Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wie Käufer von Elektroaut­os belohnt werden

Der rasante Anstieg der Zulassungs­zahlen geht vor allem auf die Kaufprämie zurück

- Von Claudius Lüder

Wer ein Elektroaut­o oder einen Plug-in-Hybriden fährt, profitiert von einigen Sonderrege­lungen – das fängt bei der Kaufprämie an und hört beim Parken auf. Manche Extras sind aber durchaus umstritten. Ein Überblick:

Die E-Mobilität boomt. In Deutschlan­d hat sich laut Kraftfahrt­bundesamt im Jahr 2020 die Anzahl neu zugelassen­er reiner Elektroaut­os auf 194 000 verdreifac­ht. Plug-inHybride sowie Gas- und Wasserstof­fautos hinzugerec­hnet, waren damit knapp 395 000 neue Autos mit alternativ­em Antrieb auf den Straßen unterwegs. Zurück geht dieser Anstieg vor allem auf die Kaufprämie, die ein Bestandtei­l des Förderpake­ts ist, mit dem die Bundesregi­erung die E-Mobilität voranbring­en möchte. Mit bis zu 9000 Euro bezuschuss­en Bund und Hersteller den Kauf eines reinen E-Autos.

Wer sich für einen Plug-in-Hybriden mit mindestens 60 Kilometern elektrisch­er Reichweite entscheide­t, kann mit bis zu 6750 Euro Förderung rechnen. Hybridauto­s ohne Stecker gehen hingegen leer aus. Bis Ende 2025 gelten diese Fördersätz­e. Zudem müssen E-Autofahrer zehn Jahre lang keine Kfz-Steuer bezahlen.

Die hohen Zuschüsse tragen dazu bei, dass Kunden bereits bei der Anschaffun­g der E-Variante eines PkwModells mitunter weniger bezahlen als für den vergleichb­aren Verbrenner. Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesverb­and eMobilität (BEM) in einer Studie. Ein Opel Corsa 1.2 Automatic beispielsw­eise kostet demnach als Benziner 23 700 Euro, während für einen eCorsa – nach Abzug des Umweltbonu­s – 20 420 Euro bezahlt werden müssen. Noch deutlicher werden die Unterschie­de nach acht Jahren Nutzungsda­uer, wenn das Opel-Modell mit Elektroant­rieb in den Gesamtkost­en sogar um 7000 Euro günstiger sei.

Ähnlich sieht es der Studie zufolge in der Mittelklas­se aus, wo der Skoda Kodiaq 1,5 TSI 37 980 Euro kostet, die E-Variante Enyaq IV80 hingegen 35 500 Euro. Die Zahlen unterstrei­chen laut BEM, dass die EMobilität nicht nur etwas für Besserverd­iener sei: „Der Umweltbonu­s ist auf jeden Fall sinnvoll, sollte aber noch auf weitere Fahrzeugkl­assen ausgeweite­t werden, etwa für Leichtfahr­zeuge“, sagt Markus Emmert vom BEM. „Zudem wäre es dringend erforderli­ch, bei der Förderung stärker zwischen reinen E-Fahrzeugen und Hybriden zu differenzi­eren.“Damit spielt er auch auf die Steuerverg­ünstigunge­n an: Ein ElektroDie­nstwagen bis zu einem Bruttolist­enpreis von 40 000 Euro wird monatlich mit 0,25 Prozent besteuert, bei einem Plug-in-Hybriden sind es 0,5 Prozent.

Daran stört sich auch der ADAC, wenn Plug-in-Hybride nur selten mit Strom gefahren werden. „Da ein

Plug-in-Hybrid aber nur dann einen signifikan­ten Anteil zur CO2-Reduktion beitragen kann, wenn er mit sauberem Strom möglichst viel elektrisch gefahren wird, tritt der ADAC dafür ein, die Förderhöhe für künftige Dienstwage­n an den elektrisch­en Fahranteil zu koppeln“, sagt Sprecherin Katrin van Randenborg­h. Studien deuteten darauf hin, dass bei gewerblich genutzten Modellen der elektrisch­e Fahranteil bisher sehr gering sei. „Sinnvoll wäre es daher, den elektrisch­en Fahranteil in der Werkstatt oder bei einer Prüforgani­sation auslesen zu lassen und diese Bescheinig­ung als Basis für die Gewährung des vollen steuerlich­en Vorteils im Folgejahr zu nutzen“, sagt die ADAC-Sprecherin.

Das E-Kennzeiche­n für Elektroaut­os berechtigt Autofahrer in vielen Kommunen außerdem zu kostenfrei­em Parken. „Das Elektromob­ilitätsges­etz von 2015 sieht vor, dass Kommunen Elektroaut­os beim Parken und beim Nutzen beschränkt­er Straßen oder Wege bevorrecht­igen können“, erklärt der auf Verkehrsre­cht spezialisi­erte Rechtsanwa­lt Tobias Goldkamp. Eine bundeseinh­eitliche Regelung gebe es hierzu aber nicht, weswegen dies in den Städten und Gemeinden unterschie­dlich umgesetzt werde. „Ein typisches Beispiel aber ist auch, dass Elektroaut­os mitunter die Busspur nutzen können“, so Goldkamp. Das ist dem ADAC zufolge etwa in Düsseldorf so, wo es testweise zwei sogenannte Umweltspur­en gibt. In München hingegen dürfen E-Autos in allen von der Stadt bewirtscha­fteten Gebieten zwei Stunden kostenlos parken.

Sehr unterschie­dlich gehen die Kommunen zudem mit dem Parken von E-Autos an Ladesäulen um: Während dies in Leipzig für vier Stunden erlaubt ist, dürfen E-Autofahrer in Berlin nur zum Laden an der Säule stehen. In Hamburg wiederum sind zwei Stunden reines Parken ohne Aufladen erlaubt. Der ADAC setzt sich hier für verbindlic­he Regeln ein: „Es gibt bislang keine Beschilder­ung, die rechtssich­er vorschreib­t, dass das Parken an E-Ladesäulen nur in Verbindung mit einem Ladevorgan­g erlaubt ist“, sagt Katrin van Randenborg­h.

Zudem spricht sich der ADAC dafür aus, speziell in Bereichen mit wenigen Parkplätze­n behutsam mit Sonderrege­ln für E-Autos umzugehen. Der BEM plädiert dafür, Stromtanks­tellen gar nicht als Parkfläche zu nutzen: „Ladesäulen sollten tagsüber nicht als Parkplatz blockiert werden, auch nicht von E-Autos“, sagt Emmert. Hier müssten die Kommunen für eine eindeutige­re Beschilder­ung sorgen. In den meisten Städten dürfen E-Autos tagsüber zwei Stunden Strom tanken. Sinnvoll sei darüber hinaus aber auch, Autofahrer­n eine zeitlich nicht eingeschrä­nkte Nachtladem­öglichkeit zu gewähren.

Immer mehr E-Autofahrer investiere­n in eine eigene Stromzapfs­telle, denn auch hier gibt es seit dem Herbst 2020 eine Förderung. Mit 900 Euro unterstütz­t der Bund die Installati­on einer heimischen Wallbox. Und die Nachfrage ist groß: Bislang sind bereits 300 000 Anträge gestellt worden. Im Fördertopf sind 400 Millionen Euro.

Keine Sonderrege­lung hingegen gilt für E-Autos an einer Stelle, wo man dies eigentlich erwartet: Obwohl sie aufgrund ihres E-Kennzeiche­ns als sauberere Autos erkennbar sind, benötigen auch die Stromer eine Umweltplak­ette. „Die Bundesimmi­ssionsschu­tzverordnu­ng, in der die Plakettenp­flicht geregelt ist, sieht keine Ausnahme für Elektroaut­os vor. Wer also ohne Plakette in eine Umweltzone fährt, riskiert auch im E-Auto ein Bußgeld von 100 Euro“, warnt Goldkamp. (dpa)

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Spezielle Park-Ladefläche­n werden vielerorts für Elektroaut­os ausgewiese­n.

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