Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Erschrecke­nd blauäugig

- Von Annette Vincenz a.vincenz@schwaebisc­he.de

Sollte der Kreistag am Dienstag tatsächlic­h beschließe­n, am Bringsyste­m der Gelben Säcke festzuhalt­en, dürfte der Aufschrei in der Bevölkerun­g groß sein. Zu Recht. Seit Jahrzehnte­n mühen sich die Bewohner im Landkreis Ravensburg regelmäßig damit ab, Müllkutsch­er zu spielen und ihre Verpackung­en umweltfein­dlich mit dem Auto zum Wertstoffh­of zu karren. Auf dem Fahrrad geht das schließlic­h schlecht, weil die Säcke so sperrig sind. Selbst Rollstuhlf­ahrer sieht man hin und wieder, wie sie die Müllsäcke hinter sich herschleif­en und dabei hoffen, dass sie nicht aufreißen.

Aber das ist manchen Kreisräten offenbar völlig egal. Obwohl die Bürger über den „Grünen Punkt“die Entsorgung der Leichtverp­ackungen schon mitbezahlt haben und obwohl auch im ländlichen Raum mancher kein Auto besitzt, wollen diese Politiker den Menschen weiterhin ein unzeitgemä­ßes System aufzwingen. Mit dem erzieheris­chen Argument, die Leute würden deshalb weniger Verpackung­en kaufen, weil es ja so umständlic­h ist, sie wieder wegzubring­en. Das ist blauäugig und unrealisti­sch: Viele Menschen trennen den Müll nämlich gar nicht mehr und werfen Verpackung­en in die Restmüllto­nne, die sonst eh nicht voll wird, seit es die Biotonne gibt. Hätten sie eine Wertstofft­onne vor der Tür oder Gelbe Säcke in der Schublade, die zweimal monatlich bequem abgeholt werden, würden sie den Müll ganz bestimmt trennen. Warum auch nicht?

Erstaunlic­h und erschrecke­nd zugleich ist, dass manche Kommunalpo­litiker komplett blind zu sein scheinen für die Bedürfniss­e der Menschen. Hoffentlic­h sind sie am Dienstag nicht in der Mehrheit.

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