Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ravensburger Kämmerer beobachtet den Greensill-Skandal entspannt
Der Herr über die städtischen Finanzen erklärt, wo die Kommune ihr Geld anlegt und wie er mit Risiken umgeht
RAVENSBURG - Viele deutsche Städte haben Millionen durch die Zwangsschließung der Bremer Greensill-Bank verloren, auch mehrere Kommunen in Baden-Württemberg haben teils immense finanzielle Schäden zu beklagen. Der Ravensburger Kämmerer Gerhard Engele beobachtet die Berichterstattung über die Fälle – unter anderem das nahegelegene Friedrichshafen ist betroffen – „sehr entspannt“. Engele sagt: „Die Stadt hatte zu keiner Zeit Geld bei der Greensill-Bank.“Er erklärt, wo er als Herr der städtischen Finanzen das Geld der Stadt Ravensburg anlegt und wie er mit Risiken umgeht.
Bei der Frage, wie die öffentliche Hand wirtschaften sollte, wird gerne als gutes Beispiel die schwäbische Hausfrau angeführt. Die wirkt inzwischen schon reichlich aus der Zeit gefallen, soll aber für besonders bodenständiges Handeln stehen. Das scheint auch die Maxime von Kämmerer Engele zu sein.
Geld bei Privatbanken wie die Greensill-Bank zu parken, komme für die Stadt grundsätzlich nicht infrage, weil die Einlagen dort nicht ausreichend gesichert seien. „Für uns kommt Sicherheit vor maximaler Rendite“, sagt Engele.
„Sofern Geld längerfristig angelegt werden könnte, kommen für die Stadt Ravensburg nur einlagengesicherte Geldanlagen infrage“, sagt Engele. Das seien ausschließlich Geldanlagen bei Banken im Sparkassenoder Raiffeisenverbund. „Die Stadtkämmerei Ravensburg verfolgt eine konservative, auf Anlagensicherheit ausgerichtete Anlagenstrategie. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich diese Strategie langfristig auszahlt.“
Da die Stadt derzeit kein überschüssiges Geld hat, das angelegt werden müsste, handelt es sich zumindest aktuell um rein theoretische Überlegungen.
Außerdem geht es den Kommunen beim Geldanlegen wie Privatleuten:
Fast nirgendwo sind attraktive Zinsen zu bekommen und bei größeren Anlagebeträgen drohen sogar Strafzinsen. „Die Zahlung von Verwahrentgelt ist mittlerweile gängige Praxis, auch für Kommunen“, sagt Engele. Diese Gegebenheiten am Geldmarkt müsse man auch als Stadtverwaltung akzeptieren und sollte nicht, nur um Zinsen zu erhalten, unangemessene Risiken mit städtischem Geld eingehen, so Engele.
Um in vielen Fällen gar nicht erst zur Bank gehen zu müssen, tritt die Stadt gegenüber ihren Eigenbetrieben oder Stiftungen selbst als Kreditgeber auf. So spart sich die Stadt das Verwahrentgelt, das sie für eine Anlage bei der Bank zahlen müsste. Die Eigenbetriebe wiederum müssen für das interne Darlehen keine Zinsen zahlen. Das seien positive Effekte für beide Seiten.
So zu handeln, wie es derzeit viele Privatleute machen, und überschüssiges Geld wegen der besseren Rendite in Sachwerte wie Immobilien zu stecken, ist für die Stadtverwaltung keine Alternative. Das hänge damit zusammen, dass es nicht langfristig gebunden sein darf, sondern für Investitionen, die zum Beispiel der Gemeinderat beschließt, abrufbar sein muss.