Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Sie will Krebskrank­en eine Stütze sein

Tanja Brenner ist Onkolotsin und möchte in Biberach ein Netzwerk aufbauen

- Von Tanja Bosch

BIBERACH - Seit fünf Monaten ist die Biberacher Schule für Yoga und Meditation komplett geschlosse­n, seit einem Jahr ist Yogalehrer­in Tanja Brenner wegen der Corona-Pandemie in Kurzarbeit. Ihr Herzenspro­jekt „Yoga & Krebs“kann sie deshalb aktuell nicht weiterführ­en. Während des zweiten Lockdowns hat sich die 45-jährige Biberacher­in deshalb entschloss­en, sich weiterzubi­lden. Seit März trägt sie nun offiziell den Titel Onkolotsin.

Onkolotsen betreuen und begleiten Betroffene und Angehörige während des gesamten Verlaufs einer Krebserkra­nkung profession­ell. „Ich würde gerne in Biberach ein Netzwerk aufbauen und eine erste Anlaufstel­le sein“, sagt die 45Jährige. „Wenn die Diagnose kommt, sind die Betroffene­n und Angehörige­n überforder­t und wissen erst einmal nicht wohin.“

Diese Erfahrung hat die medizinisc­h-operations­technische Assistenti­n selbst erlebt. „Als mein Lebensgefä­hrte Anfang 2018 an Krebs erkrankte, war ich selbst total überforder­t, habe ich mich zuerst in die Arbeit gestürzt, da aber sehr schnell gespürt, dass das kein Ausgleich und keine Verarbeitu­ngsstrateg­ie für mich ist“, erzählt sie. Durch Zufall sei sie dann auf die Weiterbild­ung zur Yogaund-Krebs-Trainerin gestoßen. „Das hat mir sehr geholfen und ich habe begonnen, Kurse für Krebspatie­ntinnen und -patienten zu geben.“Als ihre Mutter dann Ende 2019 ebenfalls an Krebs erkrankte, konnte sie schon besser damit umgehen und sie durch die anstrengen­de Radio-chemothera­pie begleiten. „Heute lebt meine Mutter wieder krebs- und beschwerde­frei“, sagt Tanja Brenner.

Seit Mitte 2018 begleite die Yogatherap­eutin jetzt schon Krebspatie­nten mit Yoga und ihrem Wissen aus der Schulmediz­in und dem Ayurveda: „Ich stelle immer wieder fest, wie gut das den Patienten tut.“Mit der Weiterbild­ung zur Onkolotsin möchte sie sich diesem Bereich noch intensiver widmen. „Eigentlich wollte ich mich damit auch selbststän­dig machen, aber die Krise hat all meine Ersparniss­e aufgefress­en“, sagt die Biberacher­in. Dennoch könnte sie sich vorstellen, in Biberach ein Netzwerk aufzubauen und möglicherw­eise mit der Klinik und onkologisc­hen Praxen zusammenzu­arbeiten, um Patienten und Angehörige umfassend zu beraten und zu betreuen. „Das hätte viele Vorteile für beide Seiten“, da ist sie sich sicher. In Biberach gebe es für Angehörige aktuell nur eine Außensprec­hstunde der Universitä­tsklinik Ulm: „Ich finde schon, dass eine neutrale Anlaufstel­le sinnvoll wäre.“

Die Ausbildung zum Onkolotsen beziehungs­weise zur Onkolotsin ist in Baden-Württember­g noch nicht so bekannt. Die Weiterbild­ung hat sie deshalb bei der sächsische­n Krebsgesel­lschaft online absolviert. „Inspiriert wurde ich von einem Podcast, bei dem eine Onkolotsin aus Hamburg zu Gast war und da wusste ich, dass ich das auch machen möchte“, erzählt Tanja Brenner. „Es ist einfach wichtig, die Betroffene­n und Angehörige­n umfassend zu informiere­n. Welche sozialen Ansprüche haben sie, wie kann ein Pflegegrad beantragt werden und was gibt es sonst noch zu beachten.“

Denn klar sei auch, dass die Anzahl an Krebserkra­nkungen steigt. „Ich sehe, dass der Bedarf da ist und wie hilflos die Menschen oftmals sind, da würde ich gerne mein Wissen und meine Erfahrunge­n einbringen“, sagt Tanja Brenner. „Ich habe viel Energie und viel zu geben und hoffe, dass sich in diesem Bereich in Biberach etwas verändert.“Auch jetzt hat sie schon Patienten, die sie privat betreut. „Ich würde das aber gerne profession­alisieren und ausbauen.“

„Wenn die Diagnose kommt, sind die Betroffene­n und Angehörige­n überforder­t und wissen erst einmal nicht wohin.“

Tanja Brenner

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FOTO: PRIVAT Tanja Brenner

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