Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Köpfinger Straße: Bauvorhaben droht zu kippen
Weingartener Rat will Bauen nach Paragraph 13b noch einmal überdenken
WEINGARTEN - Der geplante Bau von drei Häusern mit insgesamt sechs Wohnungen in der Köpfinger Straße könnte verhindert werden. Der Gemeinderat hat nun einem Antrag der Fraktion der Grünen zugestimmt, das Vorhaben erneut einzubringen und sich nochmals mit dem Vorhaben auseinanderzusetzen. Die Entscheidung viel denkbar knapp aus: 13 Ja-Stimmen, 11-Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen.
„Diese Entscheidung überrascht mich positiv“, sagt Grünen-Stadträtin Hermine Städele, die den Antrag für die Fraktion vortrug.
Wie mehrfach berichtet, stößt das Vorhaben auf heftige Kritik. Auch aus der Bevölkerung und dem Naturschutzbund Nabu regt sich Widerstand. „Flächenfraß“werfen die Grünen dem Gemeinderat vor. Der Eigentümer des Grundstücks plant 1690 Quadratmeter des 8400 Quadratmeter
großen Grundstücks zu bebauen.
Wohnraum in Weingarten sei knapp. „Im Sinne einer sozial- und ökologisch sinnvollen Stadt- und Quartiersentwicklung müsse hier eine deutlich dichtere Bebauung stattfinden“, forderte Städele. Die Bürgerschaft habe im Umgang mit derart wertvollen Flächen kein Verständnis für solch exorbitanten Flächenfraß für Einzelne.
Besonders kritisch sehen die Gegner die Anwendung des Paragrafen 13b des Baugesetzbuchs. Dieser sieht vor, schnell und möglichst viel günstigen Wohnraum zu schaffen. Eine artenschutzrechtliche Prüfung und naturschutzrechtliche Gutachten sind nicht nötig. Ausgleichsflächen gibt es keine. Die Ausnahmeregelung war
Ende 2019 erloschen, die Bebauung vom Gemeinderat noch im Dezember 2019 mehrheitlich beschlossen worden.
Der Bau von drei Häusern auf dem Grundstück mit sechs Wohneinheiten konterkariere den Sinn des Paragrafen. Der Gesetzgeber habe, so Städele im Antrag, damit explizit günstigen Wohnraum schaffen wollen. Günstiger Wohnraum gerade für junge oder einkommensschwache Familien in Weingarten fehle.
Den Vorschlag der Stadt, dort Mehrfamilienhäuser zu bauen, lehnt der Eigentümer bislang jedoch ab. Dieser hätte vorgesehen, einen Großteil der Fläche zu bebauen. Doch der Eigentümer will die Wiese erhalten. Er wolle für seine drei Kinder
Grünen-Stadträtin Hermine Städele
jeweils ein Haus auf 1690 Quadratmeter bauen. Das wären 560 Quadratmeter pro Haus, was nach seiner Meinung nicht zu viel sei (SZ berichtete).
Unterdessen hat die Stadt Weingarten eine Artenschutzuntersuchung des Gebiets vorgelegt. Bei den Ortsbegehungen seien unter anderem die stark gefährdete Breitflügelfledermaus und der streng geschützte Grünspecht beobachtet worden. Um die lokalen Populationen nicht zu stören, müsse die ökologische Funktion weiterhin aufrechterhalten bleiben. Hierzu solle ein zehn Meter breiter Waldsaum an der Ost- und Südseite mit einheimischen Sträuchern angelegt werden.
Außerdem sollen die vorhandenen sechs Obstbäume bleiben und Vogelnistkästen angebracht werden. Ziel der Maßnahmen: Die Population der streng geschützten Arten und ökologische Funktion des Gebiets aufrechtzuerhalten.
„Diese Entscheidung überrascht mich positiv.“