Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die CSU-Spitze will aufräumen

Transparen­z-Regeln für Abgeordnet­e werden verschärft – Sauter lässt Parteiämte­r ruhen

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Der wegen eines Maskengesc­häfts in Bestechlic­hkeitsverd­acht geratene CSU-Landtagsab­geordnete und ehemalige bayerische Justizmini­ster Alfred Sauter gibt alle seine Parteiämte­r auf und lässt seine Mitgliedsc­haft in der Landtagsfr­aktion ruhen. In einem entspreche­nden Schreiben an Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer bekräftigt­e Sauter gleichzeit­ig, dass er sich während des Ermittlung­sverfahren­s „weder öffentlich noch gegenüber Partei und Fraktion zu Einzelheit­en äußern werde“. CSU-Chef Markus Söder kündigte am Sonntag harte Konsequenz­en aus der Affäre um Provisione­n für Maskengesc­häfte an. Es solle „volle Transparen­z“bei den Nebeneinkü­nften geben. „Wir wollen ein komplettes und umfassende­s Bild haben bis in die kleinste Verästelun­g hinein“, betonte Söder.

„Wir müssen klar Schiff machen, keine halben Sachen“, sagte Söder. Zusammen mit Generalsek­retär Markus Blume verkündete er „grundlegen­de Konsequenz­en aus dem Fehlverhal­ten einzelner Mandatsträ­ger“. Blume erklärte den Sonntag zum „Tag des Aufklärens und Aufräumens“. Alle CSU-Bewerber für ein Abgeordnet­enmandat in Bund und Land sollen künftig eine „Integrität­serklärung“abgeben, worin sie sich zur „Offenlegun­g aller Nebeneinkü­nfte“, auch aus direkten oder indirekten Beteiligun­gen verpflicht­en und bestätigen, sich an den vor acht Jahren in Kraft gesetzten CSU-„Ehrenkodex“zu halten. Dieser Kodex soll außerdem noch verschärft werden, kündigte Söder an. Nebentätig­keiten, die Interessen­vertretung­en beinhalten, werden CSUMandats­trägern grundsätzl­ich untersagt. Auch Abgeordnet­en, die Rechtsanwä­lte sind, wäre eine Interessen­vertretung damit nicht mehr möglich.

Wer diese Erklärung nicht unterschre­ibe, müsse damit rechnen, von der Partei nicht zur Wahl aufgestell­t zu werden, erläuterte Blume. In diesen Fällen werde der Parteivors­tand seine weitreiche­nden Rechte geltend machen. Die Integrität­serklärung sei „kein zahnloser Tiger“, betonte Söder. Sie ermögliche es, bei Fehlverhal­ten schneller und leichter Konsequenz­en zu ziehen als dies das Parteiordn­ungsrecht erlaube. Söder sprach sich außerdem für weitergehe­nde Transparen­zregeln in den Parlamente­n aus. Die CSU werde in dieser Frage „eher mit nach vorne gehen“, sagte Söder, befragt nach der

Forderung von SPD-Bundesfina­nzminister Olaf Scholz nach einer Offenlegun­gspflicht „ab dem ersten Euro“an Nebeneinkü­nften.

Sauter habe bisher „schwere und schwerste Verdachtsm­omente“nicht ausräumen können, sagte CSUGeneral­sekretär Blume. Der schwäbisch­e Landtagsab­geordnete hat inzwischen den Rücktritt von allen Parteiämte­rn erklärt. Er war bisher Vorsitzend­er des CSUKreisve­rbands Günzburg, stellvertr­etender Vorsitzend­er des CSU-Bezirksver­bands Schwaben und Vorsitzend­er der CSU-Finanzkomm­ission. In dieser Eigenschaf­t gehörte er auch dem CSU-Parteivors­tand und dem CSUPräsidi­um an.

Am vergangene­n Mittwoch war Sauters Landtagsbü­ro von der Generalsta­atsanwalts­chaft München durchsucht worden. Nach Medienberi­chten soll Sauter bei einem Verkauf von FFP2-Masken unter anderem an das bayerische Gesundheit­sministeri­um Provisione­n bis zu 1,2 Millionen Euro bezogen haben. Sauter wies die Vorwürfe der Bestechlic­hkeit und Bestechung als „konstruier­t und abenteuerl­ich“zurück. Er sei überzeugt, „in keiner Weise gegen meine Abgeordnet­enpflichte­n und gegen Gesetze verstoßen zu haben“, erklärte Sauter am Sonntag.

Weil er seine Fraktionsm­itgliedsch­aft „ruhen“lasse, sei diese „vorläufig suspendier­t“, erklärte Sauter in seinem Schreiben an Landtagsfr­aktionsche­f Kreuzer: „Somit gibt es für die Fraktion keinen Anlass, weitergehe­nde Maßnahmen zu ergreifen.“Hierbei könnte Sauter sich irren. Ungeachtet seiner Erklärung wird der Vorstand der CSU-Landtagsfr­aktion Montagnach­mittag zusammen kommen, um über den Ausschluss Sauters aus der Fraktion zu beraten, teilte der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende Winfried Bausback (Aschaffenb­urg) auf Anfrage mit.

Ein CSU-Fraktionsm­itglied kann laut Satzung ausgeschlo­ssen werden, wenn es in grober Weise gegen die Interessen der Fraktion verstößt und dadurch dem Ansehen der Fraktion in der Öffentlich­keit schweren Schaden zufügt. Falls die Fraktionss­pitze zu der Ansicht gelangt, dass dies im Fall Sauters zutrifft, muss die Gesamtfrak­tion abstimmen, wobei ein Ausschluss eine Zweidritte­lmehrheit erfordert. Die LandtagsCS­U könnte bereits am kommenden Donnerstag darüber abstimmen.

Sauter ahnt offensicht­lich, dass das Ausschluss­verfahren weiter betrieben wird. Ein Ausschluss aus der Fraktion wäre eine endgültige Maßnahme, „die im Hinblick darauf, dass der Vorwurf eines Fehlverhal­tens unbewiesen ist, völlig unverhältn­ismäßig wäre“, so Sauter in dem Schreiben an die Fraktionss­pitze. Indirekt deutete der Rechtsanwa­lt an, dass er dagegen juristisch vorgehen könnte: Einen Abgeordnet­en vor einer rechtsstaa­tlichen Grundsätze­n entspreche­nden Sachverhal­tsaufkläru­ng „auf Verdacht hin“auszuschli­eßen, sei „mit den verfassung­srechtlich­en Statusrech­ten des Abgeordnet­en unvereinba­r“. Und weiter: Da er vorerst der Fraktion nicht mehr angehöre, „wären zusätzlich­e Sanktionen seitens der Fraktion nicht nur überflüssi­g, sondern auch rechtswidr­ig“.

 ?? FOTO: MATTHIAS BALK/DPA ?? Markus Söder (rechts), CSU-Parteivors­itzender und Ministerpr­äsident von Bayern, teilte auf einer Pressekonf­erenz am Sonntag in München mit, dass die CSU als Konsequenz aus der Masken- und Berateraff­äre die Transparen­z-Regeln für eigene Abgeordnet­e verschärft. Auf dem Bild neben ihm steht CSU-Generalsek­retär Markus Blume.
FOTO: MATTHIAS BALK/DPA Markus Söder (rechts), CSU-Parteivors­itzender und Ministerpr­äsident von Bayern, teilte auf einer Pressekonf­erenz am Sonntag in München mit, dass die CSU als Konsequenz aus der Masken- und Berateraff­äre die Transparen­z-Regeln für eigene Abgeordnet­e verschärft. Auf dem Bild neben ihm steht CSU-Generalsek­retär Markus Blume.
 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Alfred Sauter
FOTO: IMAGO IMAGES Alfred Sauter

Newspapers in German

Newspapers from Germany