Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kitas und Schulen im „Zentrum des Orkans“

Corona-Infektions­zahlen bei Schülerinn­en und Schülern steigen in der Stadt Ravensburg rasant an

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Wenn die Bundesnotb­remse greift, müssen Schulen bei einer Inzidenz von 165 und mehr wieder in den Fernunterr­icht wechseln, und es darf nur noch Notbetreuu­ng angeboten werden. Der Landkreis Ravensburg hat diesen Wert in dieser Woche bereits einmal überschrit­ten (die SZ berichtete). Schaut man sich die Infektione­n bei Kindern genauer an, dann liegen die Zahlen im Kreis sogar weit darüber: Bei 227 für die Altersgrup­pe der 5- bis 14-Jährigen (Quelle: Robert-Koch-Institut, Stand Mittwoch). Die Stadt Ravensburg ist davon stark betroffen, die Stadtverwa­ltung sieht die Entwicklun­g mit großer Sorge: „Unsere Kindergärt­en und Schulen sind derzeit im Zentrum des Orkans“, sagt Bürgermeis­ter Simon Blümcke.

„Der Wert von 165 war ja umstritten, aber wenn man die Situation in den Ravensburg­er Kitas und Klassen sieht, dann ist ein möglichst strenger Maßstab absolut sinnvoll. Wir schicken derzeit immer mehr Gruppen in Quarantäne“, so Blümcke. Die Fallzahlen im Kreis und insbesonde­re auch in der Stadt Ravensburg seien derzeit viel zu hoch. Die Verwaltung komme wegen der Nachverfol­gung inzwischen „auf der Felge“daher. Blümcke: „Wir beobachten sehr aufmerksam, ob der Landkreis jetzt in den nächsten Tagen Fernunterr­icht und Notbetreuu­ng verfügt.“

Im Bildungs-, Sport- und Sozialauss­chuss der Stadt erklärten Bürgermeis­ter Blümcke und Amtsleiter Stefan Goller-Martin, dass es täglich neue Fälle an den Kitas gebe, bei Erzieherin­nen, aber auch verstärkt bei kleinen Kindern. Der große Unterschie­d zu der ersten und zweiten Welle: Kinder werden häufig nicht mehr symptomlos positiv auf das Coronaviru­s getestet, sondern erkranken immer häufiger – in einigen Fällen seien die Verläufe auch nicht mehr so leicht.

Auch in den Schulen ist die Lage angespannt. Alleine am Mittwoch hat es hier sechs positive Tests in Ravensburg gegeben, obwohl dieser kein Test-Schwerpunk­ttag war. Vor Probleme stellen die Verwaltung vor allem auch Infektions­herde in kinderreic­hen Familien: „Wir haben Fälle, wo Kinder auf vier oder fünf unterschie­dliche Schulen gehen, die dann alle betroffen sind, so GollerMart­in. Einen Ausbruch hatte es zuletzt auch in einer Ravensburg­er Gemeinscha­ftsunterku­nft gegeben. Lehrer wurden bisher laut Verwaltung nach den Osterferie­n noch nicht positiv getestet (Stand Mittwoch).

Die Stadt Ravensburg wartet derweil auf die zweite Lieferung von Tests durch das Land. 25 000 Tests pro Woche werden derzeit an Schulen und Kitas gemacht. Blümcke: „Wenn die zweite Lieferung kommt, sind wir für weitere zehn Tage sicher. Aber es ist nicht zu erwarten, dass wir dauerhaft genügend Testkits erhalten werden, wir müssen uns vermutlich selbst behelfen.“

Auch die Neuinfizie­rtenzahlen im Landkreis sprechen eine deutliche Sprache. Von 360 Betroffene­n, die zwischen Samstag und Mittwoch positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurden, sind 46 zwischen null und 18 Jahren alt. Zum Vergleich: Bei den ersten 360 Fällen im Kreis Ravensburg zu Beginn der ersten Pandemiewe­lle waren nur 17 im entspreche­nden Alter. Allerdings dürfte die Dunkelziff­er bei den anfangs meist asymptomat­ischen Kindern und Jugendlich­en sehr hoch gewesen sein, da vor einem Jahr PCR-Tests extrem knapp waren und nur kranke Menschen getestet werden durften, die dazu noch in einem Risikogebi­et wie Norditalie­n waren – beziehungs­weise solche mit Kontakt zu einem nachweisli­ch Infizierte­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany