Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Plan B für Amazon-Ansiedlung im Allgäu

Projektträ­ger zieht Kaufgesuch zurück – Verteilzen­trum soll nun nicht auf einem kommunalen Grundstück in Memmingerb­erg entstehen

- Von Markus Raffler

MEMMINGERB­ERG (sz) - Die Ansiedlung eines Verteilzen­trums des Versandrie­sen Amazon auf einem kommunalen Grundstück am Memminger Flughafen ist vom Tisch. Beerdigt wird das umstritten­e Projekt, das bei Politik und Einzelhand­el im Allgäu auf teils massive Kritik gestoßen war, deshalb aber nicht. Es soll weiterhin in Memmingerb­erg verwirklic­ht werden – und zwar auf einem Areal, das sich im Eigentum der Flughafen-Gesellscha­ft befindet. Das gab die Allgäu Airport GmbH (AAP) am Montagaben­d bekannt.

Wie berichtet, waren die Pläne für das Verteilzen­trum in der Region auf erhebliche­n Widerstand gestoßen. Gegner des Projekts argumentie­ren damit, dass das US-Unternehme­n dem örtlichen Einzelhand­el massiv zusetze und daher für ein Verteilzen­trum keine kommunalen Flächen bereitgest­ellt werden dürften. Auch die Arbeitsbed­ingungen und die Höhe der Steuereinn­ahmen vor Ort stehen in der Kritik. Das Filetgrund­stück am Flughafen gehört der Gesellscha­ft GAP, der neben dem Airport auch Allgäuer Städte und Landkreise sowie Banken angehören. Nötig für das

Projekt ist ein vier Hektar großes Areal.

Die anhaltende Diskussion habe die AAP nun dazu bewogen, von dem kommunalen Grundstück Abstand zu nehmen, sagt Flughafens­precherin Marina Siladji auf Anfrage der

„Allgäuer Zeitung“. „Wir haben das Kaufgesuch für die Fläche zurückgezo­gen.“Die AAP fungiert bei der Amazon-Ansiedlung als Projektträ­ger und hätte die Fläche vor der Umsetzung weiterer Schritte erworben. Als Projektent­wickler ist die Airport

Energie Management (AEM) vorgesehen – eine Gesellscha­ft des Flughafens und der Firma E-con, die zur Alois-Müller-Gruppe (Unterallgä­u) gehört.

„Mit dieser Art von Widerstand haben wir nicht gerechnet“, stellt AAP-Beiratsvor­sitzende Bettina Kurrle fest. Die AAP sei aber weiterhin von dem Projekt überzeugt, daher soll das Verteilzen­trum nun andernorts entstehen. „Wir werden Amazon ein Grundstück vorschlage­n, das im Eigentum der AirportGes­ellschaft ist“, sagt Siladji. Dieses sei etwa 50 Meter vom bisher favorisier­ten Areal entfernt. „Die Grundkonze­ption für das Vorhaben bleibt unveränder­t.“Amazon müsse nun die Alternativ­fläche prüfen. Finde das Areal Zustimmung, beginnt laut Siladji das Bauleitver­fahren. Der bisherige Zeitplan sah das Einreichen des Bauantrags im Januar und den Betriebsst­art im Mai 2022 vor. Im Drei-Schicht-System sollen dort etwa 140 Beschäftig­te arbeiten – in Spitzenzei­ten sogar 200.

„Ich kann die Entscheidu­ng des Flughafens wirtschaft­lich nachvollzi­ehen, schreie aber jetzt nicht hurra“, kommentier­t der Unterallgä­uer Landrat Alex Eder (Freie Wähler) die

Entwicklun­g. Zwar sei die Kommunalpo­litik nun moralisch nicht mehr in der Pflicht – könne sich aber auch nicht mehr einbringen. Trotz einzelner Vorteile „überwiegen für mich die Nachteile eines Verteilzen­trums an dieser Stelle.“Dass das Projekt nun ohne Kommunen und Kreise vorangetri­eben werde, sei „nicht das allerschön­ste Signal“.

Maria Rita Zinnecker (CSU), Aufsichtsr­atschefin der Allgäu GmbH, ergänzt: „Dieser Entschluss bringt erst einmal Ruhe in dieses Thema.“Es sei klar, dass die Bedeutung des Online-Handels zunehmen werde. Zugleich gerate der örtliche Handel immer mehr unter Druck. Tatsache sei auch, dass das Image von Amazon in der allgemeine­n Wahrnehmun­g schlecht sei. Der Memminger Stadtrat hat am Montag die Abstimmung über Amazon in letzter Minute von der Tagesordnu­ng genommen. Die Grundstück­s-Gesellscha­ft GAP müsse nun definieren, wie das Gelände am Airport zu vermarkten sei und welche Branchen dorthin passten, sagt OB Manfred Schilder (CSU). GAP müsse künftig aktiv auf geeignete Interessen­ten zugehen – am besten aus der Sparte neue Technologi­en/Fahrzeugfo­rschung.

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FOTO: ROLF VENNENBERN­D/DPA Das geplante Amazon-Verteilzen­trum auf einem kommunalen Grundstück in Memmingerb­erg ist vom Tisch. Nun soll das Vorhaben auf einem Anwesen der Flughafen-Gesellscha­ft realisiert werden.

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