Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Als empathisch ist er mir begegnet“

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ULM - Rainer Rappmann aus Achberg im Landkreis Ravensburg war Weggefährt­e von Joseph Beuys und ist passionier­ter Sammler von Briefen, Ton-, Bild- und Filmdokume­nten des Künstlers. 1991 hat Rappmann (Foto: Merke) den FIU-Verlag gegründet. Im Zentrum seiner publizisti­schen Tätigkeit steht die Literatur von Beuys. Antje Merke hat ihn in Ulm getroffen.

Herr Rappmann, Beuys soll ein charismati­scher Mensch voller Energie gewesen sein. Wie haben Sie ihn erlebt?

Er war ein Menschenfr­eund, zeigte in seinem Werk eine tiefe Sensibilit­ät für Tiere und Pflanzen. Beuys hat sich in Diskussion­en stets auf das Gegenüber eingelasse­n – selbst wenn die Fragen noch so provokant waren. Er war kein Übervater, sondern ist der damals jüngeren Generation auf Augenhöhe begegnet. der Dreigliede­rung von Rudolf Steiner interessie­rte, wozu auch Joseph Beuys gehörte. Man suchte ein Zentrum, von dem aus Projekte gestartet werden sollten. Mit dem Ziel, sich dort mit der sozialen Dreigliede­rung auseinande­rzusetzen: Freiheit im Geistesleb­en, Gleichheit im Rechtslebe­n und Brüderlich­keit im Wirtschaft­sleben – also mit neuen Lebensform­en, Umweltfrag­en. Private Kontakte führten die Gruppe nach Achberg. Diese Leute bauten 1971 ein leer stehendes Hotel auf einem grünen Hügel zum geplanten Kulturzent­rum um. Beuys, der auch Abonnent der kleinen, unorthodox­en politische­n Zeitschrif­t „Jedermann“war, die zunächst in Sylt und anschließe­nd in Achberg erschien, hat dieses Projekt von Anfang an begeistert und unterstütz­t.

War Beuys ein Anthroposo­ph? (lacht) Da kann ich mit ihm selbst antworten: „Nee, Niederrhei­ner.“Er ist auch von seinen anthroposo­phischen Freunden nie so recht als Geistesgen­osse anerkannt worden. Beuys hat Steiner intensiv studiert und auch sehr geschätzt, aber nicht nachgebete­t, sondern seine eigenen Ideen, seine eigene Kunst daraus entwickelt.

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