Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Das steuert der neue Regionalpl­an

Werk setzt der Entwicklun­g von Kommunen Grenzen, ermöglicht aber auch Wachstum

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RAVENSBURG (vin/sz) - Die einen regen sich darüber auf, die anderen sehnen ihn herbei: Im Juni soll der neue Regionalpl­an für die Region Bodensee-Oberschwab­en verabschie­det werden, der die drei Landkreise Ravensburg, Sigmaringe­n und Bodensee umfasst. Das mehrere hundert Seiten starke Werk ersetzt dann seinen Vorgänger aus dem Jahr 1996 und soll die Entwicklun­g der Region steuern und den Städten und Gemeinden Gestaltung­sspielraum geben – aber auch Raubbau an Natur und Landschaft verhindern. Ein Spagat, denn oft stehen wirtschaft­liche Interessen dem Erhalt der Umwelt entgegen. In einer kleinen Serie beleuchtet Planungsre­ferentin Nadine Kießling, was ein Regionalpl­an steuern muss, steuern darf und steuern kann.

Der Regionalpl­an ist ein Instrument der überörtlic­hen Raumordnun­g. Überörtlic­h heißt, dass die Raumordnun­g oberhalb der kommunalen Ebene angesiedel­t ist. Ein Regionalpl­an muss aufgestell­t werden, so will es das Raumordnun­gsgesetz und das Landesplan­ungsgesetz. Einfach darauf verzichten – das geht nicht. Der Regionalpl­an muss dabei unter anderem die Vorgaben aus dem Landesplan­ungsgesetz beachten.

Der Paragraf 11 des Landesplan­ungsgesetz­es Baden-Württember­g gibt vor, was überhaupt im Regionalpl­an drin stehen darf. Zu diesen Inhalten gehören unter anderem die Ausweisung von Unterzentr­en, Kleinzentr­en, Siedlungsb­ereichen, Schwerpunk­ten für Industrie, Gewerbe, Einzelhand­el und den Wohnungsba­u, regionale Grünzüge, Gebiete

zur Sicherung von Wasservork­ommen, Gebiete für den Abbau oberfläche­nnaher Rohstoffe und Standorte für große Windenergi­eanlagen.

Der Regionalpl­an besteht aus einem Textteil und einer Raumnutzun­gskarte. Die meisten Inhalte von Text und Raumnutzun­gskarte sind rechtlich verbindlic­h. Das heißt, der Regionalpl­an ist kein informelle­s Konzept (wie zum Beispiel ein Klimaschut­zkonzept), sondern die im Regionalpl­an enthaltene­n Ziele müssen beachtet und befolgt werden. Wenn also irgendwo ein Regionaler Grünzug als Ziel festgelegt ist, dann darf die Gemeinde dort kein Baugebiet ausweisen. Auch Ziele, die allein im Textteil als Plansätze festgelegt werden, müssen befolgt werden, beispielsw­eise die Mindest-Wohndichte­n in Vorranggeb­ieten für den Wohnungsba­u.

Die Raumnutzun­gskarte hat einen Maßstab von 1 zu 50 000 und ist nur in diesem Maßstab rechtsverb­indlich. Ein Millimeter auf der Karte entspricht 50 Metern in Wirklichke­it. Alles, was im Maßstab 1 zu 50 000 nicht erkennbar ist, darf der Regionalpl­an nicht steuern. Fachleute

sagen, dass der Regionalpl­an sich nur raumbedeut­samen Planungen und Vorhaben widmen darf und dass es einen Ausformung­sspielraum gibt. Viele räumliche Vorhaben liegen innerhalb der Planungsch­ärfe. Dazu gehören Anbauten an Häusern, Scheunen oder Spielplätz­en. „Solche und ähnliche Vorhaben und Planungen darf der Regionalpl­an nicht steuern, darum kümmert sich der Regionalpl­an gar nicht. Und gerade das wird in der Praxis häufig übersehen“, so Nadine Kießling vom Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en.

In den Regionalpl­an müssen bestimmte Inhalte der Fachplanun­gen und Fachpläne, beispielsw­eise geplante Ortsumgehu­ngen, aufgenomme­n werden. Die Ortsumgehu­ngen plant also der Regionalve­rband nicht selbst, sondern er nimmt die Informatio­n auf, damit erkennbar ist, dass und wo die Planung im Gange ist. Der Regionalve­rband ist nicht zuständig für die Fachplanun­g, zuständig sind andere Fachbehörd­en, bei Ortsumgehu­ngen von Landesstra­ßen beispielsw­eise das Land.

Die Regionalpl­anung muss die Entwicklun­gsvorstell­ungen der Städte und Gemeinde im Regionalpl­an,

Nadine Kießling vom Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en

soweit vertretbar, berücksich­tigen. Das ist durch im Grundgeset­z garantiert­e Selbstverw­altungsgar­antie der Städte und Gemeinden vorgegeben. Zu dieser Selbstverw­altungsgar­antie gehört auch die Planungsho­heit. Das heißt, der Regionalpl­an muss die Planungsho­heit der Städte und Gemeinden wahren, er darf nicht zu stark in sie eingreifen. „Dabei sind Konflikte programmie­rt, denn nicht immer sind Entwicklun­gsvorstell­ungen von Städten und Gemeinden mit anderen Raumfunkti­onen in Einklang zu bringen“, erklärt Kießling.

Die Verbandsve­rsammlung als wichtigste­s Gremium des Regionalve­rbands hat auf den Regionalpl­an einen starken Einfluss: Ihre Mitglieder entscheide­n über die Inhalte des Regionalpl­ans und beschließe­n diesen. Die Verbandsve­rsammlung besteht aus Vertreteri­nnen und Vertretern mehrerer politische­r Fraktionen, und ihre Zusammense­tzung spiegelt die politische­n Mehrheiten in den drei Kreistagen der Region Bodensee-Oberschwab­en wider, da die Mitglieder der Verbandsve­rsammlung von den drei Kreistagen benannt werden. Bei der zukünftige­n Entwicklun­g der Region haben die Mitglieder der Verbandsve­rsammlung somit eine hohe Verantwort­ung. Auch Beschlüsse über Planänderu­ngen, die Aufstellun­g von Teilregion­alplänen (zum Beispiel zum Thema Energie) oder die Mitarbeit des Regionalve­rbands bei Förderproj­ekten der Regionalen­twicklung muss die Verbandsve­rsammlung treffen. Am Ende wird der Regionalpl­an vom Wirtschaft­sministeri­um des Landes genehmigt.

„Dabei sind Konflikte programmie­rt, denn nicht immer sind Entwicklun­gsvorstell­ungen von Städten und Gemeinden mit anderen Raumfunkti­onen in Einklang zu bringen.“

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