Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
An den Übergängen des Lebens bitten Menschen um den Segen Gottes
Im Segen kommt nach christlichem Verständnis Gott den Menschen nah: „Segnung heißt, darum zu bitten, dass die Beziehung gelingt und Gott helfend und liebend in ihr anwesend ist“, sagt der emeritierte Weihbischof Dieter Geerlings aus Münster. Beim Segen gehe es nicht um eine Beurteilung der Lebensführung. Der Geistliche fügt hinzu: „Ich verstehe die Aufregung in der Kirche über Schwule und Lesben nicht mehr.“Die Kirche müsse die Erkenntnisse der Wissenschaft über Gleichgeschlechtlichkeit wahrnehmen. Segensbedürftig sind Menschen vor allem an den Übergängen des Lebens. 1909 prägte Arnold van Gennep den Begriff der „rites de passaeinem ge“, der Übergangsriten, die alle bedeutenden kritischen Schwellen des Lebens begleiten. Der Segen für Paare, gleich in welcher Konstellation sie zusammenleben, soll eine Bitte an Gott um das Gelingen der Partnerschaft sein.
Viele evangelische Landeskirchen haben inzwischen die gleichberechtigte Trauung homosexueller Paare eingeführt. Andere erlauben Segensfeiern, die sich aber von der Trauung von Mann und Frau unterscheiden müssen.
Einen Sonderfall stellt die Evangelische Landeskirche in Württemberg dar. Dort war die Diskussion über die Möglichkeit einer Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in Gottesdienst kompliziert, da es in der Landeskirche zwei komplett konträre Auffassungen gibt. Die Synode hat dort im März 2019 aber beschlossen, dass seit 2020 in bis zu einem Viertel der Gemeinden Segnungsgottesdienste nach einer zivilen Eheschließung angeboten werden können.
Eine Gruppe katholischer Seelsorgerinnen und Seelsorgern ruft für den 10. Mai zu bundesweiten „Segensgottesdiensten für Liebende“auf. „Paare, die hieran teilnehmen, sollen den Segen bekommen, den Gott ihnen schenken will – ganz ohne Heimlichkeit“, heißt es in dem Aufruf unter den Leitworten #mutwilligSegnen und #liebegewinnt:
„Angesichts der Absage der Glaubenskongregation, homosexuelle Partnerschaften zu segnen, erheben wir unsere Stimme und sagen: Wir werden Menschen, die sich auf eine verbindliche Partnerschaft einlassen, auch in Zukunft begleiten und ihre Beziehung segnen. Wir verweigern eine Segensfeier nicht.“Seit dem vergangenen Samstag ist die Website www.liebegewinnt.de freigeschaltet, wie Mitorganisator Jens Ehebrecht-Zumsande in Hamburg mitteilte: „Auf der Website werden die Termine und Orte für die Segnungsgottesdienste gesammelt. Gemeinden können dort ihre Gottesdiensttermine eintragen. Paare können sich mit einem Segensgesuch an die Initiative wenden.“(mö/KNA)