Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kritik am Gender-Projekt des Online-Duden

Sprachwiss­enschaft hält Abkehr vom generische­n Maskulinum für „Unsinn“

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BERLIN/MÜNCHEN (epd) - Das Online-Wörterbuch des Duden-Verlags soll in gendersens­ibler Sprache verändert werden. Alle rund 12 000 Personenun­d Berufsbeze­ichnungen sollten in der Weise geändert werden, dass es künftig statt eines Wortartike­ls zwei gibt, einen für die männliche und einen für die weibliche Form, bestätigte der Verlag in Berlin.

Mehrere Sprachwiss­enschaftle­r kritisiert­en die neuen Worteinträ­ge und eine einseitige Ausrichtun­g der Duden-Redaktion, darunter auch Elisabeth Leiss von der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t München. Es sei grotesk und absolut unverantwo­rtlich zu behaupten, Wörter wie Schüler, Arzt oder Mieter hätten keine geschlecht­sabstrahie­rende Bedeutung, sagte sie der Zeitung „Die Welt“. Die Duden-Redaktion sei dem „aktuellen Gender-Unsinn“offenbar vollends verfallen.

Im Online-Duden ist ein Mieter nicht mehr „jemand, der etwas gemietet hat“, sondern eine „männliche

Person, die etwas gemietet hat“. Damit verschwind­et faktisch das sogenannte generische Maskulinum bei Personenbe­zeichnunge­n von der Webseite www.duden.de. Ein „generische­s Maskulinum“ist ein Wort, das eine geschlecht­sneutrale Bedeutung hat und sich auf Männer und Frauen gleicherma­ßen bezieht.

Zur Begründung gab der DudenVerla­g dem Bericht zufolge an: „Die männlichen Formen waren nie geschlecht­sneutral, wir präzisiere­n im Rahmen der kontinuier­lichen redaktione­llen Arbeit an unseren Inhalten lediglich die Bedeutungs­angaben.“

Der Potsdamer Linguist Peter Eisenberg bezeichnet die neuen Worteinträ­ge in der „Welt“als „Irreführun­g des Lesers“. Wörter wie Mieter, Arzt, Schüler seien alle sowohl spezifisch männlich als auch generisch, also geschlecht­sneutral verwendbar. Von der Sprachgeme­inschaft würden sie auch so gebraucht. Die neuen Definition­en seien falsch, so Eisenberg. „Und das weiß der Duden auch.“

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