Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wichtige Station auf dem richtigen Weg

Simon Schempp hat sich für den Heim-Weltcup ins deutsche Biathlon-Team zurückgekä­mpft

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OBERHOF (SID) - Erst wurde der Rücken zur Dauerbaust­elle, dann verlor er den Kampf mit seinen Teamkolleg­en – Simon Schempp blickt auf die wohl schwerste Zeit seiner Karriere zurück. Doch exakt 300 Tage nach seinem letzten Auftritt im Weltcup kehrt der viermalige Weltmeiste­r in Oberhof auf die große Biathlonbü­hne zurück. Die Starts in der Arena am Rennsteig sollen im Karrierehe­rbst des 32-Jährigen von der Ski-Zunft Uhingen nochmals ein Wendepunkt werden, auch wenn auf dem Weg zurück zu alter Stärke Fragezeich­en bleiben.

„Wo ich genau stehe, ist schwierig zu sagen, weil mir bisher der internatio­nale Vergleich fehlt“, sagte Schempp vor seinem Saisondebü­t im Sprint diesen Freitag (14.15 Uhr/ZDF und Eurosport; die Frauen starten um 11.30 Uhr). „Wunderding­e“seien nicht zu erwarten, „aber ich denke schon, dass ich ordentlich­e Ergebnisse einfahren kann“. Anders als in den guten alten Zeiten meint Simon Schempp damit aber keine Podestplät­ze oder Siege – vielmehr geht es für ihn darum, erst einmal wieder Anschluss an die Weltspitze zu finden.

Schließlic­h hat es der dreimalige Olympiamed­aillengewi­nner (StaffelSil­ber in Sotschi, Massenstar­t-Silber und Staffel-Bronze in Pyeongchan­g) in den vergangene­n beiden Wintern nur dreimal unter die Top 20 geschafft, die Qualifikat­ion für die Weltmeiste­rschaften 2019 und 2020 blieb ihm verwehrt. Hauptursac­he für das Formtief waren fast schon chronisch gewordene Rückenprob­leme, und als die im Sommer 2020 nach mehr als zweijährig­er Leidenszei­t endlich überwunden waren, folgte der nächste Tiefschlag: Bei den Ausscheidu­ngsrennen

um die letzten beiden Weltcup-Plätze zog Simon Schempp kurz vor Saisonstar­t den Kürzeren gegen Erik Lesser und Roman Rees, erstmals seit 2011 war er außen vor. Statt sich unter den Besten zu beweisen, musste der gebürtige Mutlanger weiter alleine im Training schuften. Diese Wochen seien „nicht leicht“gewesen, sagt Simon Schempp, „selbstvers­tändlich war ich enttäuscht“.

Doch einen Mann mit zwölf Weltcup-Siegen (plus sechs mit der deutschen Staffel) solle „keiner grundsätzl­ich abschreibe­n“, betonte Sportdirek­tor Bernd Eisenbichl­er schon damals. „Wir wissen alle, was er geleistet hat und zu leisten imstande ist.“Er sei auf dem „richtigen Weg“. Das bewies Simon Schempp nicht nur in internen Testrennen – bei der World Team Challenge in Ruhpolding gelang kurz vor Jahresende sogar ein echter Befreiungs­schlag. Dort lief er dank einer bärenstark­en Vorstellun­g mit seiner Freundin Franziska Preuß auf Rang zwei. Vor allem beim letzten Schießen beeindruck­te er inmitten der Weltelite. Blitzschne­ll, fehlerfrei, fast ohne Nerven – fast wie früher. „Ich weiß natürlich, wie Biathlon funktionie­rt“, sagte Simon Schempp an diesem 28. Dezember 2020: „Gerade beim Schießen fühle ich mich momentan sehr gut. Was das auf der Strecke wert ist, werden wir sehen.“

Auch Bundestrai­ner Mark Kirchner rätselt diesbezügl­ich noch. „Wenn er sich nicht so viele Gedanken macht und die Dinge so bewältigt, wie es notwendig ist, dann ist er mit seinen Qualitäten in der Lage, eine ordentlich­e Leistung abzuliefer­n“, sagte der 50-Jährige. „Wo die sich einsortier­t, das wird eine spannende Frage sein.“Erste Antwort? Oberhof.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Wie Biathlon funktionie­rt, weiß er „natürlich noch“. Den Beweis möchte Simon Schempp möglichst schon in Oberhof erbringen.

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