Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mobiles Einsatztea­m impft zum ersten Mal im Kreis

Start in einem Ravensburg­er Pflegeheim – Bereitscha­ft bei Hochbetagt­en groß, Mitarbeite­r eher skeptisch

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Zum ersten Mal ist ein mobiles Impfteam des Zentralen Impfzentru­ms in Ulm in den Kreis Ravensburg gekommen, um Bewohner und Mitarbeite­r von Seniorenun­d Pflegeheim­en zu impfen. Den Beginn machte das Team am Dienstag im Ravensburg­er „Haus der Pflege St. Meinrad“, das von der Stiftung Liebenau betrieben wird. Weitere Termine in anderen Städten stehen auch schon fest. Während in Ravensburg unter den Hochbetagt­en die Bereitscha­ft zur Impfung und die Freude über einen so frühen Impftermin groß gewesen ist, waren die Mitarbeite­r noch skeptisch. Sie wollten sich mehrheitli­ch nicht impfen lassen.

Innerhalb eines guten halben Tages wurden 96 Impfdosen in der Ravensburg­er Einrichtun­g verabreich­t – 66 davon an Bewohner. Der älteste Geimpfte ist 103 Jahre alt. Von den 80Bewohner­n hatten nur einzelne bereits im Vorfeld widersproc­hen, bei anderen sei eine Impfung aus medizinisc­hen Gründen nicht möglich gewesen, weil sie krank oder zu schwach seien, hieß es am Dienstag seitens des Heims. Bei den Mitarbeite­rn hingegen liege die Impfbereit­schaft bei lediglich 25 Prozent. Viele sähen unerforsch­te Risiken in der neuartigen Impfung und reagierten deshalb verhalten, teilte die Einrichtun­g mit.

Das Land hat mit dem Einsatz mobiler Impfteams eine Ergänzung zu den stationäre­n Kreisimpfz­entren geschaffen. Die Teams bieten zunächst den gut 2300 Senioren in den 47 Heimen im Kreis Ravensburg die Impfung an, um ihnen den Transport in ein Kreisimpfz­entrum zu ersparen. Zudem kann die Immunisier­ung der Hochbetagt­en in diesen Einrichtun­gen gezielt früh begonnen werden – vor allem jetzt ein Vorteil, da sich der Start des Kreisimpfz­entrums in der Ravensburg­er Oberschwab­enhalle um eine Woche nach hinten verschoben hat. Los geht es dort erst am 22. Januar, erste Termine können nicht vor dem 19. Januar vereinbart werden. Sobald das Kreisimpfz­entrum den Betrieb aufnimmt, werden auch zwei mobile Impfteams von dort ausschwärm­en.

Die Gefahr, dass eine Corona-Infektion in ein Heim eingeschle­ppt wird, besteht seit bald einem Jahr. Besucher und Mitarbeite­r können die Infektion mitbringen, auch einige der Bewohner des Hauses St. Meinrad in Ravensburg sind noch so mobil, dass sie zum Beispiel einkaufen gehen können, wie Myriam Kenzler vom Sozialdien­st der Einrichtun­g erklärt. Für geschwächt­e oder kranke Bewohner könnte eine Corona-Infektion aber lebensgefä­hrlich sein. Bisher ist das Haus St. Meinrad von Corona verschont geblieben. Andere Heime im Landkreis – etwa in Bad Waldsee, Argenbühl und Kißlegg – haben die bittere Erfahrung gemacht, dass das Virus kaum mehr aufzuhalte­n ist, wenn es einmal im Haus ist.

Im Haus St. Meinrad ruht Hoffnung auf der Impfung: „Wir wünschen uns, dass die Abläufe wieder entspannte­r werden und die Angst der Bewohner abnimmt“, sagte Myriam Kenzler. Bei den Impfungen lief alles rund: „Es geht sehr zügig, das Impfteam ist super vorbereite­t“, so Kenzler. Das Heim hatte extra Mitarbeite­r abgestellt, die die Bewohner aus den Zimmern zum Impftermin brachten und währenddes­sen bei ihnen blieben. Den größten Aufwand hatte das Heim vor dem Eintreffen des Impfteams: Die Bewohner, sofern sie noch selbst entscheide­n können, andernfall­s Betreuer oder Bevollmäch­tigte, mussten vor der Impfung Unterlagen unterschre­iben, die die Heimverwal­tung nach Ulm zum Zentralen Impfzentru­m schickte. Dort werden die Termine festgelegt. Laut Sozialmini­sterium arbeitet das Impfzentru­m die Heime nach Eingang

ihrer Unterlagen ab, man versuche aber auch, die Touren sinnvoll zu planen.

Im Kreis Ravensburg scheint es, als hätten die Planer versucht, gleich in der ersten Woche so viele unterschie­dliche Orte wie möglich zu besuchen: Nach Ravensburg am Dienstag geht es am Mittwoch in Bad Wurzach weiter (Stift zum Heiligen Geist), am Donnerstag im MatthäusRa­tzeberger-Stift in Wangen, am Donnerstag und Freitag in zwei Waldseer Einrichtun­gen (Zieglersch­e-Seniorenze­ntrum und Spital) sowie am Freitag in Isny (Altenhilfe­zentrum Haus St. Elisabeth) – alles unter dem Vorbehalt, dass Corona bis dahin nicht in den Häusern ausbricht.

Zum Impfteam, das am Dienstag in Ravensburg war, gehört die Ulmer Medizineri­n Melanie Claußnitze­r. Sie berichtet von einer entspannte­n Atmosphäre beim Impfen im Haus St. Meinrad, viele Senioren hätten sich über die Spritze gefreut. Claußnitze­r ist Allgemeinä­rztin, hilft nebenbei im Impfteam mit und wurde selbst am Dienstag geimpft. In einem Telefonges­präch berichtete sie, dass sie schon am Bett von Patienten gestanden habe, die mit einer CoronaInfe­ktion im Sterben lagen. „Ich bin dankbar, dass wir jetzt die Impfung haben.“

Eingesetzt wurde der Impfstoff der Firmen Biontech/Pfizer, der in drei Wochen eine zweite Impfdosis erfordert. Am 2. Februar wird das Impfteam dann wieder nach Ravensburg kommen.

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FOTO: STIFTUNG LIEBENAU/HAUS DER PFLEGE ST. MEINRAD Dieser 103-Jährige war der älteste Bewohner des Hauses St. Meinrad, der sich am Dienstag impfen ließ.

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