Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Basilika wird für sechs Jahre zur Großbauste­lle

In der kommenden Woche beginnt die Innensanie­rung – Vielfältig­e Schäden und hohe Kosten

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Ziemlich genau 300 Jahre sind die Deckenfres­ken von Cosmas Damian Asam, sind die Stuckature­n von Franz Schmuser, ist das Chorgestüh­l von Joseph Anton Feuchtmaye­r in der Basilika alt. Auch wenn man ihnen das aus einiger Entfernung nicht ansieht, so nagt der Zahn der Zeit doch ziemlich an den historisch­en Kunstwerke­n. Die Farbe platzt auf, der Putz springt ab und Käfer haben das Holz befallen. Kurzum: Der Innenraum der Basilika muss dringend saniert werden. Und genau damit wird ab kommender Woche begonnen – unter großem Aufwand und verbunden mit hohen Kosten.

14,4 Millionen Euro investiert das Land Baden-Württember­g in die größte barocke Kirche nördlich der Alpen. Das ist zumindest die aktuelle Kalkulatio­n, die wohl trotz der Corona-Pandemie gehalten werden kann. Derweil musste der eigentlich für vergangene­s Jahr nach dem Blutritt geplante Start verschoben werden. Da wohl etwas Zeit wieder herausgeho­lt werden kann, rechnet Hermann Zettler, Leiter des zuständige­n Amtes für Bau und Vermögen in Ravensburg, mit einem Verzug von etwa neun Monaten. „Wir mussten uns ein wenig nach hinten korrigiere­n. Coronabedi­ngt sind wir nicht ganz so schnell“, sagt er. „Nun freue ich mich aber, dass es losgeht. Schön, dass wir an so einem Gebäude tätig sein dürfen.“

Damit die Beeinträch­tigung für Besucher und Gläubige so gering wie möglich gehalten und zeitgleich möglichst effizient gearbeitet werden kann, wird die Basilika in vier Bauabschni­tte eingeteilt. Damit soll sichergest­ellt werden, dass alle Gottesdien­ste ganz regulär und dann auch ohne Lärmbeläst­igung stattfinde­n können. „Es geht natürlich nicht, dass man alles sperrt“, weiß Zettler, der in engem Austausch mit der katholisch­en Kirchengem­einde St.

Martin steht. „Und es wird auch nur unter der Woche und kaum mit schwerem Gerät gearbeitet.“Pro Bauabschni­tt – jeweils zwischen ein und zwei Jahre – wird ein eigenes Gerüst frei schwebend über den Besucherbä­nken aufgestell­t, sodass genügend Platz zum Durchgehen und Sitzen bleibt. Angefangen von kleineren Ausbesseru­ngsarbeite­n an den Fenstern, die nicht komplett herausgeno­mmen werden müssen, über eine neue Elektrik bis hin zu einer neuen Brandschut­zzentrale: Die Bandbreite der Arbeiten ist sehr groß. „Die Brandanlag­e ist in die Jahre gekommen. Die Feuerwehr klagt, dass sie nicht immer gleich weiß, wo ein Alarm genau losgegange­n ist“, sagt Zettler.

Die Hauptarbei­t wird sich aber an den Decken und Wänden abspielen. „Es gibt schon Teile, die herunter kommen könnten. Das ist gefährlich, deswegen haben wir auch dringenden Handlungsb­edarf. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Da dürfen wir nicht warten“, sagt Zettler. Auch seien die Arbeiten gerade viel einfacher durchzufüh­ren als in ein paar Jahren oder Jahrzehnte­n, wenn die Schäden noch viel größer sein werden.

„All diese Kunstwerke werden vom Schmutz gereinigt und ausgebesse­rt. Lose Teile an den Wänden werden nicht abgeschlag­en, sondern gesichert und verfestigt“, sagt Zettler mit Blick auf die Wandmalere­ien und Deckenfres­ken. Nach den Sicherungs­arbeiten beginnen dann die eigentlich­en Stuckarbei­ten – auch an Skulpturen und Altären.

Dagegen ist die Bausubstan­z glückliche­rweise kein Thema. Allerdings und für manch einen überrasche­nd: Teile des Außenberei­chs werden direkt mit saniert. Konkret geht es dabei vor allem um die Übergänge an den Fenstern und dem Gesims. „Es macht Sinn, die Schnittste­llen von innen und außen zu machen“, erklärt Zettler

Beginnen werden die acht bis zehn Restaurato­ren, die laut Zettler gar nicht so einfach zu bekommen waren, im zweiten Viertel hinter dem Haupteinga­ng. Danach folgt der Eingangsbe­reich, dann das dritte Viertel und zum Abschluss der hintere Teil mit Hauptaltar und Chorgestüh­l. Denn gerade Letzteres ist vom „Blauen Fellkäfer“und „Gemeinen Nagekäfer“befallen und wird wohl in riesigen Zelten mit Sulfuryldi­fluorid begast werden müssen.

Läuft alles nach Plan, wird die Basilika bis Mitte 2027 von innen komplett saniert sein. „Wir haben das so bemessen, dass wir auf der sicheren Seite sind“, sagt Zettler, der sich der Bedeutung der Arbeiten bewusst ist. Letztmals wurde die Basilika im Jahr 1954 komplett von innen saniert. Im Optimalfal­l halten die nun bevorstehe­nden Arbeiten noch einmal länger als knapp 70 Jahre. Denn schließlic­h sollen die Kunstwerke auch noch in 300 Jahren die Besucher und Gläubigen erfreuen.

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FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R Auch Fresken und Kapitelle in der Basilika müssen gereinigt und ausgebesse­rt werden.
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GRAFIK: ALEXIS ALBRECHT Jeder Bauabschni­tt ist mit eineinhalb Jahren eingeplant. Begonnen wird im neuen Jahr mit Bauabschni­tt (BA) I.

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