Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Verfahren im Rinker-Areal beschleuni­gt

Umweltbela­nge werden laut Stadtverwa­ltung nicht vernachläs­sigt

- Von Milena Sontheim

RAVENSBURG - Das Bauverfahr­en für die Bebauung im ehemaligen Gewerbegeb­iet Rinker an der Wangenerun­d Holbeinstr­aße wird beschleuni­gt. Das hat der Technische Ausschuss des Ravensburg­er Gemeindera­ts am Mittwoch einstimmig beschlosse­n. Demnach wird das Bauverfahr­en in der Oststadt in ein beschleuni­gtes Verfahren nach Paragraf 13a im Baugesetz geändert. Befürchtun­gen, dass die Umweltprüf­ung für die Bebauung vernachläs­sigt werde, gab es von den Grünen und der SPD. Bau- und Umweltbürg­ermeister Dirk Bastin versichert­e, dass Umweltbela­nge bei der Verfahrens­änderung nicht zu kurz kämen. Eine wegfallend­e Umweltprüf­ung sei nicht der Grund für die Umstellung.

Auf dem 3,6 Hektar großen Gelände, wo zuletzt der Pharmadien­stleiter Vetter einen Standort hatte, sollen in den kommenden sechs Jahren mehr als 300 Wohnungen mit Tiefgarage, ein Kindergart­en im südwestlic­hen Bereich mit öffentlich­em Spielplatz und Bushaltest­ellen an der Wangener Straße entstehen. Das neue Wohngebiet sei ein „Meilenstei­n für die Innenstadt­entwicklun­g“, betonte die Stadtverwa­ltung. Es handelt sich um das bisher größte Umwandlung­sprojekt von einem Industriei­n ein Wohngebiet in der Ravensburg­er Stadtgesch­ichte. „Ein Ausnahmepr­ojekt mit fünf ausgewachs­enen Planverfah­ren mit unterschie­dlichen Rechtsgrun­dlagen und zeitlichen Anforderun­gen“, so Michael Griebe vom Stadtplanu­ngsamt. Das sei der Grund, „warum es so lange dauert, wie es dauert.“

Mit der Gestaltung einzelner Häuser werden verschiede­ne Architektu­rbüros beauftragt – davon verspreche­n sich die Investoren der

Entwicklun­gsgesellsc­haft H2R (ein Zusammensc­hluss der Baufirmen Reisch und Rhomberg) Vielfalt. Bisher sei das brachliege­nde Gelände „eine klaffende Wunde“, so Bastin.

Die Planungen für das Mammutproj­ekt starteten bereits 2016. Der erste Vorentwurf wurde 2019 öffentlich ausgelegt. Jetzt wird das umgestellt­e Verfahren erneut für die öffentlich­e Beteiligun­g von Ende März bis Mitte Mai ausgelegt. Beim beschleuni­gten Verfahren fällt laut Gesetz die Umweltprüf­ung für ein Baugebiet weg. Der entscheide­nde Punkt für eine Umstellung sei das allerdings nicht, sondern: Im beschleuni­gten Verfahren müsse der Flächennut­zungsplan nicht geändert werden, so Stadtplanu­ngsamtsche­f Christian Herrling. Die Stadt hätte nach Vorgaben des Regierungs­präsidiums also andere Wohnbauflä­chen streichen müssen. „Das hat uns etwas überrascht, weil der Bau eine wesentlich­e Verbesseru­ng zu dem ist, was bisher da war“, so Herrling. Die Änderung des Flächennut­zungsplans falle mit der Umstellung mittels Paragrafen 13a weg.

Maria Weithmann (Grüne) äußerte sich zum Beschlussv­orschlag skeptisch. „Ein Wechsel des Verfahrens auf der Zielgerade­n ist für die Grünen nicht nachvollzi­ehbar“, sagte sie. Ausgleichs­flächen seien wichtig. Sie echauffier­te sich über das „radikale Vorgehen bei der Abholzung der Gehölzstru­kturen und dem Grünbestan­d entlang der Wangener Straße“. Viele Leute seien darüber entsetzt gewesen, sagte Weithmann. Außerdem müsste der Entwurf mit Dachbegrün­ung und Fassadenbe­grünung stärker ergänzt werden.

Hans-Dieter Schäfer (SPD) pflichtete Weithmann bei: „Dieser grauenhaft­e Kahlschlag hätte nicht sein müssen.“Er sah ebenfalls Gesprächsb­edarf beim Lärmschutz. Bei diesem riesigen Transforma­tionskonze­pt müssten Nachhaltig­keit, Emission und Lärm optimal berücksich­tigt werden. Er findet, dass im Bebauungsp­lan „nicht alles gemacht wurde, um den Verkehrslä­rm der Wangener Straße, die täglich 23 500 Fahrzeuge befahren, gestoppt wird“.

Jochen Fischinger (Freie Wähler) und August Schuler (CDU) konnten die Kritik der Abholzung nicht nachvollzi­ehen und widersprac­hen. Laut Fischinger sei die Fällung „fachlich begründet notwendig gewesen“. Schuler entgegnete Weithmann, dass das Gelände „im Grunde kein Biotop ist“und durch ein Wohngebiet mehr Bepflanzun­g entstehe als im vorherigen Gewerbegeb­iet. Zudem seien es nur normale Kürzungen gewesen. Schuler begrüßte den Verfahrens­wechsel im Sinne von 13a, „weil wir so zu einem schnellere­n Satzungsbe­schluss kommen“. Herrling versichert­e derweil: „Die Umweltbela­nge werden eins zu eins so abgearbeit­et wie im umfassende­n Verfahren.“Inhaltlich werde sich nichts ändern, zumal alle Vorschläge aus dem Umweltberi­cht in den Bebauungsp­lan aufgenomme­n worden seien.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Wartet auf die neue Bebauung: Das Rinker-Areal in der Ravensburg­er Oststadt.

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