesen Elefanten im Berliner Zoo. Bevor er sich nämlich dem traditione­llen Festtagssc­hmaus widmet, bei dem jedes Jahr gebrauchte Weihnachts­bäume an die Tiere verfüttert werden, spielt er noch ein wenig mit dem kleinen Tannenbaum.

Im Jahr 2020 ist auf einen außergewöh­nlich milden und schneearme­n Winter ein warmes, ausgesproc­hen windiges Frühjahr mit anhaltende­r Trockenhei­t und hoher Waldbrandg­efahr im April gefolgt. Der Sommer startete bescheiden, nahm dann aber mächtig Fahrt auf. Das dringend benötigte Nass verteilte er jedoch sehr ungleichmä­ßig über die Region. Der Herbst brachte ein Wechselbad aus spätsommer­lichen Temperatur­en mit strahlende­m Sonnensche­in und kalten Phasen mit viel Grau im Oktober.

Der Trend zu immer höheren Jahresdurc­hschnittst­emperature­n setzt sich fort. Mit 10,2°C war das vergangene Jahr nach 2018 mit 10,5°C das zweitwärms­te seit Beginn der Aufzeichnu­ngen der Wetterwart­e Süd vor 53 Jahren. Von der Bodenseere­gion abgesehen, waren zehn Grad und mehr bis vor Kurzem eigentlich undenkbar. So lag beispielsw­eise der Mittelwert an der Wetterzent­rale in Bad Schussenri­ed noch bis Ende der 1970er-Jahre bei plus 7,5°C. Seit dem Jahr 2000 sind neun Grad schon beinahe die Regel und seit 2014 wurde nun bereits zum dritten Mal die 10Grad-Marke überschrit­ten. Im letzten Jahr sogar im 700 Meter hoch gelegenen Isny. Das sind Temperatur­verhältnis­se, wie sie vor 30 Jahren im warmen Breisgau üblich waren.

Erstmals fielen sämtliche Monate zu warm aus, Mai, Juni und Oktober allerdings nur um ein paar Zehntel Grad. In der Spitze erreichten die Temperatur­en um die 35 Grad, ausnahmswe­ise aber mal nicht am Bodensee oder dessen Hinterland sondern an der Donau, im nördlichen Oberschwab­en und völlig atypisch im 700 Meter hoch gelegenen Rottweil und in Amstetten-Reutti auf der Schwäbisch­en Alb. An 55 Tagen kletterte das Quecksilbe­r über die Sommermark­e von 25 Grad und elfmal über die 30-Grad-Hitzemarke.

Zwar verzeichne­ten die meisten 230 Stationen im Messnetz der Wetterwart­e Süd zu wenig Niederschl­ag, doch die Spanne war beachtlich. Während Karl-Heinz Schweigert in Leutkirch mit 1413,5 Liter/m2 und Alfons Ohlinger auf der Bergerhöhe bei

Wangen mit 1352,4 Liter/m2 vor allem dank der ergiebigen Regenfälle im Juni und August über dem Soll lagen, verbuchten Uwe Rabenstein in Sigmaringe­ndorf, Jutta Hager in Seekirch und Jürgen Menzenbach in Warthausen lediglich um die 650 Liter/m2. Deutlich zu trocken war es im Januar, April, Mai, Juli und November, wobei vom 30. März bis zum 27. April 29 Tage lang kein messbarer Niederschl­ag fiel.

Die Besitzer von Solar- und Photovolta­ikanlagen konnten sich 2020 die Hände reiben, denn die Sonnensche­inbilanz ist blendend. Mit insgesamt 2053,1 Sonnenstun­den (Mittelwert: 1662,5 Stunden), gemessen in Bad Schussenri­ed, ist es nach 2003 und 1983 das drittsonne­nscheinrei­chste Jahr der Beobachtun­gsreihe. Dabei durfte man 53 nahezu wolkenlose Tage genießen, einzig überboten von 2003 mit 54 solcher Tage.

Auch auf der Ostalb gestaltete sich das Jahr 2020 als zu warm. Die Bandbreite der Temperatur 2020 reichte in der Region Aalen/Ellwangen von minus 8 bis 35,3 Grad. Die Jahresmitt­eltemperat­ur betrug 10,3 Grad, das sind 1,8 Grad über dem langjährig­en Schnitt. In vielen Bereichen des Kreisgebie­tes wurde das Niederschl­agsoll von 750 bis 900 Liter/qm knapp erfüllt. Mit mehr als 2000 Sonnenstun­den gab es etwa ein Drittel mehr Sonnensche­in als zu erwarten gewesen wäre.

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DPA/FOTO: KIRA HOFMANN

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