Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mehr Polizei für Altstadt und Bahnhof
Folge des Raubmordes in Ravensburg: zwischen April und Oktober deutlich mehr Kontrollen
RAVENSBURG - Unmittelbar nach dem Raubmord am Bahnhof, der am 9. Februar Ravensburg erschütterte, hat die Polizei die Sicherheitsmaßnahmen im direkten Umfeld massiv erhöht. Zwischen April bis Oktober wird das in der Altstadt und am Bahnhof jetzt zum dauerhaften Konzept. Das ist die erste einschneidende Folge aus dem „Sicherheitspakt“, den das Polizeipräsidium und die Stadt Ravensburg mit mehreren Partnern vereinbart haben. „Wir werden sehr früh und sehr stark präsent sein, wenn im Frühling das Leben im Zentrum wieder erwacht“, sagte Polizeipräsident Uwe Stürmer am Mittwoch.
Wie berichtet, hatte am 9. Februar mutmaßlich eine erst 15 Jahre alte Intensivstraftäterin eine 62-jährige Frau, die spätabends auf dem Heimweg von der Arbeit am Bahnhof unterwegs war, mit einem Messer angegriffen und getötet, um an ihre Handtasche zu kommen. Eine schreckliche Tat, „völlig zufällig und ohne jede Vorbeziehung“, wie Uwe Stürmer sagt, „verstörend, aber auch singulär“.
Obwohl laut Polizei also kein direkter Zusammenhang mit der seit Monaten im Fokus stehenden problematischen Bahnhofsszene erkennbar ist, hatten die Verantwortlichen unter dem Eindruck des Raubmordes schnell mit der Umsetzung von Maßnahmen reagiert, die zum Teil schon in der Vorbereitung waren. Eingeflossen sind sie nun in die Partnerschaft „Sicheres Ravensburg“zwischen Stadt, Polizei, Staatsanwaltschaft, Bundespolizei, Bahn, Landratsamt, Verkehrsbetrieben und Sozialeinrichtungen.
Das Konzept gilt vorerst bis zum Jahresende. Mit den Maßnahmen soll die Sicherheit in Ravensburg erhöht werden, indem insbesondere die mittlere und schwere Kriminalität im öffentlichen Raum konsequent bekämpft wird sowie Ordnungsstörungen verfolgt werden. Die Polizei will damit den Ravensburgern ein besseres Sicherheitsgefühl geben und dadurch „Angsträume“verhindern. Die Lage werde ständig beobachtet, analysiert und ausgewertet, um neue Brennpunkte zu erkennen.
Was das in der Summe konkret bedeutet, erklärte der Polizeipräsident am Mittwochabend während einer Sitzung des runden Tisches „Lebenswerter öffentlicher Raum“: In der warmen Jahreszeit, also zunächst von April bis Oktober, wird es jeden Tag mindestens eine feste Streife für den Bereich Altstadt und Ravensburger Bahnhof geben, die dort durchgängig zu den wichtigsten Zeiten präsent ist. Von Donnerstag bis Samstag verstärkt abends und nachts eine zusätzliche „Altstadtstreife“ihre Kollegen. Mehrmals wöchentlich sind je nach aktueller Lage Rundgänge der Hundeführerstaffel des Präsidiums im gleichen Bereich geplant. Und dann ist da auch noch die Bundespolizei, die ihre Einsätze und Kontrollen im Bahnhofsumfeld ebenfalls forcieren will.
Die Stadt unterstützt das mit einem zielgerichteten Einsatz des kommunalen Ordnungsdienstes, der laut Bürgermeister Simon Blümcke verstärkt wurde und in den nächsten Monaten mit zwei Doppelstreifen auf den städtischen Straßen zu sehen sein wird. Hier geht es vor allem darum, mit kommunalem Personal gegen Ordnungsstörungen vorzugehen. Mehrere begleitende Maßnahmen gibt es auch: Die Polizei plant verschiedene konzentrierte Aktionen beispielsweise zum Jugendschutz, in den Gaststätten, aber auch gegen Rauschgiftkriminalität. Polizeibekannte jugendliche Intensivtäter werden regelmäßig überprüft. Die Kollegen von Uwe Stürmer wollen zudem am Ravensburger Holzmarkt mittags ein Auge auf die Schüler dort haben, vor allem auch, um der in der Innenstadt zunehmenden Vermüllung entgegenzuwirken.
Eine unter anderem von Oberbürgermeister Daniel Rapp geforderte Videoüberwachung, insbesondere am Bahnhofsvorplatz, ist wegen rechtlicher Hürden derzeit eher unwahrscheinlich. Aufgeben will aber auch Polizeichef Uwe Stürmer das Thema noch nicht.
Parallel entwickeln Stadt und Polizei mit ihren Partnern schon länger laufende Präventionsprojekte weiter. Dazu gehört der Einsatz von Streetworkern, der sich bereits bewährt hat. Soziale Hilfsangebote sollen wo immer möglich verbessert, Obdachlosigkeit soll bekämpft werden. Die Partner wollen Menschen, die Unterstützung benötigen, dabei auch gezielt ansprechen, um sie vor einem möglichen Abrutschen in die Kriminalität zu bewahren.