Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Erschreckend blauäugig
Sollte der Kreistag am Dienstag tatsächlich beschließen, am Bringsystem der Gelben Säcke festzuhalten, dürfte der Aufschrei in der Bevölkerung groß sein. Zu Recht. Seit Jahrzehnten mühen sich die Bewohner im Landkreis Ravensburg regelmäßig damit ab, Müllkutscher zu spielen und ihre Verpackungen umweltfeindlich mit dem Auto zum Wertstoffhof zu karren. Auf dem Fahrrad geht das schließlich schlecht, weil die Säcke so sperrig sind. Selbst Rollstuhlfahrer sieht man hin und wieder, wie sie die Müllsäcke hinter sich herschleifen und dabei hoffen, dass sie nicht aufreißen.
Aber das ist manchen Kreisräten offenbar völlig egal. Obwohl die Bürger über den „Grünen Punkt“die Entsorgung der Leichtverpackungen schon mitbezahlt haben und obwohl auch im ländlichen Raum mancher kein Auto besitzt, wollen diese Politiker den Menschen weiterhin ein unzeitgemäßes System aufzwingen. Mit dem erzieherischen Argument, die Leute würden deshalb weniger Verpackungen kaufen, weil es ja so umständlich ist, sie wieder wegzubringen. Das ist blauäugig und unrealistisch: Viele Menschen trennen den Müll nämlich gar nicht mehr und werfen Verpackungen in die Restmülltonne, die sonst eh nicht voll wird, seit es die Biotonne gibt. Hätten sie eine Wertstofftonne vor der Tür oder Gelbe Säcke in der Schublade, die zweimal monatlich bequem abgeholt werden, würden sie den Müll ganz bestimmt trennen. Warum auch nicht?
Erstaunlich und erschreckend zugleich ist, dass manche Kommunalpolitiker komplett blind zu sein scheinen für die Bedürfnisse der Menschen. Hoffentlich sind sie am Dienstag nicht in der Mehrheit.