Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kitas und Schulen im „Zentrum des Orkans“
Corona-Infektionszahlen bei Schülerinnen und Schülern steigen in der Stadt Ravensburg rasant an
RAVENSBURG - Wenn die Bundesnotbremse greift, müssen Schulen bei einer Inzidenz von 165 und mehr wieder in den Fernunterricht wechseln, und es darf nur noch Notbetreuung angeboten werden. Der Landkreis Ravensburg hat diesen Wert in dieser Woche bereits einmal überschritten (die SZ berichtete). Schaut man sich die Infektionen bei Kindern genauer an, dann liegen die Zahlen im Kreis sogar weit darüber: Bei 227 für die Altersgruppe der 5- bis 14-Jährigen (Quelle: Robert-Koch-Institut, Stand Mittwoch). Die Stadt Ravensburg ist davon stark betroffen, die Stadtverwaltung sieht die Entwicklung mit großer Sorge: „Unsere Kindergärten und Schulen sind derzeit im Zentrum des Orkans“, sagt Bürgermeister Simon Blümcke.
„Der Wert von 165 war ja umstritten, aber wenn man die Situation in den Ravensburger Kitas und Klassen sieht, dann ist ein möglichst strenger Maßstab absolut sinnvoll. Wir schicken derzeit immer mehr Gruppen in Quarantäne“, so Blümcke. Die Fallzahlen im Kreis und insbesondere auch in der Stadt Ravensburg seien derzeit viel zu hoch. Die Verwaltung komme wegen der Nachverfolgung inzwischen „auf der Felge“daher. Blümcke: „Wir beobachten sehr aufmerksam, ob der Landkreis jetzt in den nächsten Tagen Fernunterricht und Notbetreuung verfügt.“
Im Bildungs-, Sport- und Sozialausschuss der Stadt erklärten Bürgermeister Blümcke und Amtsleiter Stefan Goller-Martin, dass es täglich neue Fälle an den Kitas gebe, bei Erzieherinnen, aber auch verstärkt bei kleinen Kindern. Der große Unterschied zu der ersten und zweiten Welle: Kinder werden häufig nicht mehr symptomlos positiv auf das Coronavirus getestet, sondern erkranken immer häufiger – in einigen Fällen seien die Verläufe auch nicht mehr so leicht.
Auch in den Schulen ist die Lage angespannt. Alleine am Mittwoch hat es hier sechs positive Tests in Ravensburg gegeben, obwohl dieser kein Test-Schwerpunkttag war. Vor Probleme stellen die Verwaltung vor allem auch Infektionsherde in kinderreichen Familien: „Wir haben Fälle, wo Kinder auf vier oder fünf unterschiedliche Schulen gehen, die dann alle betroffen sind, so GollerMartin. Einen Ausbruch hatte es zuletzt auch in einer Ravensburger Gemeinschaftsunterkunft gegeben. Lehrer wurden bisher laut Verwaltung nach den Osterferien noch nicht positiv getestet (Stand Mittwoch).
Die Stadt Ravensburg wartet derweil auf die zweite Lieferung von Tests durch das Land. 25 000 Tests pro Woche werden derzeit an Schulen und Kitas gemacht. Blümcke: „Wenn die zweite Lieferung kommt, sind wir für weitere zehn Tage sicher. Aber es ist nicht zu erwarten, dass wir dauerhaft genügend Testkits erhalten werden, wir müssen uns vermutlich selbst behelfen.“
Auch die Neuinfiziertenzahlen im Landkreis sprechen eine deutliche Sprache. Von 360 Betroffenen, die zwischen Samstag und Mittwoch positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurden, sind 46 zwischen null und 18 Jahren alt. Zum Vergleich: Bei den ersten 360 Fällen im Kreis Ravensburg zu Beginn der ersten Pandemiewelle waren nur 17 im entsprechenden Alter. Allerdings dürfte die Dunkelziffer bei den anfangs meist asymptomatischen Kindern und Jugendlichen sehr hoch gewesen sein, da vor einem Jahr PCR-Tests extrem knapp waren und nur kranke Menschen getestet werden durften, die dazu noch in einem Risikogebiet wie Norditalien waren – beziehungsweise solche mit Kontakt zu einem nachweislich Infizierten.