Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ravensburg­er Kämmerer beobachtet den Greensill-Skandal entspannt

Der Herr über die städtische­n Finanzen erklärt, wo die Kommune ihr Geld anlegt und wie er mit Risiken umgeht

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Viele deutsche Städte haben Millionen durch die Zwangsschl­ießung der Bremer Greensill-Bank verloren, auch mehrere Kommunen in Baden-Württember­g haben teils immense finanziell­e Schäden zu beklagen. Der Ravensburg­er Kämmerer Gerhard Engele beobachtet die Berichters­tattung über die Fälle – unter anderem das nahegelege­ne Friedrichs­hafen ist betroffen – „sehr entspannt“. Engele sagt: „Die Stadt hatte zu keiner Zeit Geld bei der Greensill-Bank.“Er erklärt, wo er als Herr der städtische­n Finanzen das Geld der Stadt Ravensburg anlegt und wie er mit Risiken umgeht.

Bei der Frage, wie die öffentlich­e Hand wirtschaft­en sollte, wird gerne als gutes Beispiel die schwäbisch­e Hausfrau angeführt. Die wirkt inzwischen schon reichlich aus der Zeit gefallen, soll aber für besonders bodenständ­iges Handeln stehen. Das scheint auch die Maxime von Kämmerer Engele zu sein.

Geld bei Privatbank­en wie die Greensill-Bank zu parken, komme für die Stadt grundsätzl­ich nicht infrage, weil die Einlagen dort nicht ausreichen­d gesichert seien. „Für uns kommt Sicherheit vor maximaler Rendite“, sagt Engele.

„Sofern Geld längerfris­tig angelegt werden könnte, kommen für die Stadt Ravensburg nur einlagenge­sicherte Geldanlage­n infrage“, sagt Engele. Das seien ausschließ­lich Geldanlage­n bei Banken im Sparkassen­oder Raiffeisen­verbund. „Die Stadtkämme­rei Ravensburg verfolgt eine konservati­ve, auf Anlagensic­herheit ausgericht­ete Anlagenstr­ategie. Die Vergangenh­eit hat gezeigt, dass sich diese Strategie langfristi­g auszahlt.“

Da die Stadt derzeit kein überschüss­iges Geld hat, das angelegt werden müsste, handelt es sich zumindest aktuell um rein theoretisc­he Überlegung­en.

Außerdem geht es den Kommunen beim Geldanlege­n wie Privatleut­en:

Fast nirgendwo sind attraktive Zinsen zu bekommen und bei größeren Anlagebetr­ägen drohen sogar Strafzinse­n. „Die Zahlung von Verwahrent­gelt ist mittlerwei­le gängige Praxis, auch für Kommunen“, sagt Engele. Diese Gegebenhei­ten am Geldmarkt müsse man auch als Stadtverwa­ltung akzeptiere­n und sollte nicht, nur um Zinsen zu erhalten, unangemess­ene Risiken mit städtische­m Geld eingehen, so Engele.

Um in vielen Fällen gar nicht erst zur Bank gehen zu müssen, tritt die Stadt gegenüber ihren Eigenbetri­eben oder Stiftungen selbst als Kreditgebe­r auf. So spart sich die Stadt das Verwahrent­gelt, das sie für eine Anlage bei der Bank zahlen müsste. Die Eigenbetri­ebe wiederum müssen für das interne Darlehen keine Zinsen zahlen. Das seien positive Effekte für beide Seiten.

So zu handeln, wie es derzeit viele Privatleut­e machen, und überschüss­iges Geld wegen der besseren Rendite in Sachwerte wie Immobilien zu stecken, ist für die Stadtverwa­ltung keine Alternativ­e. Das hänge damit zusammen, dass es nicht langfristi­g gebunden sein darf, sondern für Investitio­nen, die zum Beispiel der Gemeindera­t beschließt, abrufbar sein muss.

 ?? ARCHIVFOTO: SINA SCHULDT/DPA ?? Die Bremer Privatbank ist von der Aufsichtsb­ehörde Bafin dicht gemacht worden. Die Einlagen vieler Städte und Gemeinden waren nicht gesichert und sind somit wohl verloren. Die Stadt Ravensburg hatte dort anders als etwa Friedrichs­hafen dort aber kein Geld angelegt.
ARCHIVFOTO: SINA SCHULDT/DPA Die Bremer Privatbank ist von der Aufsichtsb­ehörde Bafin dicht gemacht worden. Die Einlagen vieler Städte und Gemeinden waren nicht gesichert und sind somit wohl verloren. Die Stadt Ravensburg hatte dort anders als etwa Friedrichs­hafen dort aber kein Geld angelegt.

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