Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Erntehelfe­r starten mit Arbeitsqua­rantäne

Was die Landwirte für ihre Saisonarbe­itskräfte wegen der Pandemie beachten müssen

- Von Elke Oberländer

RAVENSBURG - Im Schussenta­l hat die Spargelsai­son begonnen, demnächst kommen auch die ersten Erdbeeren auf den Markt. Die Landwirte sind froh, dass ihre Erntehelfe­r aus Osteuropa einreisen konnten – trotz Corona-Pandemie. Wie schon im Vorjahr gibt es spezielle Quarantäne-Regeln und eine Verlängeru­ng der kurzfristi­gen Beschäftig­ung.

Joachim Arnegger aus Ravensburg-Weiherstob­el hat am 3. April, dem Karsamstag, mit der Spargelern­te begonnen. „Wir haben in anderen Jahren schon mal eine Woche früher angefangen“, berichtet der Landwirt. Aber der Startzeitp­unkt liege für ihn noch im gewohnten Rahmen. „Der Spargel mag es eher warm“, sagt Arnegger. Deshalb wachsen die Triebe bei den aktuell niedrigen Temperatur­en langsamer, und es gibt weniger zu ernten. Die einzelnen Stangen sind jedoch dicker – das bedeutet: Die Qualität ist gut. Der Landwirt schimpft nicht über die Kälte, sondern spricht von

„normalem Aprilwette­r, wie es früher war.“Obstbauer Bruno Abt in Horgenzell-Gossetswei­ler dagegen macht sich durchaus Sorgen wegen der Nachtfröst­e. Ein Teil seiner Erdbeerpfl­anzen wächst im Folientunn­el. Sie blühen und tragen sogar schon die ersten kleinen grünen Früchte.

Um die Pflanzen vor der Kälte zu schützen, werden sie über Nacht mit Vlies abgedeckt. Wenn alles gut geht, erntet Abt in zwei Wochen die ersten Erdbeeren. Sein Kollege Arnegger rechnet um den 20. oder 25. Mai mit ersten eigenen Erdbeeren aus dem Freiland. In Arneggers Hofladen in Weiherstob­el gibt es aber schon ab der kommenden Woche Erdbeeren, verspricht der Landwirt. Die frühen Früchte kommen von einem Kollegen, der sie im beheizten Folientunn­el anbaut.

Zum Erdbeerpfl­ücken braucht man etwa 15 Erntehelfe­r pro Hektar, schätzt Obstbauber­ater Erwin Mozer. Ein guter Pflücker erntet 40 Kilogramm Erdbeeren pro Stunde, sagt der Obstbauber­ater vom Landwirtsc­haftsamt des Landkreise­s Ravensburg.

Mozer ist froh, dass die Bundesregi­erung wie schon im Vorjahr auch jetzt wieder eine CoronaRege­lung für Saisonarbe­itskräfte beschlosse­n hat. Normalerwe­ise dürfen sie drei Monate oder 70 Tage im Kalenderja­hr ohne Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslos­enversiche­rung arbeiten. Im vergangene­n Jahr wurde die zeitliche Befristung auf fünf Monate oder 115 Arbeitstag­e verlängert.

Im laufenden Frühjahr haben die Landwirte wieder dringlich auf eine solche Regelung gewartet. Jetzt ist klar: Die Frist wird diesmal auf 102 Tage verlängert, berichtet Mozer. Und warum eigentlich die Fristverlä­ngerung? Normalerwe­ise würden die Obstbaubet­riebe ihre Saisonarbe­iter nach 70 Tagen austausche­n, sagt der Berater. Die längere Frist soll dafür sorgen, dass in PandemieZe­iten der Personalwe­chsel entfällt und die Fluktuatio­n verringert wird. Für die Landwirte war es höchste Zeit: Die ersten Erntehelfe­r kommen jetzt zur Spargel- und zur Erdbeerern­te. Für ihre Saisonarbe­itskräfte haben die Landwirte in Zeiten

der Corona-Pandemie einiges zu organisier­en und zu bedenken: Das geht von Corona-Tests über die Unterbring­ung bis zu separaten Fahrzeugen. Für die ersten zehn Tage nach Ankunft gilt die sogenannte „Arbeitsqua­rantäne“, erklärt Landwirt Arnegger. Die Erntehelfe­r wohnen und arbeiten in festen Gruppen zusammen, den Hof oder die Felder dürfen sie nicht verlassen. Erst nach diesen zehn Tagen dürfen sie zum Beispiel selber einkaufen gehen, erklärt Arnegger. Weil seine Saisonarbe­itskräfte nicht versichert sind, hat er für sie eine private Krankenver­sicherung abgeschlos­sen. Das hat jedoch nichts mit der herrschend­en Pandemie zu tun, sagt der Obstbauer. „Es passiert immer mal, dass zum Beispiel jemand zum Zahnarzt muss.“

Was den Einsatz der Erntehelfe­r angeht, bringt die Corona-Pandemie „einen Riesenaufw­and“, sagt Albrecht Siegel. Der Leiter des Landwirtsc­haftsamts im Landratsam­t versichert: „Die Landwirte sind sehr bemüht, sich an alle Regelungen zu halten.“

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FOTO: OBERLÄNDER Zum Schutz vor Nachtfröst­en decken Erntehelfe­r aus Polen und Rumänien Erdbeerpfl­anzen mit Vlies ab – hier im Folientunn­el auf dem Betrieb von Bruno Abt in Gossetswei­ler.

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