Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Um Kaminfeuer entbrennt heftige Diskussion
Holzöfen spalten Leserschaft – Schornsteinfeger sind bei Missbrauch die Hände gebunden
RAVENSBURG (vin/sz) - Der Bericht über ein Rentnerpaar in der Ravensburger Weststadt, das den Kaminrauch aus der Nachbarschaft nicht mehr erträgt und sich von allen zuständigen Behörden verlassen fühlt, hat für heftige Reaktionen gesorgt – von Zustimmung anderer Betroffener bis Ablehnung und Kritik von Menschen, die ein heimeliges Kaminfeuer schätzen. Auch der zuständige Schornsteinfeger Markus Waldherr hat sich zu Wort gemeldet: „Ich kann das Paar schon verstehen, denn in der Gegend gibt es einige Öfen, die häufig benutzt werden.“Auch müssten in den vergangenen zwölf Monaten wegen der Pandemie die Bürger deutlich mehr Zeit zuhause verbringen – und hätten daher mehr Zeit zu heizen. „Jedoch darf man nicht alle über einen Kamm ziehen.“Die überwältigende Mehrheit, so ist sich Waldherr sicher, sind pflichtbewusste Bürger, einige „schwarze Schafe“werde es leider immer geben.
Das ältere Ehepaar hatte sich verzweifelt an Stadtverwaltung, Landkreis und nach Monaten schließlich auch an die „Schwäbische Zeitung“gewandt. Die Müllers (Name geändert) fühlen sich „von Kaminen umzingelt“. Vor allem ein Nachbar verbrenne dort nach Ansicht der Rentner definitiv alles, was ihm in die Hände komme und was halbwegs brennbar sei, sogar das Holz alter Eisenbahnschwellen.
„Ich kann nicht einfach da klingeln und den verwendeten Brennstoff, den Feuchtigkeitsgehalt vom verwendeten Holz oder die Feuerstätte überprüfen“, erklärt Waldherr die Rechtslage. Im Zuge der hoheitlichen Tätigkeiten des Bezirksschornsteinfegers hätten in dem Wohngebiet jedoch keine Missstände festgestellt werden können, „das ist jedoch auch immer nur eine Momentaufnahme“.
Überprüfungen außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen dürfen nur auf Veranlassung einer Behörde von ihm durchgeführt werden. Ein solcher Besuch dürfe dann auch nicht unangemeldet erfolgen, sondern müsse fünf Tage im Voraus angekündigt werden. „Sie können sich vorstellen, was dabei bei den erwähnten schwarzen Schafen herauskommt“, nennt er es unwahrscheinlich, dass nach fünf Tagen noch Eisenbahnschwellen vorzufinden wären.
Einer solchen Behördenanordnung müsse zudem eine Anzeige vorausgehen, und die scheuen die Müllers, weil sie Angst vor den betreffenden Nachbarn haben. Waldherr hat dem Paar die Rechtslage bereits öfters schriftlich und mündlich zu erklären versucht, wie er sagt. Zudem riet er ihnen, dass es das Beste wäre, sie würden das direkte Gespräch mit den Nachbarn suchen und diesen klar machen, wie sehr sie unter dem Qualm leiden. Es sei nicht wahr, dass er auf deren Sorgen hin nur mit den Schultern gezuckt habe, wie sie behaupten. „Sie tun mir schon Leid, aber ich kann wirklich nichts tun.“
Waldherr kann auch nachweisen, dass er immer dann, wenn ein Ofen wegen zu hohem Alter stillgelegt oder nachgerüstet werden muss, die Eigentümer informiert. Sollten sie nicht reagieren, informiere er die zuständige Behörde. „Was dann passiert, entzieht sich leider oft meiner
Kenntnis.“Von der Stadt Ravensburg wünscht er sich schon lange eine bessere Zusammenarbeit, „leider jedoch vergebens“.
In 80 Ravensburger Wohngebieten ist das Verbrennen von Holz sogar per Bebauungsplan untersagt. In der Weststadt betrifft das beispielsweise die Gebiete Huberesch I und III. Ein Anwohner von dort meldete sich telefonisch bei der „Schwäbischen Zeitung“und schilderte ähnliche Zustände wie das Rentnerpaar. Und auch auf „Schwäbische.de“äußern sich Menschen, die unter dem Kaminrauch leiden. Zum Beispiel Werner N.: „Bei entsprechender Witterung drückt der Wind den Rauch in die Häuserreihen, sodass an offenes Fenster bei Nacht nicht zu denken.“Und das, obwohl es für die an die Fernheizung angeschlossenen Hausbesitzer verboten sei, Kamine zu betreiben. Auch Hans H. kann nicht verstehen, dass beispielsweise Pelletöfen auch noch staatlich gefördert werden: „Ich frage mich schon länger, warum gegen diese gesundheitsschädliche Luftverpesterei in Wohngebieten nicht vorgegangen wird. Tatsächlich wird sie sogar noch vom Gesetzgeber gefördert, weil ja CO2freundlich. Dass dabei schädlicher Feinstaub entsteht, wird dabei geflissentlich übersehen. Die Kamine gehören sämtlich stillgelegt, denn es gibt keine Luftfilter, die alles herausfiltern können. Leider verdienen sehr viele an dieser Technik.“
Stefanie S. fragt sich, warum man neben der normalen Heizung überhaupt einen Holzkamin braucht: „Sobald bei uns ein Tiefdruckgebiet ist, zieht der Rauchgestank in unsere Zimmer. Unser Sohn hatte jahrelang Husten von diesem Feinstaub. Außerdem konnten wir auch den Winter
durch nicht richtig lüften. Eingekesselt von Holzöfen ... Zudem hatten viele Kinder im Ort ungeklärten Husten im Winter. Als Ursache wurde es bestimmt nicht von den Kinderärzten erkannt. Wie auch. Wer eine normale Heizung hat, braucht doch bitte nicht noch wegen dem Ambiente einen Holzofen?“(...) Wir leben doch nicht in Sibirien!“
Auch einige Kaminbesitzer äußern Verständnis, zum Beispiel Christian G.: „Leider gibt es viele Zeitgenossen, die behandeltes Holz oder anderes Material im Ofen wie Laminat verbrennen. Ich kenne das aus meiner Ortschaft auch, dass im Winter die Luft an vielen Tagen stinkt. Habe selbst auch einen Holzofen.“Andere wollen aber nicht in einen Topf geworfen werden mit „schwarzen Schafen“, die ihren Kaminofen nicht richtig befeuern. Sylvester S. schreibt: „Ich heize sowohl mit Pellets als auch mit Scheitholz in einem kleinen Ofen. a) Da raucht nichts, b) Da stinkt nichts. Wenn man ordentliches Holz nimmt und mit einem Ofen umgehen kann, funktioniert das wunderbar ohne Belästigung. Allerdings gibt es genügend Spezialisten, die meinen, ihren Abfall da drin entsorgen zu können.“Der Leser schlägt eine verpflichtende Einweisung vor, wie mit einem Kaminofen umzugehen sei, hält aber nichts von Verboten und Pauschalverurteilungen.
„Einfach nur lächerlich, das Ganze“, meint Sylvia M. „Wir und unsere Nachbarn nutzen Kaminöfen mit Holzbefeuerung. Wir haben weder im Haus noch sonst irgendwo Ruß liegen. Durch den Kaminkehrer werden die Öfen regelmäßige gewartet. Mal gucken, welche Heizmethode als nächstes böse ist.“