Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein Versammlungstermin „zur Unzeit“
CDU-Bezirksverband plant Treffen in Laupheim, auch der Vorsitzende hat Zweifel
LAUPHEIM - Am 24. April soll die Vertreterversammlung des CDU-Bezirksverbands Württemberg-Hohenzollern im Laupheimer Kulturhaus Bewerberinnen und Bewerber für die Landesliste zur Bundestagswahl küren. Doch das Vorhaben, ungeachtet steigender Inzidenzen und neuer Corona-Notbremse eine Präsenzveranstaltung mit mehr als hundert Teilnehmern durchzuziehen, sorgt in der Partei für Unbehagen und Kritik.
„Unsere Familien, Kinder und Senioren dürfen sich weitestgehend nicht treffen, die Betriebe kämpfen täglich, damit sie ohne großen Schaden durch die Pandemie kommen, aber für die Politik hier soll dies alles nicht gelten und auch nicht notwendig sein“, macht ein CDU-Mitglied, das in der Zeitung nicht genannt sein will, seinem Unmut Luft. Verwunderlich sei zudem, dass die Stadt Laupheim, sonst sehr auf Vorsicht bedacht, eine solche Versammlung ermögliche. Ähnlich äußern sich auch andere Christdemokraten gegenüber der SZ.
Der Vorsitzende des CDU-Stadtverbands Laupheim, Siegfried Schneider, legt Wert auf die Feststellung, dass die geplante Versammlung im Kulturhaus ausschließlich eine Sache zwischen dem Bezirksverband und der Stadt Laupheim sei. Sie müssten sich gegebenenfalls kritischen Fragen stellen. „Wir waren in keiner Weise involviert.“Im Vorfeld der Landtagswahl am 14. März sei für den Stadtverband klar gewesen: „Es gibt keine öffentlichen Auftritte und Präsenzveranstaltungen.“
Maximal 114 Vertreter würden am 24. April erwartet, sagt Manfred Ehrle, Bezirksgeschäftsführer der CDU Württemberg-Hohenzollern. Am vergangenen Freitag gingen die Einladungen raus, der Rücklauf sei rege. Das Kulturhaus biete ausreichend Platz, diese Anzahl Menschen unter Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln aufzunehmen, sagt Ehrle.
Das Gebäude betreten dürfe nur, wer sich vorher auf das Coronavirus testen lässt und ein negatives Ergebnis vorweisen kann. Vor dem Kulturhaus schlägt der Malteser-Hilfsdienst zu diesem Zweck am 24. April eine mobile Teststation auf, so der Plan.
Die Vertreter sollen einen eigenen Kugelschreiber zum Ausfüllen der Stimmzettel mitbringen und während der gesamten Veranstaltung eine FFP2-Maske oder einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz tragen. „Sie werden von Ordnern an ihre Plätze geleitet, es gibt keinen Small Talk im Foyer“, erklärt der Bezirksgeschäftsführer. Die „reine Arbeitssitzung“diene ausschließlich der Aufstellung der Landesliste zur Bundestagswahl im September. Die Redezeit der Bewerberinnen und Bewerber werde verkürzt, „nach zwei Stunden wollen wir fertig sein“.
Laut CDU-Satzung sollen Kandidaten von Angesicht zu Angesicht bestimmt werden, sagt Manfred Ehrle und verweist auf einen Erlass des Innenministeriums, wonach Versammlungen stattfinden dürfen, die zur Vorbereitung von Wahlen notwendig sind. Auch die anderen drei CDU-Bezirke in Baden-Württemberg bereiteten solche Treffen vor.
Rein rechtlich seien die Zusammenkünfte möglich, bestätigte der Bezirksvorsitzende der CDU Württemberg-Hohenzollern, Thomas Bareiß, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, der „Schwäbischen Zeitung“. Angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens und neuer Verordnungen zum Schutz der Bevölkerung sei er sich jedoch nicht sicher, ob die Versammlung tatsächlich wie geplant stattfinden sollte. Die Kritik daran könne er nachvollziehen, sagt Bareiß, „ich sehe die Problematik“. Natürlich könne man sich bei einer Präsenzveranstaltung ein besseres Bild von den Bewerbern machen, besonders bei Kampfkandidaturen. Allein: „Wir müssen sensibel mit dem Thema umgehen und unsere Verantwortung als Partei ernst nehmen, wir haben auch eine Vorbildfunktion.“
Bareiß will sich umgehend mit dem Bezirksvorstand kurzschließen und beraten. Sollte der Termin am 24. April abgesagt werden, gebe es zwei Alternativen: die Vertreterversammlung in Laupheim verschieben, oder eine Zusammenkunft im Netz. „Hinkriegen tun wir das schon“, sagt Bareiß. „Wir sind die erste Partei, die ihren Bundesvorsitzenden digital gewählt hat.“
Laupheims Oberbürgermeister wäre eine Absage durchaus recht. „Ich begrüße es grundsätzlich, wenn solche Veranstaltungen bei uns stattfinden“, betont Gerold Rechle, laut Einladungsschreiben für ein Grußwort vorgesehen. Die jetzt geplante Vertreterversammlung der CDU Württemberg-Hohenzollern aber komme „zur Unzeit“.
Formal sei das Ansinnen der Christdemokraten zulässig, sagt Rechle. Sie hätten ein ausgeklügeltes Sicherheits- und Hygienekonzept und einen Rechtsanspruch auf die Versammlung. Die Anfrage der CDU, das Kulturhaus zu mieten, sei in der ersten Märzhälfte bei der Stadtverwaltung eingegangen; seither habe sich die Pandemie zugespitzt. Der OB will mit Bareiß und dem CDUBezirksvorstand einvernehmlich eine andere Lösung finden.