Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wäldchen weitgehend abgesägt
Fällung alter Bäume in Friedrichshafen – Zuständige Abteilung wurde nicht einbezogen
FRIEDRICHSHAFEN - Im Fallenbrunnen sollte gegenüber der Blauen Blume, zwischen der ZU und der DHBW, eigentlich ein Erholungswald stehen. So will es der Bebauungsplan. Seit Mitte Dezember sind von diesem Wäldchen aber nur noch Reste vorhanden, denn die stattlichsten und ältesten Bäume des Wäldchens wurden gefällt. Die BUND-Ortsgruppe fürchtet nun, dass das Wäldchen keine Zukunft hat, weil die verbliebenen Bäume durch die Fällungen Stürmen Angriffsflächen bieten. Damit ist die Funktion des Wäldchens als Lebensraum von streng geschützten Vogelund Fledermausarten fraglich. Zumal nun ohnehin die alten Bäume fehlen, die für die Artenschutz am wertvollsten waren.
Ein von der Stadtverwaltung beauftragter externer Baumkontrolleur habe die Fällungen bei einem privaten Forstunternehmen in Auftrag gegeben, schreibt die Stadt. Eine Anfrage der SZ, welche Abteilung der Stadtverwaltung für das Wäldchen zuständig ist, beantwortet die Stadt jedoch nicht. Auskunft gibt hingegen der BUND: Zuständig für den Stadtwald seien die Umweltabteilung und die Stadtförsterin. Beide Stellen hätten von der Fällaktion aber nichts gewusst. Offenbar habe die Abteilung Stadtgrün die Fällungen angeordnet, sagt Brigitte Wallkam vom BUND. Nur ist die Abteilung Stadtgrün für den Stadtwald nicht zuständig.
Vom Zustand des Wäldchens zeigt sich der BUND entsetzt. Demnach, heißt es auf der BUND-Homepage, „wurden Bäume gefällt, die nur hätten eingekürzt werden sollen. Mindestens ein Habitatbaum mit Baumhöhle, der geschützten Tierarten Lebensraum bieten kann, wurde gefällt.“Bei der Ausführung der Fällungen habe es Kollateralschäden gegeben: „Weitere Bäume – Kirsche, Hainbuche, Erle – wurden umgedrückt, die dann auch auf den Holzstapel wanderten“, so der BUND. Beim Rausziehen der Bäume mit großen Maschinen sei zudem der Jungaufwuchs plattgewalzt worden.
Die Stadt erklärt die Fällungen mit ihrer Verkehrssicherungspflicht zum Schutz der Menschen, die sich im belebten Fallenbrunnen aufhalten. Ein Baumkontrolleur habe das Eschentriebsterben festgestellt und deshalb bei einigen Bäumen Bedenken wegen der Standfestigkeit gehabt. Eine nachträgliche Untersuchung habe diesen Verdacht bestätigt. Welches Amt diese Nachuntersuchung vorgenommen hat, wird nicht erwähnt.
Die Stadt betont, dass die Fällungen notwendig gewesen seien, gesteht aber Pannen ein: Zu Fragen des Naturschutzrechts und der Verkehrssicherungsmaßnahmen hätten sich die Ämter „leider nicht abgestimmt, „da die Fläche im städtischen Baumkataster noch nicht als Waldfläche ausgewiesen war“.
Die weiteren Schäden, die der BUND reklamiert, seien entstanden, weil eine große, zentrale Esche nicht wie beabsichtigt mit einem Autokran stückweise abgesägt werden konnte, erklärt die Stadt. Der Baum sei mit dem Kran nicht erreichbar gewesen und zwei Baumkletterer hätten es wegen des Risikos abgelehnt, den Baum kletternd abzubauen. Anstatt auf diese Weise einen für den Artenschutz wichtigen Torso stehen zu lassen, sei der Baum daher gefällt worden. Dabei „wurden bedauerlicherweise größere Bereiche des Unterwuchses und einige kleinere Bäume umgerissen.“Begründet werden die Fällungen letztlich mit der Sicherheit für die Passanten. „Aber je kleiner die Waldparzellen sind, desto schlimmer wirkt sich diese Verkehrssicherungspflicht aus“, sagt Brigitte Wallkam. So wie nun im Fallenbrunnen: Das großteils abgeholzte Wäldchen ist von Straßen und Wegen umgeben und so schmal, dass die Umsetzung der Verkehrssicherungspflicht die völlige Entfernung des Totholzes bedeutet, das Menschen an den Waldrändern gefährden könnte. „Das ist dann im Ergebnis aber kein Wald mehr“, sagt Wallkam. Sie fürchtet, dass es weiteren Waldparzellen im Fallenbrunnen an den Kragen gehen könnte. Derzeit beschäftigt sich der Gemeinderat mit dem Bebauungsplan für das Gebiet Fallenbrunnen Nordost. „Wenn die Verkehrssicherungszonen so bleiben, wie sie in den Plänen eingezeichnet sind, bleibt von manchen Waldflächen nicht viel übrig“, sagt Brigitte Wallkam.