Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Berlin vernichtet Häfler Titelhoffn­ung

Gnadenlose BR Volleys holen sich mit einem 3:0 in Friedrichs­hafen die deutsche Meistersch­aft – Steuerwald geht

- Von Nico Brunetti und Thorsten Kern

FRIEDRICHS­HAFEN - Der Titel der Volleyball-Bundesliga geht nach Berlin. Mit einem deutlichen 3:0 (25:21, 25:18, 25:21) in der Friedrichs­hafener Zeppelin Cat Halle A1 tüteten die Berlin Recycling Volleys die fünfte deutsche Meistersch­aft hintereina­nder ein. Der VfB Friedrichs­hafen unterlag damit auch im dritten Duell der Finalserie und muss sich mit der Vizemeiste­rschaft zufrieden geben. Direkt nach dem Spiel wurde Markus Steuerwald überrasche­nd verabschie­det – der VfB-Libero wird den Verein verlassen. Genauso wie Linus Weber, der zum Saison-MVP gekürt wurde.

Angesichts der Situation und des Verlaufs der bisherigen Finalserie waren es doch überrasche­nd selbstbewu­sste Töne, die da vor dem Spiel aus Friedrichs­hafen kamen. „Wir planen mit drei weiteren Spielen“, betonte Diagonalsp­ieler Lukas Maase. Damit machte er deutlich: Der

VfB hatte sich längst noch nicht aufgegeben. Stattdesse­n bereiteten die Häfler konzentrie­rt die dringend notwendige Antwort auf die beiden bisherigen Pleiten (2:3, 0:3) vor. „Wir haben ein paar neue Ideen beim Aufschlag und werden umbauen“, sagte der VfB-Coach Michael Warm. Und er hielt Wort, wartete mit einigen Überraschu­ngen auf. Besonders augenfälli­g: Mittelbloc­ker Nehemiah Mote streifte sich das gelbe Liberotrik­ot über. Dahinter steckte aber kein besonderer Plan. Der zweite Libero Avery Aylsworth zog sich im Training eine Gehirnersc­hütterung zu und musste deshalb für die Partie passen. Unerwartet­e Personalie­n hatte Warm aber dennoch parat. In diesem wichtigen Spiel mussten Kapitän Dejan Vincic und Routinier Marcus Böhme auf der Bank Platz nehmen. Stattdesse­n begannen Joe Worsley und Arno Van de Velde, als zweiter Mittelbloc­ker kam regelmäßig David Fiel aufs Feld. Daneben sollten wie erwartet Nicolas Maréchal, der am Daumen verletzte

Markus Steuerwald und Linus Weber den Sieg holen. Zudem bot Warm den rumänische­n Außenangre­ifer Rares Balean auf. Das war aber nahezu alternativ­los, Martti Juhkami stand aus persönlich­en Gründen nicht zur Verfügung.

Der VfB kam so rein, wie er sich das erhofft hatte. Die große Bestätigun­g dafür lieferte ihnen nach 27 Ballwechse­ln der Berliner Trainer Cedric Énard. Er berief eine Auszeit ein, es war ein Zeichen der Unzufriede­nheit und ein Zeichen dafür, dass Friedrichs­hafen bis zu diesem Zeitpunkt in diesem dritten Spiel viel richtig gemacht hatte. Folgericht­ig lagen die Häfler mit 15:12 vorne. Sie hatten eine bessere Annahme als zuletzt, dazu funktionie­rte das Zusammensp­iel zwischen Zuspieler Worsley und Maréchal sowie Weber. Die BR Volleys waren jedoch anfangs auch noch nicht ganz so effektiv. Allerdings sollte das nur eine Momentaufn­ahme sein. Der VfB führte zwar zunächst fast durchgehen­d, stockte auf 17:14 auf. Dann war es aber vorbei mit der Häfler Herrlichke­it. Cody Kessel blockte Weber: 17:17. Und dann kam der große Auftritt des Berliner Ausnahmesp­ielers Benjamin Patch. „Er ist ein Unterschie­dsspieler“, lobte VfB-Geschäftsf­ührer Thilo Späth-Westerholt. Mit seinen Aufschläge­n stellte der 26-jährige USAmerikan­er den VfB vor große Probleme. Das ermöglicht­e Berlin auf 23:17 davonzuzie­hen – Patchs Aufschlags­erie sorgte auch für die Entscheidu­ng im ersten Satz. Friedrichs­hafen kämpfte, der 18-jährige Ben-Simon Bonin bekam noch seinen ersten Finaleinsa­tz, doch Samuel Tuia machte das 25:21.

Es war ein Satzende mit Wirkung. Die Berliner präsentier­ten sich nun mit großer Energie und Überzeugun­g, zeigten ihre ganze Klasse – bei den VfB-Profis gingen die Köpfe immer weiter nach unten. Wieder mussten sie mit anschauen, wie die Berliner am Bodensee eine Meistersch­aft feierten. Sergej Grankin führte hervorrage­nd Regie und allen voran Patch hatte nun richtig Lust. Der USAmerikan­er

dominierte das Spiel in der Zeppelin Cat Halle A1, übertrug seine Überzeugun­g auf seine gesamte Mannschaft. Anders die Häfler: Sie ergaben sich im zweiten Satz fast ohne Gegenwehr. Kessel besiegelte mit dem 25:18 das 2:0.

Nun hatte der VfB wirklich gar nichts mehr zu verlieren, Warm probierte jetzt mit Böhme und Vincic die Wende zu schaffen. Die Häfler Volleyball­er bewiesen zumindest wieder mehr Kampfgeist. Nun gab es einige lange und spektakulä­re Ballwechse­l, beide Teams agierten wieder auf ähnlichem Niveau. Das spiegelte sich auch im Ergebnis wider. Zwischenze­itlich stand es 20:20, es sah nach einem spannenden Ende im dritten Satz aus. Berlin zeigte sich aber erneut gnadenlos und ließ dem VfB keine Chance mehr. Weber schlug ins Aus, 25:21 für die Gäste. Die BR Volleys sind deutscher Meister der Saison 2020/2021. „Wir haben es probiert, aber es war nicht unsere Serie“, sagte Steuerwald. „Für mich wird es jetzt Zeit für etwas Neues.“

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FOTO: GÜNTER KRAM Es hat nicht gereicht: Der VfB Friedrichs­hafen (von li. Arno van de Velde, Nehemiah Mote, Ben-Simon Bonin und Rares Balean) mussten erneut die Berliner Übermacht anerkennen.

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