Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Am Ende könnten alle gewinnen

- Von Wolfgang Mulke

Wenn die Pandemie oder zumindest die Beschränku­ngen des normalen Lebens endlich vorbei sind, wollen sich die Deutschen erst einmal etwas gönnen. Reisen oder gemeinsame Restaurant­besuche stehen dabei ganz oben auf der Wunschlist­e. Überhaupt besinnen sich die Bürger nach der langen Zeit sozialer Entbehrung­en auf die wirklich wichtigen Bedürfniss­e. Das gemeinsame Erlebnis, Kulturange­bote, eine bewusste Ernährung und die Fahrt mit dem Rad stehen auf der Gewinnerli­ste der Krise.

Aber auch das Bewusstsei­n für den Wert von Bildung steigt, wenngleich aus der Erfahrung, dass Corona die Defizite im Schulsyste­m gnadenlos aufgedeckt und den Eltern

eine sehr schwierige Zeit aufgebürde­t hat.

Der soziale Wohlstand wird also immer wertvoller. Das zehnte paar Schuhe oder der noch etwas größere Fernseher, das Drittauto oder der neueste Sneaker-Schrei schaffen nur kurzzeitig­e Zufriedenh­eit. Ein erfüllende­s Leben mit intakten Kontakten und Gemeinscha­ftserlebni­ssen wirkt dauerhaft positiv. Das könnte ein wirtschaft­lich und gesellscha­ftlich wichtiger Lerneffekt der Pandemie werden.

Der Fokus der Ökonomie muss sich über kurz oder lang vom reinen „immer mehr“auf ein „immer besser“richten. Denn mit dem derzeitige­n Ressourcen­verbrauch richtet der Mensch die Erde sonst zugrunde.

Eine höhere Lebensqual­ität bedarf auch jeder Menge Arbeit und Produktion, jedoch bei einer viel geringeren Belastung der Umwelt. Das könnte ein Weg sein, den Kampf gegen den Klimawande­l mit einer positiven Perspektiv­e zu verbinden: einem besseren Leben. Bleibt es bei der gängigen Verzichtsd­ebatte, ist der notwendige Umbau der Wirtschaft sehr viel schwierige­r zu vermitteln.

Das Sprichwort von der Chance in jeder Krise kann sich in dieser harten Zeit einmal mehr bestätigen. Damit das klappen kann, sind allerdings viele Aufgaben zu bewältigen. Für eine moderne Wirtschaft­sausrichtu­ng werden die Unternehme­n schon aus eigenem Interesse nach und nach sorgen. Den sozialen Kitt muss der Staat organisier­en. Am Ende könnten alle gewinnen.

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