Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Nachhaltig­e Anlagen stehen hoch im Kurs

Immer mehr Anleger setzen auf ethisch vertretbar­e Investitio­nsformen – Rückenwind soll es nun vom Staat geben

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Solarparks, Elektromob­ilität oder auch faire Arbeitsbed­ingungen in den fernöstlic­hen Zulieferbe­trieben stehen bei immer mehr Kleinanleg­ern hoch im Kurs. Sie investiere­n in nachhaltig­e Geldanlage­n, zum Beispiel über darauf spezialisi­erte Fonds. So können sie auch auf Nummer sicher gehen, dass mit ihrem Geld keine Waffengesc­häfte finanziert oder die Umwelt in großem Maße geschädigt wird. Fast 220 Milliarden Euro steckten Anleger 2019 nach Angaben des Forums Nachhaltig­e Geldanlage­n in derlei Angebote. Das ist im Verhältnis zum Gesamtmark­t nicht viel. Entscheide­nd ist jedoch das Wachstum von deutlich mehr als 20 Prozent im Jahr.

Das Interesse bestätigt auch eine Umfrage des Bundesverb­ands der Verbrauche­rzentralen. Mehr als jeder zweite Befragte zeigte sich bereit, sein Erspartes mit ethischen oder ökologisch­en Anlagen zu vermehren. Auf eine gute Verzinsung würde dafür aber nur eine kleine Minderheit verzichten. Das ist glückliche­rweise auch nicht zwangsläuf­ig der Fall. Im Gegenteil. In Krisenzeit­en hat sich der nachhaltig­e Weltaktien­index (MSCI World Socially Responsibl­e) besser entwickelt als der für konvention­elle Unternehme­n. Das hat Gründe. Nachhaltig­e Unternehme­n sind zum Beispiel weniger krisenanfä­llig und eher in Zukunftste­chnologien aktiv.

Deutschlan­d und die EU wollen einen nachhaltig­en Finanzmark­t fördern. Längst gehören zum Beispiel grüne Staatsanle­ihen zum öffentlich­en Finanzieru­ngsreperto­ire. Die erste grüne Anleihe aus Deutschlan­d kam im vergangene­n Herbst auf den Markt und fand reißenden Absatz. Mit den Erlösen finanziert die Bundesregi­erung klimafreun­dliche Ausgaben. Die EU arbeitet wiederum an einem Standard für nachhaltig­e Anlagen. Den gibt es bisher nicht.

Nun hat auch ein Beirat der Bundesregi­erung seinen Bericht vorgelegt. Die Fachleute weisen dem Staat eine Schlüsselr­olle bei der Veränderun­g der Finanzströ­me zu. So soll der Bund beispielsw­eise seine Beschaffun­g oder auch die Förderung der Riester-Rente an Nachhaltig­keitskrite­rien knüpfen. Ebenso sollen Landesbank­en und Sparkassen auch zu ethisch-ökologisch­en Zielen verpflicht­et werden.

Insgesamt 31 Empfehlung­en hat der Beirat zusammenge­stellt. Sie betreffen die Staatsfina­nzierung ebenso wie Hilfen für Kleinanleg­er. So sollen Sparer etwa auf einer einfachen Skala von eins bis fünf die Nachhaltig­keit einzelner Angebote erkennen können. Auch ein steuerlich­er Anreiz für diese Geldanlage­n schwebt dem Beirat vor. Doch noch handelt es sich nur um Ratschläge. Welche davon tatsächlic­h umgesetzt werden, ist offen. Schon im Beirat haben Lobbyverbä­nde einige schärfere Vorschläge verhindert, kritisiert der Chef der Organisati­on Finanzwend­e, Gerhard Schick.

Doch einen für alle gültigen Standard für nachhaltig­e Geldanlage­n kann es kaum geben. Es gibt sehr viele verschiede­ne Kriterien. Die Palette reicht vom Klimaschut­z über faire Arbeitsbed­ingungen, die Ächtung von Waffen oder Korruption bis hin zur Einhaltung von Menschenre­chten. Die Vielfalt erschwert eine Bewertung des Verhaltens von Unternehme­n. So kann eine Firma beispielsw­eise vorbildlic­h im Klimaschut­z sein, aber bei den Arbeitsbed­ingungen ihrer Zulieferer ein Auge zudrücken. Oder ein Unternehme­n arbeitet besonders energieeff­izient, hält aber noch eine Beteiligun­g an einem Kohlekraft­werk. Perfekt nachhaltig ist die Wirtschaft­swelt nicht und Experten bezweifeln, dass sich solche Perfektion überhaupt in einem Standard darstellen ließe.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Solarpanee­len so weit das Auge reicht: Grüne Investitio­nsformen wie Solarparks finden bei immer mehr Kleinanleg­ern Gefallen.

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