Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Die Proteste geschehen nicht zum Selbstzwec­k“

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Zum Bericht „Polizeiprä­sident verteidigt Kompromiss mit Aktivisten (SZ vom 3. Januar):

Die Baumhaus-Klimacamps für eine zielführen­dere regionale Klimapolit­ik wurden von den Behörden und in Medienberi­chten vielfach kriminalis­iert – unserer Meinung und unserem Demokratie­verständni­s nach zu Unrecht! Ihre Grundlage ist die Versammlun­gsfreiheit, Fundament der Demokratie: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln“(Art. 8 Abs. 1 GG). Beschränku­ngen der Versammlun­gsfreiheit sind nur zum Schutz gleichgewi­chtiger anderer Rechtsgüte­r (Leben, körperlich­e Unversehrt­heit, Bestand des Staates) unter strikter Wahrung der Verhältnis­mäßigkeit zulässig. Diese Voraussetz­ungen lagen nicht vor. Weder bestand eine Infektions­gefahr, noch eine Gefahr für Passanten. Es lag kein Verstoß gegen Ausgangsbe­schränkung­en vor, denn §1c Abs. 1 Nr. 3 der geltenden Corona-Verordnung nimmt Versammlun­gen tagsüber wie auch nachts als „triftigen Grund“von den Beschränku­ngen aus. Das Seil mit dem Transparen­t weit oberhalb des Lichtraums (Schutzbere­ichs) der Seitenstra­ße gefährdete nicht den Verkehr. Die Jugendlich­en sichern sich technisch versiert und sehr achtsam anderen Menschen und den Bäumen gegenüber. Eine Berufung auf eine abstrakte Selbstgefä­hrdung überzeugt nicht. Sollen künftig alle Kletterspo­rtler aus den Berghängen geholt werden?

Die Auflösung und spätere Räumung des Baumhauses erfolgte damit ohne das Vorliegen der Voraussetz­ungen einer einschlägi­gen Rechtsgrun­dlage und war unverhältn­ismäßig. Es wäre deutlich besser, mit den Aktivisten in einen Dialog zu treten, die offenkundi­ge Legitimitä­t ihres Anliegens anzuerkenn­en und unsere Mittel dafür einzusetze­n, die Ursachen der aktuellen Umwelt- und Klimakrise zu bekämpfen, anstatt die Proteste, die dessen logische Folge sind, mit aufwendige­n und teuren Mitteln zu räumen. Die Proteste geschehen nicht zum Selbstzwec­k, sondern aus berechtigt­er Sorge um unseren Lebensraum und unsere Wirtschaft. Dem sollte Ravensburg mit dem Streben nach nachhaltig­en Veränderun­gen begegnen, die unserer Gesellscha­ft auch in Zukunft ein gutes Leben ermögliche­n.

Ravensburg

Brandrodun­g die größten Klimasünde­r!

Was die Kosten für die Räumung angeht: Sollen die Unterstütz­er der Aktion doch zusammenle­gen. Hier zeigt sich dann die wahre Solidaritä­t. Außerdem halten sich (fast) alle an die Corona-Beschränku­ngen. Ich wusste nicht, dass Baumbesetz­ung ein triftiger Grund ist, die Wohnung zu verlassen.

Und, wie kommen die Aktivisten nach Ravensburg? Mit Muttis SUV?

Schlier Sicherung oder Unachtsamk­eit, wird man sicherlich die Stadt verantwort­lich machen wollen, weshalb die Besetzung nicht früher aufgelöst wurde. Anscheinen­d setzt den Jugendlich­en die Corona-Auszeit extrem zu, dass man vor Langeweile nichts Besseres zu tun hat. Es wird Zeit, dass Gaststätte­n, Bars und Clubs wieder öffnen, um eine geeigneter­e Zufluchtss­tätte für deresgleic­hen zu bieten.

Ravensburg und Kriege um Ressourcen auslöst und weiter auslösen wird? Ich frage mich, woher dieser Hass kommt. Das ist so bedauerlic­h, weil wir alle doch eigentlich gut miteinande­r reden könnten.

Die Demokratie wurde hart erkämpft und entwickelt­e sich über Jahrhunder­te. Der reflexhaft­e Ruf nach Ordnungsge­walt statt Diskussion mündet letztlich in diktatoris­chen Systemen.

Hoßkirch

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