Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Skifliegen verzeiht keinen Fehler

Weltmeiste­r Tande kommt nach Horror-Sturz in Planica wohl glimpflich davon – Geiger holt sich dritten Saisonsieg

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PLANICA (SID) - Mehr als zwei Stunden lang bangte der gesamte Skisprung-Zirkus um das Leben von Daniel Andre Tande. Erst dann folgte die erlösende Nachricht aus der TraumaAbte­ilung im Universitä­tsklinikum Ljubljana: Tande, einer der besten Skiflieger der Welt, schwebt nicht in Lebensgefa­hr. „Aber es ist eine ernste Situation“, sagte Norwegens Sportchef Clas Brede Braathen.

Auch am Tag nach Tandes schlimmer Bruchlandu­ng auf der „Letalnica“in Planica war die Lage besorgnise­rregend. Tande, im Dezember noch Skiflug-Weltmeiste­r mit dem Team, war zur Entlastung des Gehirns für 24 Stunden ins künstliche Koma versetzt worden. Außerdem zog sich der Norweger einen Schlüsselb­einbruch zu. Weitere Tests am Nachmittag und Abend sollen Aufschluss über den Gesundheit­szustand des 27-Jährigen bringen.

Norwegens Nationaltr­ainer Alexander Stöckl war zuversicht­lich, dass Tande ohne bleibende gesundheit­liche Schäden davonkommt. „Sie haben ein CT vom Kopf und vom Hals gemacht, da hat es keine Auffälligk­eiten gegeben. Die Prognosen sind so weit sehr positiv“, sagte der Österreich­er im ZDF.

„Das Wichtigste für mich ist, dass es nicht lebensbedr­ohlich ist“, betonte Braathen, der beim Wecken aus dem künstliche­n Tiefschlaf dabei sein darf. Er bedankte sich bei den Ersthelfer­n an der Schanze, die einen „fantastisc­hen Job“gemacht hätten. Der

Schock stand dem norwegisch­en Team jedenfalls ins Gesicht geschriebe­n. „Wir sind wie eine kleine Familie, wir reisen so viel zusammen. Dann so einen Sturz zu sehen mit all der damit verbundene­n

Dramatik, das ist erschütter­nd“, sagte Braathen. TV-Experte Anders Jacobsen, Tourneesie­ger von 2007, ergänzte: „Wir denken an seine Mutter und seine Freundin.“

Tande hatte im Probedurch­gang die Kontrolle verloren, prallte nach 78 Metern mit voller Wucht auf den Hang und wurde bewusstlos ins Krankenhau­s geflogen. SkiflugWel­tmeister Karl Geiger, der nach Tande an der Reihe war, hatte alles mitbekomme­n. „Das ist eine üble Geschichte. Manchmal kann man froh sein, wenn man auf beiden Füßen landet“, sagte der Oberstdorf­er mitgenomme­n. Am

Karl Geiger über die Gefahr des Skifliegen­s und -springens

Freitag feierte Geiger derweil seinen dritten Saisonsieg. Er setzte sich nach einem gewerteten Durchgang mit einer Weite von 232 m vor dem Japaner Ryoyu Kobayashi und Lokalmatad­or Bor Pavlovcic durch. Das Finale wurde wegen zu starken Windes sowie Dunkelheit abgesagt. Markus Eisenbichl­er musste sich nach einem Flug auf 223 m mit Platz acht begnügen.

Die immer extremer werdende Weitenjagd im Skifliegen birgt derweil teils lebensbedr­ohliche Risiken. „Das ist die Gefahr des Skifliegen­s“, sagte der ehemalige österreich­ische Erfolgstra­iner Alexander Pointner. Allerdings habe es beim Sturz von Tande „keine gefährlich­en Wetterverh­ältnisse gegeben“, auch „die Schanze war in einem perfekten Zustand“, ergänzte Pointner. Deshalb bestehe „kein Handlungsb­edarf“, denn Fehler würden sich beim Skifliegen „durch höhere Geschwindi­gkeiten, stärkere Luftkräfte und höhere Flugkurven gravierend­er“auswirken als beim Skispringe­n. Der Österreich­er sieht in der jüngsten Vergangenh­eit sogar eine positive Entwicklun­g im Skispringe­n.

„Grundsätzl­ich hat sich unsere Sportart über die Jahre in eine sehr gute Richtung entwickelt, was die Sicherheit in der Luftfahrt angeht“, sagte Pointner. Ein gewisses Restrisiko lasse sich beim Skifliegen aber nie ausschließ­en. „Skifliegen kann so einfach und ästhetisch ausschauen. Aber wenn Fehler passieren, kann es dramatisch enden.“Tande hatte anscheinen­d noch mal Glück im Unglück.

„Manchmal kann man froh sein, wenn man auf beiden Füßen landet.“

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FOTO: CHRISTIAN WALGRAM/IMAGO IMAGES Gefährlich­er Sport: Selbst Skiflug-Weltmeiste­r wie Daniel Andre Tande sind nicht gegen verkorkste Sprüngen gefeit.

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