Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vor einem Jahr: Hochzeitsmesse statt Impfzentrum
Anfang 2020 war die Welt in Ravensburg noch eine andere – Erste dunkle Wolken am Horizont
RAVENSBURG - Der Ravensburger Weihnachtscircus meldete einen neuen Besucherrekord, die Sternsinger sammelten im Stadtgebiet 70 000 Euro für einen guten Zweck und in der Oberschwabenhalle wurde statt einem Impfzentrum die Hochzeitsmesse „Ewig Dein“vorbereitet: Vor einem Jahr war die Welt noch eine andere, wie der Blick ins SZ-Archiv zeigt.
Die „Schwäbische Zeitung“berichtete am 10. Januar 2020 unter anderem darüber, dass der EdekaMarkt im „Schweinchenpalast“an der Ulmer Straße schließen würde: „Der 8. Februar wird der letzte Verkaufstag sein, sagen Mitarbeiter des Lebensmittelhändlers. Eine offizielle Bestätigung von Edeka Südbayern gibt es trotz mehrfacher Nachfrage bis heute nicht. Am Donnerstag aber hat Lidl bestätigt, dass der Discounter die Flächen von Edeka übernehmen wird“, heißt es da. Inzwischen hat der neue Lidl nach umfangreicher Sanierung längst eröffnet und der „Schweinchenpalast“verdient eigentlich seinen Namen nicht mehr, weil die schaurig-schönen rosa Kacheln unter einer Folie verschwunden sind.
Ärger gab es – mal wieder – auch um den Eschersteg. Dieser wurde im Januar 2020, nachdem er 15 Jahre lang auf dem Bauhofgelände in Mariatal vor sich hin gerostet hatte, mit einem Schwertransporter in eine Halle nach Horgenzell-Bettenreute gebracht. Das Denkmal, das 2005 nach dem Bau der Unterführung am Bahnhof abmontiert wurde und nach der Vorgabe des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg wieder aufgebaut werden muss, spaltet seit Jahren die Gemüter. Daran hat auch die Corona-Pandemie nichts geändert. „Die Sanierung und der Wiederaufbau des Escherstegs wäre in der jetzigen Situation und auf absehbare Zeit nicht vermittelbar“, sagt Oberbürgermeister Daniel Rapp mit Blick auf leere Kassen. Endgültig entlassen hat das Landesdenkmalamt die Stadt allerdings noch nicht aus ihrer Pflicht zum Wiederaufbau.
Ansonsten gab es vor zwölf Monaten viele gute Nachrichten: Der Ravensburger Weihnachtscircus beendete seine zwölfte Winterspielzeit mit 28 Shows. Mehr als 45 000 Zuschauer waren begeistert, ein neuer Rekord. Dieses Jahr musste der Weihnachtscircus trotz zweier Anläufe wegen der Pandemie ausfallen, jetzt hofft Zirkusdirektor Elmar Kretz auf Ostern mit einem neuen Konzept.
Anfang 2020 waren im Ravensburger Stadtgebiet und in den Ortschaften noch mehr als 300 Sternsinger unterwegs. Die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen sammelten unter dem Motto „Frieden im Libanon und weltweit“vor einem Jahr geschätzt etwa 70 000 Euro an Spenden, vor allem für die bundesweite Sternsingeraktion. Verkleidet als „Heilige Drei Könige“hatten einige von ihnen Tage ihrer Schulferien oder ihres Urlaubs eingesetzt, um den Menschen eine Freude zu bereiten und sich für notleidende Kinder zu engagieren, sowie auch Gottesdienste mitgestaltet.
In den Startlöchern standen im Januar 2020 die Hochzeitsmesse „Ewig Dein“und die „Hausplus“, die eigentlich auch in diesem Winter wieder hätten stattfinden sollen. Jetzt aber beherbergt die Ravensburger Oberschwabenhalle das neue Kreisimpfzentrum, das hoffentlich bald an den Start gehen wird. Messen sind wieder abgesagt, die neue Ravensburger Messegesellschaft hatte zwischen zwei Lockdowns mit der neuen „Agraria“zumindest ein erstes Lebenszeichen von sich geben können.
Schmerzlich vermisst werden von vielen derzeit sicher auch die Aussichten auf den Sommer: Im Januar 2020 begannen die Castings für das Rutentheater. Ob es ein Rutenfest in diesem Jahr überhaupt geben wird und in welcher Form, steht derzeit noch in den Sternen.
Januar 2020 war auch der Zeitpunkt, als sich die Wolken am Horizont schon verdüsterten. Am 10. Januar 2020 berichtete die „Schwäbische Zeitung“im überregionalen
Teil: „Die Ausbreitung einer zuvor unbekannten Lungenkrankheit in der zentralchinesischen Metropole Wuhan geht wahrscheinlich auf ein neuartiges Coronavirus zurück. Chinesische Experten hätten die Gensequenz des Erregers entziffert, teilte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Donnerstag in Peking mit. Demnach stecken sich Menschen nicht allzu leicht gegenseitig mit dem Erreger an. Vor der großen Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest am 25. Januar äußerten Verantwortliche dennoch die Sorge, dass sich infektiöse Krankheiten wie diese verstärkt ausbreiten könnten, wenn Hunderte Millionen Menschen unterwegs sind.“